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Rezension: „Backstage“ von Effi Berger

Das ist kein Zufall. Passend zur neu­en Staffel von Germany’s Next Topmodel erscheint ein Buch mit dem Titel „Backstage – ein Model packt aus“ (ISBN 978–3548372273) von Effi Berger. Dass sich das Taschenbuch an die glei­che Klientel wie die Fernsehsendung rich­tet, ist schon an der Typographie des Titels sicht­bar, die sich an den Schriftzug der Sendung anlehnt.

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Auch inhalt­lich glei­chen sich Buch und Sendung: Oberflächlich, sen­sa­ti­ons­hei­schend und immer etwas dümm­lich. „Backstage“ ist locker geschrie­ben, zu locker. Ich bin ver­sucht zu sagen: in paar Tagen aus dem Handgelenk geschüt­telt. Eine kur­ze Kostprobe zeigt, wie der Text von nichts­sa­gen­den Phrasen durch­setzt ist:

Als die gro­ße Stunde end­lich geschla­gen hat­te, ging auf ein­mal alles ganz schnell. Rein in die Klamotte, raus aus der Klamotte. Jedes Mädchen stol­zier­te etwa sechs bis zehn Mal über den Laufsteg. Nach jedem ‚Run‘ blie­ben gefühl­te 50 Sekunden, um Outfit, Schuhe und die dazu­ge­hö­ri­gen Accessoires zu wech­seln sowie die Frisur und das Make-​Up zu rich­ten. Es ging zu wie bei einem Boxenstopp in der Formel 1. Keine hal­be Stunde spä­ter war der gan­ze Spuk wie­der vor­bei. Ein sol­ches Theater für eine ein­zi­ge Show. Und ich mach­te drei Kreuze, denn ich war weder gestol­pert, noch quer über den Laufsteg geschlit­tert.“ (S. 28)

Ein Wort zur Warnung: Dieser Abschnitt ist aus ca. vier Seiten der ins­ge­samt knapp 190 Buchseiten, wel­che wirk­lich den Modelalltag behan­deln. Der Rest ist ein Sammelsurium aus über­trie­be­nen Anekdoten, pein­li­chen Dialogen und aus­führ­li­chen Beziehungsschilderungen. Fast könn­te man mei­nen, man wür­de das Drehbuch zu einer Model-​Seifenoper lesen. Wie pas­send, dass in dem Buch alle Namen anony­mi­siert wur­den und kei­ne kon­kre­ten Daten wie Kunden oder Daten genannt wer­den. So fällt die Überprüfung der angeb­li­chen Fakten schwer.

Es heißt, dass die Autorin seit ihrem 15. Lebensjahr modelt und jetzt 27 Jahre alt sei. Den spär­li­chen ver­steck­ten Hinweisen im Buch zufol­ge wer­den aber nur die Jahre 2002 und 2003 behan­delt. Vom Anfang und Ende ihrer Karriere ist kei­ne Rede. Dafür ist es gespickt mit frag­wür­di­gen Tipps wie „Misstraue nie­mals Deiner Agentur“ (S. 49) oder dass Models Selbstbräuner nut­zen soll­ten (S. 169). Als Vergleich müs­sen stän­dig teu­re Edelmarken her­hal­ten, um Models auch den letz­ten Funken Verstand abzu­spre­chen Rezension: „Backstage“ von Effi Berger wei­ter­le­sen

Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 03

Ob ich denn nicht mal…? Ab und zu fra­gen mich ande­re Fotografen, ob ich Ihnen nicht eini­ge Tipps zur Stockfotografie geben kön­ne.

Klar, mache ich ger­ne. Aber damit auch ande­re Fotografen etwas ler­nen kön­nen, möch­te ich kon­kre­te Tipps zu kon­kre­ten Stockfotos in der Artikelserie “Pimp My Stock” geben. Im Teil drei mei­ner Serie bit­tet Martha Spörck um Hinweise, wie sie ihre Stockfotos ver­bes­sern kann. Martha ist eine Angestellte aus Wien, die seit 2000 Amateurfotografin ist und seit 2008 mit der Stockfotografie begon­nen hat. Sie foto­gra­fiert mit einer Canon EOS 40D und einer Walimax-Blitzanlage.

