11 hilfreiche Einstellungen für eine neue Kamera

Tadaaa, Deine neue Kamera ist da. Du packt sie aus, freust Dich und willst die ers­ten Fotos machen. Mist, jetzt musst Du vor­her die Batterie auf­la­den. Dann aber kann es losgehen.

Doch Stopp! Bevor Du die ers­ten Fotos mit Deiner neu­en digi­ta­len Spiegelreflexkamera machst, emp­feh­le ich elf Einstellungen, die Du vor­neh­men soll­test, damit Du bes­ser foto­gra­fie­ren kannst. Einige Anmerkungen bezie­hen sich vor allem auf Canon-Kameras, da ich die­se seit Jahren nut­ze, aber es kann sein, dass es ver­gleich­ba­re Funktionen bei Nikon-​DSLRs gibt.

Blick ins Objektiv

  1. Datum ein­stel­len
    Die Fotos wer­den dadurch nicht bes­ser, aber auf jeden Fall kannst Du dann auch in zig Jahren anhand der EXIF-​Daten noch erken­nen, wann Du ein Foto gemacht hast.
  2. ISO-​Werte erweitern
    Bei den Canon-​Kameras gibt es in dem „Custom Functions“-Menü eine Funktion namens „ISO Expansion“, die akti­viert wer­den soll­te. Damit wer­den nicht nur die hohen ISO-​Werte zugäng­lich, son­dern auch der ISO-​Wert 50 statt ansons­ten erst ISO 100. Bei knal­len­dem Sonnenschein kann das manch­mal den Ausschlag geben, wenn Du Blende nicht wei­ter geöff­net wer­den kann oder Du eine län­ge­re Belichtungszeit wünschst.
  3. Speicherkarte for­ma­tie­ren
    Auch dadurch wer­den die Fotos nicht bes­ser, aber wer Speicherkarten nutzt, die vor­her in ande­ren Kameramodellen waren, kann unter Umständen das Zählsystem der Kamera ver­wir­ren, was Ddazu führt, dass Du auf Deiner Festplatte ver­schie­de­ne Fotos mit dem glei­chen Dateinamen erhältst. Ein hohes Datenverlustrisiko!
  4. Piep-​Töne ausschalten
    Die Kameras sind so vor­ein­ge­stellt, dass ein Piepton nach erfolg­ter Fokussierung zu hören ist. Einige Fotografen mögen das, weil sie dann wis­sen, dass die Kamera mit dem Fokussieren fer­tig ist. Ich hal­te das ers­tens für unnö­tig, weil ich beim Fokussieren sowie­so durch den Sucher oder auf den Display schaue und mir dort die been­de­te Fokussierung durch einen durch­ge­hend leuch­ten­den Punkt ange­zeigt wird. Zweitens ver­hin­dert das Piepen Schnappschüsse und ver­schreckt viel­leicht scheue Tiere. Zwei Gründe für mich, das Geräusch zu deaktivieren.
  5. AdobeRGB ein­schal­ten /​ Update: RAW einschalten
    Für Macrostock-​Bildagenturen und den Druck von Bildern ist der AdobeRGB-Farbraum statt des vor­ein­ge­stell­ten sRGB-​Farbraums die ers­te Wahl, da die­ser mehr Farbinformationen auf­neh­men kann. Unter dem Strich wer­den die Farben dann bes­ser. Wer sei­ne Bilder vor allem im Internet zei­gen will, kann sie spä­ter per Photoshop-​Aktion schnell wie­der in sRGB umwan­deln, behält aber in der RAW-​Datei mehr Farbwerte. Ein Leser merk­te rich­ti­ger­wei­se an, dass der Farbraum einer RAW-​Datei erst bei der Umwandlung zuge­wie­sen wird. Demnach bezieht sich der ein­ge­stell­te Farbraum vor allem auf die JPG-​Dateien einer Kamera und wird damit irrele­van­ter. Wichtiger wird damit aber, an sei­ner Kamera die Aufnahme im RAW-​Format ein­zu­stel­len. Ich akti­vie­re par­al­lel auch eine Aufnahme als klei­nes JPG, weil ich damit schnel­ler Bildauswahlen tref­fen kann.
  6. Neutralen Bilderstil einstellen
    Heutzutage erlau­ben die Kameras schon die Grundfunktionen der Bildbearbeitung: Farbton, Schärfung, Farbsättigung. Diese soge­nann­ten Bilderstile sind nett, aber vor allem für Stockfotografen nicht so nütz­lich, da die genaue­re Bearbeitung lie­ber am Computer erfol­gen soll­te. Hilfreich sind sie eher für Fotografen, die auf Veranstaltungen direkt gedruck­te JPGs an Kunden ver­kau­fen, zum Beispiel in Zoos oder Vergnügungsparks. Ich stel­le den stan­dard­mä­ßig rela­tiv stark geschärf­ten Look auf Null, damit ich eine neu­tra­le RAW-​Datei erhal­te, bei der ich zum Schluss selbst die Schärfe bestim­men kann.
  7. Auto-​Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung ein
    Das Gegenteil nut­ze ich bei der Rauschreduzierung. Im schon erwähn­ten „Custom Functions“-Menü akti­vie­re ich die Rauschreduzierung, die bei Aufnahmen, die län­ger als eine Sekunde belich­ten, Hotpixel und Nebelbildung redu­zie­ren, damit ich eben das nicht am Computer machen muss. Der gro­ße Nachteil: Die Technik funk­tio­niert, indem die Kamera ein zwei­tes Bild mit der glei­chen Belichungszeit, aber geschlos­se­nem Kameraverschluss macht, um die dort auf­tre­ten­den Fehler im Originalbild zu behe­ben. Das führt logi­scher­wei­se dazu, dass eine 30 Sekunden-​Belichtung erst nach einer Minute fer­tig ist. Nix für Ungeduldige.
  8. Netzgitter ein­blen­den
    Bei mei­ner Canon 5D Mark II kann ich wäh­len, ob ich bei Video-​Aufnahmen dün­ne hori­zon­ta­le und ver­ti­ka­le Linien ein­ge­blen­det haben möch­te oder nicht. Die Funktion heißt „Netzgitter“. Ich wäh­le immer der ers­te Netzgetter mit je 2 waa­ge­rech­ten und senk­rech­ten Linien. Das ist sehr hilf­reich, um den Horizont gera­de aus­zu­rich­ten oder die Komposition zu verfeinern.
  9. Focusing Screen auswechseln
    Wer die­se prak­ti­sche Funktion auch für Foto-​Aufnahmen haben möch­te, kann sich eine ande­re „Sucherscheibe“, im Original „Focusing Screen“ genannt, ein­bau­en. Seit eini­gen Jahren habe ich bei mir den Focusing Screen EG‑D* drin und will ihn nicht mehr mis­sen. Die Anordnung der Linien ist mit dem Netzgitter der Video-​Aufnahmen iden­tisch, aber die Linien selbst sind so dünn, dass sie nie stö­ren, aber immer sicht­bar, wenn ich sie brauche.
  10. Copyright set­zen mit EOS Utility
    Wer sei­ne Fotos öffent­lich zei­gen will, risik­iert schnell, dass die Bilder uner­laubt im Internet auf­tau­chen. Da ist es prak­tisch, wenn in den Metadaten jeden Fotos auto­ma­tisch ein Copyright-​Vermerk hin­zu­ge­fügt wird. Das kann bei vie­len Canon-​Kameras mit dem mit­ge­lie­fer­ten Programm EOS Utility ein­ge­stellt wer­den. Das ist zwar kei­ne allein aus­rei­chen­de Methode, um sei­ne Bilder zu schüt­zen, aber bes­ser als gar nichts.
  11. Firmware über­prü­fen
    Je nach­dem, wie lan­ge Dein Kameramodell auf dem Markt ist, kann es sein, dass es neue Firmware für den kame­rain­ter­nen Chip gibt. Meistens ver­bes­sern sie die Kamerafunktionen oder behe­ben Fehler. Bei dem letz­ten Firmware-​Update für die 5D Mark II wur­de bei­spiels­wei­se die Funktion ergänzt, Videos im manu­el­len Modus zu drehen.

