Der Versuch des Fotografen Rafael Classen, mich wegen meiner Berichterstattung über seine Aktivitäten „mundtot“ zu machen, ist glücklicherweise größtenteils gescheitert.
Sein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen mich vor dem Landgericht Berlin wurde überwiegend zurückgewiesen (Aktenzeichen 15 O 342/22).
Der Kern des Urteils ist wohl dieser Satz:
„Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass dem Blogeintrag des Antragsgegners in der Gesamtschau die verfahrensgegenständlichen Aussagen zu entnehmen sind. Der Hauptantrag zu 1 scheitert – wie soeben ausgeführt – vielmehr daran, dass diese Aussagen als wahr anzusehen sind.“
Ich übersetze mal salopp: Es stimmt halt, was ich in diesem Blogartikel geschrieben hatte, daher darf ich es schreiben.
Konkreter schreibt das Gericht:
„Die Aussage, „der Antragssteller behaupte, Adobe habe keine Berechtigung zur Vergabe von Nutzungsrechten des Antragsstellers, obwohl er über Wirestock Adobe die Berechtigung mittelbar einräume und obwohl seine Bilder bei Adobe online seien“, kann der Antragssteller dem Antragsgegner unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verbieten.“
Antragsteller ist hier übrigens Herr Classen, Antragsgegner bin ich.
Weiter heißt es:
„Der Antragsstellerin [sic] hat zwar in Abrede gestellt, die Aussage, Adobe habe keine Berechtigung zur Vergabe von Nutzungsrechten des Antragsstellers, getätigt zu haben. Damit hat er aber keinen Erfolg. Die Aussage entstammt seiner E‑Mail vom 14. Juli 2022, und der Antragssteller hat diesen Inhalt auch nicht in Abrede gestellt. Weshalb es an der rechtlichen Beurteilung etwas ändern sollte, dass es sich um eine „Individualkommunikation“ handelt (was zutrifft), sagt der Antragssteller nicht und ist auch nicht ersichtlich. Er beruft sich vor allem darauf, dass sich seine Aussage lediglich auf ein Bild bezogen habe, welches er nicht über Wirestock zur Verfügung gestellt habe, also dass es sich nicht um eine generelle Aussage handele. Eine solche Einschränkung ist seiner Mail vom 14. Juli 2022 aber nicht zu entnehmen; vielmehr verhält sich diese eben allgemein zur Berechtigung von Adobe. Dies ist auch keineswegs unwesentlich: Schon dann, wenn sich die Empfängerin der Mail an die Lizenzierung weiterer Bilder des Antragsstellers denken sollte, wäre sie durch die Aussage des Antragsstellerin [sic] unzutreffend informiert. Und Gleiches gälte für Dritte, an die sie die Mail weitergeleitet oder davon berichtet haben könnte.“
Dem Gericht war es auch nicht ersichtlich, warum ich nicht identifizierend über Herrn Classen berichten können solle. Weiterhin habe ich seine Namensrechte nicht durch die bloße Nennung verletzt und auch eine „Prangerwirkung“ sieht das Gericht nicht:
„Auch unter dem Gesichtspunkt einer „Prangerwirkung“ liegt insoweit keine Rechtsverletzung vor. Zwar stellt die Verbreitung einer rufschädigenden, aber wahren Tatsache einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) dar, wenn sie zu einer Wettbewerbsverzerrung führt, weil aus einer Mehrzahl von Unternehmen, die sämtlich Anlass zu der fraglichen Kritik geben, eines herausgegriffen und an den Pranger gestellt wird (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 392 mwN). Dass mehrere Fotografen unzutreffende Angaben über die Berechtigung von Unternehmen wie Adobe gemacht hätten, behauptet der Antragssteller aber nicht einmal. Gerade damit beschäftigt sich der Blogbeitrag aber und nicht nur, wie der Antragssteller meint, allgemein mit der Durchsetzung von Rechten in der Branche der Fotografen.“
Weiter schreibt das Landgericht Berlin im Urteil:
„Im Übrigen gilt, dass selbst überzogene, herabsetzende, ungerechte und ausfällige Äußerungen hinzunehmen sind, solange die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund steht (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 390). Dies muss nach Auffassung des Gerichts auch für die Form gelten. Vor diesem Hintergrund unterliegt es keinen Bedenken, dass der Name des Antragstellers an den Beginn der Überschrift gestellt ist und im Text 26 mal erscheint sowie dass der Antragsgegner noch in weiteren Beiträgen über den Antragssteller berichtet („fortwährende Berichterstattung“) und diese Beiträge unter einen sog. „Tag“ mit dem Namen des Antragsstellers in einem Archiv vereint.“
Warum nur 75% gewonnen?
Jetzt wird es spannend. Der Antrag wurde nicht komplett abgewiesen, weil Herr Classen neben etlichen von mir nachweisbaren Tatsachen auch zwei Punkte bemängelte, welche ich tatsächlich nicht beweisen konnte.
Ich darf jetzt nicht mehr schreiben, dass Herr Classen fleißig bei Wirestock hochladen würde, weil im Laufe des Verfahren klar wurde, dass Herr Classen schon seit dem 11. Februar 2022 bei Wirestock gesperrt und seit dem 5. Juli 2022 dort gekündigt worden war.
Der zweite Punkt ist meine Aussage, dass ich behauptet hatte, Herr Classen wüsste, dass sein Name nicht in den Metadaten enthalten sei, wenn Bilder bei Wirestock zu Adobe Stock geschickt würden.
Da ich nicht in seinen Kopf gucken kann, kann ich das nicht beweisen. Ich zitiere hier mal den Anwalt von Herr Classen:
„Richtig ist weiter, dass dem Antragsteller nicht bewusst war, dass bei der Unterlizenziening [sic] durch Wirestock sein Name aus den Metadaten gelöscht werden würde.“
Wie glaubwürdig das ist, muss jeder selbst entscheiden.
Aber dann hat selbst er als erfahrener, professioneller Fotograf immerhin was durch meinen Blogartikel gelernt. Ist ja auch was Schönes.
Wo wir gerade dabei sind: Seine Bilder, die er – meist ohne sichtbare Wasserzeichen – auf seinen Account „rcfotostock“ bei Pinterest hochlädt, enthalten nur teilweise seinen Namen in den Metadaten. Auch die Bilder, die er bei der Plattform pexels.com im Account „rcphotostock“ gratis anbietet, sind aktuell nach dem Runterladen nicht mit Metadaten versehen.
Vielleicht überprüft ihr das mal, damit ich ein paar Zeugen habe, falls die Bilder zufällig plötzlich verschwinden sollten?
Jedenfalls: Da das Gericht in den beiden Punkten Herr Classen recht geben musste, soll ich von den Verfahrenskosten 25% tragen, die restlichen 75% muss Herr Classen bezahlen. Das Urteil ist aktuell noch vorläufig, es kann also noch Berufung eingelegt werden.
Ich möchte an dieser Stelle noch mal allen Beteiligten danken, die mir hinter den Kulissen dabei geholfen haben, mich gegen die Abmahnung und Einstweilige Verfügung zu verteidigen. Vielen Dank euch allen!