Wer von mir auch kos­ten­los Tipps haben will, ob sei­ne Fotos “stock­taug­lich” sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 Bilder in klei­ner Auflösung zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.
Kritisch, ehr­lich, subjektiv.

Nun, aber die Fotos:

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Die Farbauswahl mit dem rosa und rot und der Komplementärfarbe Grün an der Tasse fin­de ich gelun­gen, auch die Komposition passt. Trotzdem gibt es vie­le Dinge zu ver­bes­sern, die allein viel­leicht nicht rele­vant sind, aber zusam­men doch zu einer „Abwertung“ des Fotos füh­ren. Zum ist der Saum des Pulloverärmels sicht­bar aus­ge­franst, der Faden mit dem Etikett des Teebeutels stört und kann in der 100%-Ansicht even­tu­ell zu Urheberrechtsproblemen füh­ren (Logo, Markenrecht). Außerdem fin­de ich den Blick des Models unpas­send. Der wirkt auf mich eher nach „Ihh, was schwimmt da Ekliges in mei­nem Tee“ als „Hm, ich lie­be hei­ßen Tee“. Und genau die­ser Ausdruck wür­de ein Bild verkaufen.

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Hier domi­niert der Anschnitt: Finger, Augen, Haaransatz sind abge­schnit­ten. Vor allem das Abschneiden der Augen ist ein Tabu und soll­te ver­mie­den wer­den. Das Lächeln des Models über­zeugt mich lei­der wie­der nicht. Auch die gesam­te Szene ist dies­mal selt­sam. Eine hal­be Walnuss auf der Handfläche? Als Stockfoto zum Thema „Kochen/​Ernährung“ wür­de eine Küchen- oder Essumgebung bes­ser pas­sen und zum Thema „Härte“ hät­te die Nuss mit den Zähnen auf­ge­bis­sen wer­den können.

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Das Konzept wirkt klar, der Bildaufbau hät­te jedoch sym­me­tri­scher sein kön­nen. Vor allem, dass der Körper nicht in der Bildmitte ist und links vom Arm weni­ger als rechts zu sehen ist, stört den Bildeindruck.

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Geldscheine sind ein her­vor­ra­gen­des Requisit für Konzeptfotos. Da hier jedoch sofort zu erken­nen ist, dass Spielgeld ver­wen­det wird, schwächt das die Symbolkraft der Bilder stark ab. Diese Art der Fingernägel ist eine Modeerscheinung, wel­che das Bild schnel­ler ver­al­ten las­sen kann als not­wen­dig. Was das für ein metal­li­scher Gegenstand ist, den die Hände da hal­ten, habe ich nicht erra­ten kön­nen. Hat jemand eine Idee?

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Auch wie­der ein gutes Motiv. Kopfkissen sym­bo­li­sie­ren Ruhe und Entspannung. Für ein „müdes“ Model wirkt die Frau jedoch zu auf­ge­stylt und zu stark geschminkt. Der Gesichtsausdruck ist eben­falls wie­der nicht opti­mal. Er scheint eher Trauer als Gelassenhaut aus­zu­drü­cken. Mit einem zer­knüll­ten Taschentuch in der Hand unter dem Auge wäre es wie­der pas­send zum Thema „Liebeskummer“.

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Leider gilt auch bei die­sem Bild viel von den vori­gen Anmerkungen. Das Motiv ist an sich ver­kaufs­träch­tig. Immerhin ist 2010 die nächs­te Fußball-​Weltmeisterschaft. Aber Schmuck und Schminke des Models wir­ken nicht sport­lich und als Foto zum Thema „Fan“ oder „Zuschauer“ wirkt der Blick der Frau nicht moti­viert und lei­den­schaft­lich genug.

