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Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 11

Vorhang auf, will­kom­men bei der Folge 11 von „Pimp My Stock!“, es geht wei­ter mit mei­ner Bildkritik an Stockfotos.

Diesmal möch­te Ralf Fröhlich eini­ge Kommentare zu sei­nen Bildern. Lassen wir ihn erst mal in sei­nen eige­nen Worten vorstellen:

Ich foto­gra­fie­re schon seit vie­len Jahren, bin aber erst seit rund 2,5 Jahren wie­der „geschäft­lich“ dabei.
PantherMedia, Fotolia, Polylooks sind eini­ge Agenturen, in denen ich ver­tre­ten bin, wobei mei­ne Verkäufe (bis­her rund 780 Stück in 2,5 Jahren) über­wie­gend bei PM und Fotolia laufen.
Mein Augenmerk liegt in der Reportage- Reisefotografie. Vor allem Indien ( Nagaland/​Assam), aber auch Namibia, Südafrika und Nepal haben es mir angetan.
Indien berei­se ich seit mehr als 15 Jahren regel­mä­ßig und seit ca 10 Jahren neh­me ich unter dem Begriff:  „Fotoexpeditionen und Abenteuerreisen“ klei­ne Reisegruppen mit max. 8 Personen mit.
Wie oben erwähnt liegt mir beson­ders das Nagaland am Herzen – ich war einer der ers­ten, die im Jahre 2000 das Land nach der Öffnung berei­sen konn­ten – und, wie auf mei­ner Webseite zu sehen, habe ich dort auch schon eini­ges in Bewegung brin­gen kön­nen. Für mich ein ganz beson­de­res Land, mit einer beson­de­ren Geschichte, Tradition und Kultur…“

Hier sind sei­ne Fotos:


Das Motiv besitzt eine star­ke Symbolik, die schüch­ter­ne Hand, wel­che sich vor­sich­tig der ande­ren nähert, kann Nähe, Vertrauen, Liebe und Sicherheit, aber auch Angst, Unsicherheit und Risiko ver­sinn­bild­li­chen. Aus der Microstock-​Perspektive, wo Bilder mög­lichst uni­ver­sell nutz­bar sein soll­ten, stört vor allem der Zopf und die Stammeskleidung. Das wie­der­um kann aber bei spe­zia­li­sier­ten Reportageagenturen wie laif oder Okapia ein Vorteil sein, doch dazu spä­ter mehr.


Ein Foto mit einem ein­deu­ti­gen Motiv: Paar an einer Kochstelle. Leider etwas hart belich­tet (sie­he an der Feder rechts oben), aber was ich bei die­ser Größe erken­nen kann, tech­nisch trotz­dem brauch­bar. Nur bei den genann­ten drei Microstock-​Agenturen wie­der kom­plett das fal­sche Motiv, da es weni­ge Verwendungszwecke für das Foto gibt. Die jedoch, die es gibt, sind bereit, für eine authen­ti­sche Szene deut­lich mehr als nur eine Handvoll Euro zu bezahlen.


Dieses Foto des alten Mannes aus Nagaland lebt von dem zer­furch­ten Gesicht. Hier ist die rich­ti­ge Verschlagwortung wich­tig, wel­che das Alter betont, um Verkäufe zu erzie­len. Das Kind auf dem Rücken fin­de ich nicht ganz gelun­gen. Entweder rich­tig mit auf das Bild, um das Thema „Generationen“ und „Kinderpflege“ zu beto­nen, oder mal kurz abset­zen, damit die Betrachter sich auf den Kopf des Senioren kon­zen­trie­ren kön­nen. Oder ide­al: Beide Varianten fotografieren.


Ein jun­ger Mann bei der Jagd. Technisch gäbe es eini­ge Vorschläge zu machen, wie die Person mit Tasche und Kopfschmuck durch die Wahl eines ande­ren Hintergrundes bes­ser davon abzu­he­ben, doch da es ein Reportagefoto ist, las­se ich das. Auch die­ses Motiv ist gelun­gen, da es eine Handlung, in die­sem Fall die Nahrungsbeschaffung, sehr gut und typisch zeigt. Wie bei bis­her allen Fotos wäre eine dar­auf spe­zia­li­sier­te Agentur jedoch die bes­se­re Wahl.


Ralf hat für die­ses Foto einer alten Familie – wie für alle ande­ren Fotos auch – einen Modelvertrag und des­we­gen hät­te das Foto in Agenturen sehr gute Chancen. Der Helligkeitsunterschied zwi­schen dem son­ni­gen und dem schat­ti­gen Teil hät­ten jedoch ent­we­der mit einem Aufhellblitz oder nach­träg­lich mit Photoshop redu­ziert wer­den kön­nen. Auch das Bildformat wirkt etwas komisch. Im klas­si­schen 2:3‑Format hät­ten Grafiker links mehr Platz für Textfreiraum, auch wenn ich mir das Foto weni­ger für Werbezwecke, son­dern eher in Reiseführern und Schulbüchern vor­stel­len kann.


