Ein Leben auf Laufstegen, vor Scheinwerfern und im Blitzlichtgewitter, unterwegs in Flugzeugen, jeder Tag in einer anderen Stadt: Paris, Rom, Mailand, New York. Hört sich traumhaft an? Für Top-Models ist das Alltag, der aber schnell langweilig wird und nervenaufreibend ist.
Das ehemalige Top-Model Sara Ziff hat diesen Alltag zusammen mit ihrem Freund, dem Filmschulabsolventen Ole Schell, auf Video festgehalten. Herausgekommen ist die Dokumentation „Picture Me – Tagebuch eines Topmodels“* auf DVD. Sara Ziff wurde 1982 in New York City geboren und begann im Alter von 14 Jahren mit der Arbeit als Model. Schnell wurde sie für große Kampagnengebucht, unter anderem von Dolce & Gabbana, Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Stella McCartney, GAP, Ralph Lauren und so weiter.
Die Dokumentation ist im Stil eines Video-Tagesbuchs gehalten, gefilmt wurde mit einer kleinen Kompaktkamera. Die Bildqualität ist entsprechend, einige Szenen sind verwackelt, aber das unterstreicht gut das Normale, Ungeschminkte. Denn viele der gezeigten Top-Models haben hinter den Kulissen ungekämmte Haare, schlechte Haut, Augenringe, rauchen viel, essen ungesund und leben gestresst. Kein Wunder bei den Anforderungen, die der Job als Top-Model mit sich bringt.
In der Hochsaison, wenn auf den „Fashion Weeks“ die großen Modeschauen der Top-Designer laufen, bedeutet das für die teilnehmenden Models ca. vier Wochen mit höchstens 4–5 Stunden Schlaf pro Nacht, kaum Zeit zum Essen, ständige Flugreisen, Hektik und Stress. Das ist ein Knochenjob, der dann auch entsprechend gut bezahlt wird. An manchen Tagen hat Sara sechsstellige Summen verdient, mit 20 Jahren hat sie sich ein Haus in New York gekauft, weil sie nicht wusste, wohin mit ihrem Geld.
Überhaupt wird im Film viel über Geld geredet: Oft ist es die einzige Motivation, so jung so lange von der Familie weg zu sein, die Strapazen und die ständigen Anmachen und sexuellen Übergriffe auf sich zu nehmen. Sara erzählt von sexueller Belästigung mit 16 Jahren, auch einige andere berichten das erste Mal vor der Kamera von ihren demütigenden Erlebnissen. Die Dunkelziffer ist weit höher, da sich die wenigsten aktiven Models trauen, öffentlich von sexueller Nötigung zu sprechen, wenn alte Männer mit einem großen Budget im Rücken sich Gefügigkeit erkaufen, damit das Model eine Chance auf den Auftrag hat. So kann der Film nur zaghaft an der Oberfläche kratzen und auch Themen wie Drogenmissbrauch und finanzielle Abhängigkeit der Models von ihrer Model-Agentur werden im Film nur – aber immerhin – angedeutet.
Zum Thema, ob Models dumm seien, wird eine nachvollziehbare Erklärung geliefert: Viele Models werden schon mit 14–15 Jahren entdeckt und haben dann schlicht keine Zeit für Schule mehr, wenn sie im Model-Business ganz weit oben mitspielen wollen. Auch Sara hat ihre Schulausbildung abgebrochen und sich erst mit Ende 20 an der Universität eingeschrieben.
In Deutschland gibt es die DVD mit deutschen Untertiteln und einer deutschen Synchronisation. Beides habe ich jedoch schnell ausgeschaltet und den Film in englisch gesehen, weil die Synchronstimmen deutlich zu alt und abgeklärt für die jungen Models im Film klingen.
Wer Model-Ambitionen hat, kann im empfehlenswerten Film „Picture Me“* für ca. 14 Euro hinter die Kulissen der Branche schauen. Wer aber danach denkt, die Models würden ja nur geradeaus laufen müssen, kann sich noch dieses beeindruckende Video anschauen, in der ein Model Fotografenanweisungen minutiös umzusetzen versteht.
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