Es schmerzt mir, so viel Negatives zu den Fotos schrei­ben zu müs­sen. Aber es wird gut deut­lich, dass es für gelun­ge­ne Stockfotografie auf Kleinigkeiten ankommt. Vor allem die Wahl des Models wirkt für die­se Motive nicht ganz glück­lich und auch die Accessoires hät­ten behut­sa­mer genutzt wer­den kön­nen.  Wie seht ihr das? War ich zu kri­tisch? Oder zu nett?

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Rezension: „Andreas Feiningers große Fotolehre“ von Andreas Feininger

Schade, dass die­ser Mann tot ist. Knapp 20 Jahre arbei­te­te der gebo­re­ne Franzose Andreas Feininger in den USA für das legen­dä­re Life-Magazin. Dank Google kön­nen sei­ne Fotos für das Heft auch online gefun­den wer­den. Neben zahl­rei­chen Bildbänden ver­öf­fent­lich­te Feininger auch zahl­rei­che Sachbücher über die Fotografie, von denen sich vie­le zu Standardwerken ent­wi­ckel­ten. Eines die­ser Standardwerke ist „Andreas Feiningers gro­ße Fotolehre“ (ISBN 3–453-17975–7).

Andreas Feiningers grosse Fotolehre

Das Buch erschien zuerst 1978 und wird mitt­ler­wei­le seit 2001 in der 7. Auflage ver­kauft. Von außen sieht es unschein­bar aus, aber das Buch hat es in sich. Auf fast 500 Seiten (mit klei­ner Schrift) legt Feininger die Grundlagen der Fotografie dar. Der ers­te Teil beschäf­tigt sich mit der Ausrüstung, zum Beispiel, wie eine Kamera auf­ge­baut ist oder wie bestimm­te Objektive funk­tio­nie­ren. Dabei geht es weni­ger um kon­kre­te Modelle, son­dern um die phy­si­ka­li­schen und tech­ni­schen Grundlagen, die jeder Fotos unter­schei­den kön­nen soll­te. Der nächs­te Teil erklärt, wie ein Foto tech­nisch kor­rekt belich­tet wird. Nicht die Komposition wird erklärt, son­dern wann ein Foto scharf und weder über- noch unter­be­lich­tet wird. Der drit­te Teil mit knapp 100 Seiten dreht sich nur um die Film- und Bildentwicklung in der Dunkelkammer. Im letz­ten sehr aus­führ­li­chen Teil geht es um die Bildgestaltung, um die psy­cho­lo­gi­schen Elemente vor einer Aufnahme und Aspekte wie Licht, Farbe, Kontrast, Tiefe und Bewegung, die berück­sich­tigt wer­den sollten.

Der Grund, war­um Feiningers Bücher zu Klassikern wur­den, wird beim Lesen schnell klar. Der Mann hat eine Meinung, die er auch begrün­den kann, er wei­gert sich, ins Detail zu gehen, bevor nicht die not­wen­digs­ten Basisinformationen geklärt sind, erklärt zu jedem Vorteil auch des­sen Nachteile und er besteht dar­auf, dass die Technik immer nur Mittel zum Zweck blei­ben wird. Das wich­tigs­te eines guten Fotografen ist immer noch sei­ne Sichtweise, sein Gefühl und sein Sachverstand beim Fotografieren.

Das Ganze packt er auch noch in net­te, zitier­fä­hi­ge Sätze wie:

Das Bild eines schö­nen Mädchens ist nicht unbe­dingt ein schö­nes Bild“ (S. 271)

oder

Im Grund genom­men ist eine Kamera eben­so­we­nig schöp­fe­risch wie ein Klumpen Ton. Aber ein Tonklumpen wie auch eine Kamera kann in der Hand des Künstlers zu einem Mittel schöp­fe­ri­scher Offenbarung wer­den“ (S. 437).