Diese bun­ten Krabbelkäfer wür­den hier sicher vie­le Leute auf Tische und Stühle jagen, in Indien spie­len Kinder damit. Wie immer bei Fotos mit Tieren mein Rat: Wer den latei­ni­schen Namen der abge­bil­de­ten Tiere kennt, ver­dop­pelt den Wert des Fotos. Wenn das Bild nicht doku­men­ta­risch genutzt wer­den soll, wür­de ich das Gesicht auf dem Pullover retuschieren.


Dieses Foto wird sich lei­der in Microstock-​Agenturen nicht gut ver­kau­fen und auch als Macrostock wird es schwie­rig. Warum? Wenn die­se Meeresenge nicht sehr berühmt ist, ist das Foto zu unspek­ta­ku­lär, das Wetter zu die­sig, das Boot zu klein oder zu groß (je nach­dem, ob der Kunde unbe­rühr­te Natur oder Abenteuerreisen illus­trie­ren will) und so weiter.


Die Komposition des Bildes ist gelun­gen, aber die Familie im Vordergrund hät­te auch hier einen Aufhellblitz ver­tra­gen kön­nen. Wenn das Foto gleich­zei­tig 1–2 Blenden unter­be­lich­tet wür­de, gäbe es auf dem Foto auch kein Problem mit der Glanzstelle am Fernsehturm und der Himmel hät­te ein schö­nes tief­sat­tes Blau. So ist es nur bedingt lukra­tiv. Ebenfalls hilf­rei­cher wäre es gewe­sen, wenn statt zwei Mädchen der Vater mit auf dem Bild gewe­sen wäre. Falls die Personen zur Familie des Fotografen gehö­ren, hät­ten lie­ber die älte­re Tochter und der Vater kurz die Rollen tau­schen sollen.


Das ist noch ein Foto, was sich nicht gut ver­kau­fen wird. Schon in die­ser Größe ist das Bildrauschen im Himmel zu erken­nen, die Farben sind zu flau und das Bild durch die vie­len klei­nen Schiffe zu unru­hig, der Busch im Vordergrund stö­rend. Leider nicht mehr als ein Foto für das Urlaubsfotoalbum.


Ralf, wenn Du auch von allen Personen auf die­sem Foto einen Modellvertrag hast, wird das Foto bei Microstock-​Agenturen ein Renner. Garantiert. Menschengruppen sind wegen des Aufwands immer sel­ten und von oben auch schwie­ri­ger als von vor­ne. Bei der Kleidung soll­te noch geschaut wer­den, ob in der 100%-Ansicht noch Markennamen oder Logos erkenn­bar sind. Kandidaten wären da die Männer im wei­ßen und blau­en Shirt.

Bei den Indienfotos habe ich mich etwas zurück­ge­hal­ten, des­we­gen will ich zu allen gebün­delt etwas sagen wollte:
Auch ohne die Fotos zu sehen hät­te ich sofort nach dem Vorstellungstext ssa­gen kön­nen, dass die Fotos in eine Spezialagentur gehö­ren. Zum einen ist das Nagaland durch die Grenze zu Myanmar (Militärdiktatur) schwer erreich­bar und auch das Land selbst ist durch Unabhängigkeitsbestrebungen zumin­dest poli­tisch unsi­che­rer. Das limi­tiert die Zahl der Touristen, was dazu führt, das Reiseveranstalter etc. aus der Region weni­ger Fotos brau­chen. Andererseits gibt es trotz­dem ein Bildbedarf für geo­gra­fi­sche Regionen und da das Angebot in die­sem Bereich sehr sel­ten ist, ver­kau­fen sich die Fotos mit sach­lich kor­rek­ter Verschlagwortung zwar sel­ten, dafür aber zu deut­lich höhe­ren Preisen. Deshalb emp­feh­le ich, die­se Bilder nicht mehr über Microstock-​Agenturen zu ver­kau­fen und sie statt­des­sen Macrostock-​Agenturen mit einem Schwerpunkt auf „Reisefotografie“ anzubieten.

Wenn Du unter­wegs bist und für Microstock-​Agenturen Fotos machen willst, kon­zen­trie­re Dich auf die klas­si­schen Touristenziele und typi­sche Länderimpressionen wie sie in vie­len Reisekatalogen zum Anpreisen genutzt wer­den. Ein Beispiel wäre ein Portrait der jun­gen Frau vom Kochfoto vor einer son­ni­gen grü­nen Landschaft.

Was sagt ihr zu den Fotos? Und teilt ihr mei­ne Einschätzung oder wür­det ihr ande­re Tipps geben?

Wer von mir auch kos­ten­lo­se Tipps haben will, ob sei­ne Fotos “stock­taug­lich” sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 (!) Bilder in klei­ner Auflösung (ca. 600×800 Pixel) zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.

Kritisch, ehr­lich, subjektiv.