Manchmal hinke ich etwas hinterher. Jan D. hatte mir schon im September folgende Mail mit einer Frage geschickt:
„Sehr geehrter Herr Kneschke/Lieber Robert,
zu allererst möchte ich Dir zu deinem absolut gelungenen Blog gratulieren.
Ich bin regelmäßig einer der stillen Besucher und Leser deiner vielen Artikel
und ebenso regelmäßig von den immer neuen Themen rund um das Thema
Fotografie/Stockfotografie begeistert. Ich selbst bin eher ambitionierter denn
professioneller Hobbyfotograf aber stetig auf der Suche nach Tips die
Optik der eigenen Werke zu verbessern.Besonders angetan hat es mir der herrliche, helle Bildstil von Yuri Arcurs.
Ähnliches schwebt mir ebenfalls bei meinen Bildern (im Privaten, ich
verkaufe nicht) vor. Bisher bekomme ich, obwohl ich mich als sicher &
gut im Umgang mit Photoshop bezeichnen würde, nicht diesen besagten
hellen Stil mit den trotzdem schönen Hauttönen hin. Daher habe ich auch
mit Spannug deinen Bericht des fotolia Workshops mit Yuri A. verfolgt, bis
auf kleine Andeutungen zum Verwirklichen des Stils gab es jedoch leider
keinerlei Hinweise.Langer Rede kurzer Sinn. Da du ja vor Ort ein wenig über die Schulter gucken
konntest, weißt du wie dieser Stil per Photoshop (entsprechendes
Ausgangsmaterial natürlich vorrausgesetzt) erreicht wurde?! Über ein
paar Tips und HInweise würde ich mich sehr freuen.“
Ich habe lange überlegt. Darf ich so einen Post schreiben? Kann ich mich erdreisten, zu behaupten, ich wüsste, wie Yuri Arcurs seine superprofessionellen Bilder hinbekommt? Nein, das nicht. Deswegen kurz die Klarstellung: Ich sage Euch jetzt, wie ihr Bilder im Yuri Arcurs-Stil hinbekommt. Aber das heißt nicht, dass Yuri genau so arbeiten muss.
Außerdem klammert euch lieber nicht an die Vorstellung, dass ihr nur gut mit Photoshop umgehen müsstest, um den Yuri-Look hinzubekommen oder dass es gar einen Filter oder einen Plugin gäbe, der das für Euch erledigt. Das Wichtigste ist die Arbeit vor der Retusche!
Vier Faktoren machen ein gutes Yuri Arcurs-Bild aus:
- Gute Schärfe
- Geringe Tiefenschärfe
- Glückliche Models
- Viel (weiches) Licht
Schauen wir uns die Punkte genauer an. Wie Yuri seine Fotos gut scharf bekommt, habe ich schon in meinem Artikel „Scharfe Fotos mit Yuri Arcurs“ erklärt. Teuer wird der zweite Punkt. Die meisten seiner Fotos fotografiert er mit geringen Blendenwerten, vor allem 2,8. Das setzt entsprechende lichtstarke Objektive voraus, idealerweise welche, deren Offenblende noch weiter geht ist, zum Beispiel bis 1,8 oder 1,2. Gut sind leichte, lichtstarke Tele-Objektive, da sie schneller eine schöne geringe Tiefenschärfe erzeugen.
Der Punkt Models sollte nicht vernachlässigt werden. Nur wessen Models so im Gesicht strahlen als würden sie eine Dauer-Hochzeit feiern und dabei gleichzeitig im Lotto gewinnen, sind für solche Fotos geeignet. In diesem Video zeigt Yuri, wie er seine Models aussucht und mit seiner Hand die Kopfbewegung einfach beeinflußen kann. Außerdem sehr ihr gleich seinen idealtypischen Lichtaufbau.
Im zweiten Teil des Videos zeigt er, wie er dieses natürliche Lachen auf die Model-Gesichter zaubert.
Und das Wichtigste: Der Lichtaufbau. Es wird viel Licht benötigt, nicht unbedingt aus vielen Lichtquellen, aber hell muss es schon sein. In diesen eins, zwei, drei YouTube-Videos vom Fotolia-Workshop beschreibt Yuri einige seiner typischen Lichtaufbauten ganz gut, von einfach bis komplex. In meinem Artikel „Ein Tag mit Microstock-Fotograf Yuri Arcurs“ ist auf den Fotos noch eine andere Beleuchtungssituation zu sehen: Die indirekte Beleuchtung. Wer mal einen Blick in sein umwerfendes Studio geworfen hat (übrigens ein umgebautes Industrie-Gewächshaus), kann sehen, dass er das sehr clever mit Tageslicht löst, indem die Studiodecken aus leicht milchigem Glas sind, welche wie eine riesige Softbox von oben wirken. Ein unbezahlbarer Effekt. Bezahlbar ist die Variante mit Blitzen, indem einfach weiche Blitze (z.B. Softboxen) noch mal an Wände und vor allem Decken gerichtet werden.
Ich will nicht behaupten, dass ich wie Yuri fotografieren kann, aber dieses Foto kommt seinem Stil schon nah, meint ihr nicht auch?
Da ich das fotografiert habe, kann ich sagen, dass es ein verhältnismäßig simpler Aufbau ist. Fotografiert habe ich mit meiner 50mm-Festbrennweite* bei Blende 2.8 und 1/100 Sekunde Belichtungszeit (ISO 200). Als Licht diente mir ein Canon 580EX II Speedlite* auf einem Stativ mit einer Lastolite EzyBox-Softbox*, welches ich manuell mit Funkauslöser an die weiße Decke geschickt habe. Damit kann ich das Licht auf dem Gesicht bestimmen, während ich mit der Blende/Verschlusszeit-Kombination die Helligkeit des Hintergrunds beeinflußen kann. Als Kamera kam meine Canon 5D Mark II* zum Einsatz, aber es hätte genauso gut eine Canon EOS 450D* oder eine Nikon D3000* sein können. Als Alternative zum Fensterlicht zur Regulierung der Hintergrundhelligkeit kann auch ein zweiter Blitz genutzt werden, der auf eine hintere Wand o.ä. gerichtet wird.
In diesem Video zeigt Yuri, wie selbst Available Light-Bilder einen ähnlichen Look erreichen können. Etwas Überbelichtung und die Models an einem sonnigen Tag im Schatten oder unter dem Himmel bei bewölktem Wetter ergeben schattenfreie Aufnahmen.
Das letzte fertige Foto, was zum Schluß gezeigt wird, ist auch mit den kompletten EXIF-Daten in Yuri’s Flickr-Stream zu finden. Ohne Blitz werden dann Werte wie 1/40 Sekunde bei Blende 4 (ISO 400) mit einem 70mm-Objektiv erreicht.
Damit sind wir in der Lage, helle, freundliche Bilder zu machen. Trotzdem bleibt etwas Nachbearbeitung nicht aus. Dazu gehört neben dem korrekten Weißabgleich und einer leichten Überbelichtung auch das Anheben der Kontraste und der Sättigung. Zum Schluss werden die Bilder von störenden Elementen befreit. In diesem Artikel zeigt Yuri unter Punkt 2 ein Vorher/Nachher-Bild, was die Unterschiede gut sichtbar macht. Und das war es auch schon. Ist dich nicht so schwer, oder? Was meint ihr?
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