Leider ist Feininger schon 1999 in New York gestor­ben und kann lei­der nicht mehr den Staub sei­nes ver­al­te­ten Buches abpus­ten. Das Kapitel über die Dunkelkammer ist für digi­tal arbei­ten­de Fotografen sinn­los gewor­den, eben­so lan­ge Abschnitte über die Unterschiede ver­schie­de­ner Filme oder die Verwendung von Kolbenblitzen. Mindestens die Hälfte des Buches ist für moder­ne Profis obso­let. Auch der Fototeil mit Beispielbildern sieht deut­lich nach den 1970er Jahren aus, erfüllt immer­hin trotz­dem den Demonstrationszweck. Dafür ist die ande­re Häfte wei­ter­hin zeit­los gül­tig und durch das aus­führ­li­che Stichwortverzeichnis auch als Nachschlagewerk zu gebrau­chen. Dazu moti­viert es, sich statt mit der Kamera wie­der mehr mit den Motiven zu beschäf­ti­gen. Könnte Feininger noch etwas sagen, wür­de mich sei­ne Meinung zu Digitalkameras, Bildsensoren und Photoshop sehr interessieren.

Für knap­pe 13 Euro ist das Taschenbuch auch bei viel­leicht nur 200 noch aktu­el­len Seiten lohnend.

Bisherige Rezensionen:
Rezension: “Porträts gekonnt retu­schie­ren mit Photoshop” von Matthias Matthai
Food Styling For Photographers” von Linda Bellingham und Jean Ann Bybee
Microstock Photography. How To Make Money From Your Digital Images” von Douglas Freer
Wie sie mit eige­nen Fotos Geld ver­die­nen” von Helma Spona
Fotos sehen, ver­ste­hen, gestal­ten” von Martin Schuster
Mit eige­nen Fotos Geld ver­die­nen” von Lee Frost

Rezension: „Porträts gekonnt retuschieren mit Photoshop“ von Matthias Matthai

Puristen sagen: „Nach dem Druck auf den Auslöser ist das Foto fer­tig“. Puristen wer­den kaum Stockfotos ver­kau­fen. Eine Nachbearbeitung, die nicht unbe­dingt sicht­bar ist, aber das Bild trotz­dem schö­ner macht, ist bei den meis­ten Fotos unab­ding­bar. Vor allem im Bereich der werb­li­chen Stockfotografie, in der glück­li­che, schö­ne Menschen gefragt sind, muss manch­mal nach­ge­hol­fen wer­den, um Pickel zu ent­fer­nen, Augenringe abzu­schwä­chen, Zähne zu wei­ßen oder die Augen strah­len­der zu machen.

Wer will, kann sich im Internet zu jedem Thema ein­zel­ne Tutorials suchen, die mehr oder weni­ger Erfolg brin­gen. Oder man kann sich das Buch „Porträts gekonnt retu­schie­ren mit Photoshop“ (dpunkt.Verlag, ISBN 978–3‑89864–499‑0) durch­le­sen. Dort beschreibt der Dozent des Photo- und Medienforum Kiel Matthias Matthai, wie die­se makel­lo­sen Schönheiten zustan­de kom­men, die wir aus den Hochglanzzeitschriften kennen.

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Das Buch ist logisch auf­ge­baut und führt nach­ein­an­der durch die ein­zel­nen Schritte. Zuerst wer­den die Grundlagen gelegt, indem die wich­tigs­ten Photoshop-Funktionen wie Ebenenmasken, Einstellungsebenen, Schnittmasken, Smart-​Objekte und Kanäle vor­ge­stellt wer­den. Danach folgt ein kur­zer Exkurs in die Attraktivitätsforschung, um Kriterien ken­nen­zu­ler­nen, die Menschen „schön“ wir­ken lassen.

Nach einem kur­zen Überblick über den Arbeitsablauf einer typi­schen Retusche wer­den die ein­zel­nen Schritte wie das Verformen des Körpers, das Glätten der Haut, Zupfen der Augenbrauen, Verbessern der Lippen und so wei­ter detail­liert dar­ge­stellt. Oft wer­den für bestimm­te Ergebnisse meh­re­re Methoden vor­ge­stellt und die Ergebnisse mit­ein­an­der verglichen.

Die Beispielfotos im Buch erfül­len gut ihren Zweck, auch wenn ich bei eini­gen Vergleichen mit bes­tem Willen kei­ne Unterschiede erken­nen konn­te (z.B. Abbildung 5–14). Die geball­ten Informationen im Buch kön­nen auf Amateure, die ihr ers­tes Beauty-​Foto bear­bei­ten wol­len, sicher abschre­cken. Durch die logi­sche Kapitelaufteilung ist es aber mög­lich und sicher für den Lernerfolg hilf­rei­cher, nur ein Kapitel am Stück zu lesen und gleich danach auszuprobieren.

Auch ich, der seit Jahren fast täg­lich Gesichter retu­schiert, habe noch eini­ge Tricks und Kniffe ler­nen kön­nen, zum Beispiel wie wich­tig es ist, ein­zel­ne Haare zu ent­fer­nen, dass der Winkelwert nach dem Messen mit dem Lineal-​Werkzeug durch die Funktion „Arbeitsfläche dre­hen“ über­nom­men wird, um Fotos gera­de aus­zu­rich­ten oder wie die Augenfarbe effek­tiv geän­dert wer­den kann. Außerdem hat mir das Buch gehol­fen, vie­le Photoshop-​Funktionen, die ich bis­her nur intui­tiv genutzt habe, bes­ser in ihrer Arbeitsweise zu verstehen.

Insgesamt rich­tet sich das Buch jedoch eher an Beauty-​Fotografen, die auch die Zeit haben, umfang­rei­che und auf­wän­di­ge Retuschearbeiten umzu­set­zen oder sich dafür ein­fach bezah­len las­sen. Für Stockfotografen sind eher die Kapitel hilf­reich, wel­che sich mit Retuschen im Gesicht aus­ein­an­der­set­zen. Ganze Körperkorrekturen (grö­ße­re Brüste, schma­le­re Hüften, kna­cki­ge­rer Po) sind sel­ten not­wen­dig. Aber wenn, weiß ich nun, wo die Tipps dafür stehen.

Bisherige Rezensionen:
Food Styling For Photographers” von Linda Bellingham und Jean Ann Bybee
Microstock Photography. How To Make Money From Your Digital Images” von Douglas Freer
Wie sie mit eige­nen Fotos Geld ver­die­nen” von Helma Spona
Fotos sehen, ver­ste­hen, gestal­ten” von Martin Schuster
Mit eige­nen Fotos Geld ver­die­nen” von Lee Frost

Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 02

Ob ich denn nicht mal…? Ab und zu fra­gen mich ande­re Fotografen, ob ich Ihnen nicht eini­ge Tipps zur Stockfotografie geben kön­ne.

Klar, mache ich ger­ne. Aber damit auch ande­re Fotografen etwas ler­nen kön­nen, möch­te ich kon­kre­te Tipps zu kon­kre­ten Stockfotos in der Artikelserie „Pimp My Stock“ geben. In der zwei­ten Folge fragt mich der Fotograf {Name gelöscht], wie sich eini­ge sei­ner Fotos in Bildagenturen machen wür­den. Bisher macht er vor allem Reportagefotos und Auftragsarbeiten, möch­te aber stär­ker in die Stockfotografie ein­stei­gen. Er foto­gra­fiert meist mit der Canon EOS 30D.

Wer eben­falls von mir kos­ten­los Tipps haben will, ob sei­ne Fotos „stock­taug­lich“ sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 Bilder in klei­ner Auflösung zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.
Kritisch, ehr­lich, subjektiv.

Nun, aber die Fotos:

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Das ers­te Foto ist ein pas­tell­far­be­nes Stilleben von Make-​Up-​Zubehör. Das Motiv ist bei Bildagenturen gern gese­hen und die leich­te Schräge ist auch Teil der moder­nen Bildsprache.
Das Weiß läuft viel­leicht etwas zu stark aus und könn­te bei eini­gen Bildagenturen zur Ablehnung wegen „tech­ni­scher Mängel“ füh­ren, auch wenn ich fin­de, dass es das Helle und Schöne, was dem Beauty- und Wellness-​Bereich ger­ne zuge­schrie­ben wird, betont.
Die Farbtöpfchen im Vordergrund könn­ten in der Stockfotografie etwas sau­be­rer sein, vor allem im Bereich der Werbung. Bei einer redak­tio­nel­len Verwendung ist das weni­ger ein Problem.

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Eine unge­wöhn­li­che Perspektive zeich­net die­ses Foto aus. Die Betonung auf den vor­de­ren Fuß lässt einen gleich dar­an den­ken, wie es sich anfüh­len wür­de, im Wasser zu plan­schen und zu schwe­ben. Der Ring am Zeh wirkt mei­nes Erachtens etwas stö­rend, weil er die Aufmerksamkeit zu stark beansprucht.
Auch unter dem Fuß hät­te mehr Platz sein kön­nen. Die dunk­len Stellen oben links bre­chen die hel­le Wellness-​Atmosphäre auch etwas unpas­send, kön­nen aber mit Photoshop schnell ent­fernt wer­den. Insgesamt aber ein Foto, was sich gut ver­kau­fen könnte.

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Ich kann nicht genau erken­nen, was das Foto abbil­det, ver­mu­te aber, es sind Wassertropfen. Ein Foto, was nicht jeder Fotograf nach­ma­chen könn­te und des­halb auch weni­ger Konkurrenz bei den Bildagenturen haben wird. Zusammen mit den pas­sen­den kon­zep­tio­nel­len Suchbegriffen soll­te das Foto gut ver­käuf­lich sein. Höchstens ein blau­er Hintergrund könn­te die Assoziation mit Wasser ver­stär­ken und für noch mehr Verkäufe sor­gen. Warum also nicht in Photoshop die Farbe ändern [Foto gelöscht]und den Agenturen bei­de Versionen anbieten?

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Dieses Foto eines reich­hal­tig gedeck­ten Tisches lebt von der unge­wöhn­li­chen und nur auf­wän­dig zu errei­chen­den Perspektive. Zusammen mit dem wei­chen, aber den­noch mode­lie­ren­den Licht von links ergibt das ein Foto, um das sich Bildagenturen prü­geln wür­den. Bevorzugen wäre eine Bildagentur, die sich auf Food-​Fotos spe­zia­li­siert hat, wie z.B. Stockfood oder Delipix.
Verbesserungeswürdig wäre noch die Ausrichtung des Fotos: Alle Tischkanten soll­ten par­al­lel zum Bildrand lau­fen. Mit etwas Photoshop-​Arbeit lässt sich das aber noch richten.

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Ein herr­li­ches Motiv: Eine Entenfamilie mit nied­li­chen klei­nen Kücken. Einsam, aber dicht gedrängt, geht sie auf der Straße und die Eltern schei­nen sich etwas zu erzäh­len oder Zuneigung zu signa­li­sie­ren. Das Foto ist her­vor­ra­gend geeig­net, um Konzepte wie „Familie, Vertrauen, Sicherheit, Geborgenheit oder Kindheit“ zu ver­kör­pern. Zwei klei­ne Nachteile nur: Die meis­ten Bildagenturen bevor­zu­gen Farbfotos mit der Begründung, dass der Kunde schnel­ler aus einem Farbbild ein S/​W‑Foto erzeu­gen kann als anders­rum. Auch wirkt es auf mich, als läge die Schärfe nicht genau auf den Köpfen der erwach­se­nen Enten, aber das kann ich bei der Bildgröße nicht rich­tig beurteilen.

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Eine gene­ri­sche Landschaft. Ein Weg. Viel Himmel. Von die­sen Motiven gibt es unzäh­li­ge und des­halb wird es so ein Foto schwer haben, von Bildagenturen genom­men zu wer­den. Da sol­che Motive von Kunden trotz­dem häu­fig gefragt wer­den, wür­de sich der Aufwand loh­nen, es etwas zu ver­bes­sern. Das Blau des Himmels soll­te abge­dun­kelt und gesät­tigt wer­den, auch das Grün der Wiese kann her­vor­ge­ho­ben wer­den. Die ein­zel­nen Zweige und dazu­ge­hö­ri­gen Schatten unten rechts las­sen sich noch ent­fer­nen. Dazu noch die pas­sen­den Suchbegriffe wie „Weg, Himmel, blau, Natur, Landschaft, Ziel, Reise, Urlaub, etc.“ und die Verkäufe kön­nen kommen.

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Bei der Bewerbung für die Bildbesprechungen hat mit Elia ca. 50 Fotos geschickt, von denen vie­le Fotomotive mit Menschen waren, beim Sport oder beim Feiern und die sich sehr gut ver­kauft hät­ten. Es ist mir recht­lich jedoch zu unsi­cher, die­se hier zu zei­gen, weil für die Fotos kein schrift­li­cher Modelvertrag vor­liegt. Genau das ist auch der Grund, war­um die­se Fotos es bei Bildagenturen schwer haben würden.

Als Kompromiss hier ein Foto, bei der eine Frau nur unscharf im Hintergrund zu sehen ist. Mir gefällt das Foto, weil die Haltung der Frau eine nach­denk­li­che, betrüb­te Stimmung sym­bo­li­siert. Die scharf­ge­stell­ten fili­gra­nen, fei­nen Blüten im Vordergrund unter­strei­chen die Sensibilität des Augenblicks noch. Insgesamt ein gelun­ge­nes Stockfoto.

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Katzenfotos gibt es zuhauf in der Stockfotografie. Dieses Foto hebt sich davon durch die stren­ge Linienführung ab und hat neben nied­li­chen Katzen auch meh­re­re Themen zu bie­ten: „Ernährung, Futterneid, Teilen, …“
So ist es in der Stockfotografie gut auf­ge­ho­ben. Entfernt wer­den könn­te noch das Graffito unten links, auch wenn die Buchstaben „ATE“ das eng­li­sche Wort für „geges­sen“ (bzw. aß) bil­den und somit the­ma­tisch sogar pas­sen würden.

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Das ist nichts für schwa­che Nerven. Blut domi­niert das Foto, zusam­men mit einer offe­nen Wunde und drei Händen, die mit spit­zen Werkzeugen dar­an wer­keln. Die Magenverträglichkeit des Fotos ist dis­ku­ta­bel, nicht aber die gelun­ge­ne Komposition, bei der alle Werkzeuge die Blicke auf die Wunde len­ken und die Reduzierung auf di bei­den Grundfarben Blau und vor allem das Rot.
Die Konkurrenz bei die­sem Motiv ist in Bildagenturen gering und somit dem Verkauf sehr zuträglich.
Nur das Auge oben rechts irri­tiert und soll­te am Computer eben­falls weg­ope­riert werden.

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Nach dem Blutschock etwas Niedliches zur Versöhnung. Katzenbabies! Wie beim vori­gen Katzenfoto schon geschrie­ben, gibt es die­se Tiere bei Bildagenturen zuhauf und des­halb steht die Hauskatze bei vie­len Bildagenturen mitt­ler­wei­le auf der Liste der „uner­wünsch­ten Motive“. Diesem Foto rech­ne ich trotz­dem gute Verkaufschancen aus, weil Katzenbabies, vor allem als Gruppe, so süß sind, dass sich immer genug Käufer fin­den wer­den. Voraussetzung: Die obe­re Katze muss scharf sein, was beim klei­nen Vorschaubild nicht genau erkenn­bar ist.

So, nun seid ihr dran. Decken sich mei­ne Einschätzungen mit Euren Erfahrungen oder wür­det ihr eini­gen Motiven mehr oder weni­ger Verkaufschancen ein­räu­men als ich?