Jetzt bist Du dran: Wie stellst Du Deine Kamera ein und warum?

* = Affiliate-​Link (Du zahlst nicht mehr, ich erhal­te eine klei­ne Provision beim Kauf)

Stockfotografie-​News 2009-11-20

Guten Morgen, ab geht’s in die nächs­te News-​Runde. Was ist pas­siert im Bildermarkt?

  • Die Bildagentur Alaska Stock Images macht vor, wie die neu­en Medien genutzt wer­den kön­nen. Damit ist nicht mehr das Internet gemeint, son­dern Applications für das iPhone. Sie koope­rie­ren mit Alaska HDTV und bie­ten Fotos als Wallpaper für das Handy an.
  • Der Fotograf Joe McNally schreibt einen inspi­rie­ren­den Brief an einen jun­gen Fotografen, der für vie­le jun­ge Fotografen ste­hen könnte.
  • Und wie­der etwas für die Bildkäufer unter Euch: Der iStock-​Fotograf Sean Locke hat ein klei­nes Script geschrie­ben, mit dem Bildkäufer bequem die Suchbegriffe eines bei iStockphoto gekauf­ten Fotos abspei­chern kön­nen – abge­se­hen davon, dass jede Bildagentur die­se Informationen in den Metadaten las­sen sollte.
  • Dreamstime beschränkt den Upload von neu­en Bildern auf 30 Bilder pro Tag. Auch wenn zu ver­mu­ten ist, dass dies nur vor­über­ge­hend ist, zeigt es doch, dass die Bildagenturen nicht mehr auf ein­zel­ne Fotografen ange­wie­sen sind.

Vergessene Neuigkeiten bit­te wie immer ein­fach in den Kommentaren erwähnen.

Stockfotografie-​Interview beim Happy Shooting-Podcast

Das nenn‘ ich digi­ta­le Arbeit:

happy-shooting-podcast

Boris und Chris vom Fotografie-PodcastHappy Shooting“ haben via Twitter gefragt, wer denn Stockfotografie mache, ein Kollege hat es „ret­weetet“, ich hab’s gele­sen und mich gemel­det und kurz dar­auf haben Boris und ich via Skype gechat­tet, um dann wenig spä­ter zusam­men mit Chris eine Telefon-​Konferenz zu machen, um ein Interview für die Folge 162 des Podcasts auf­zu­neh­men. Neben vie­len ande­ren Themen rede ich mit den bei­den ab Minute 13 über mei­ne Arbeit als Stockfotograf. Viel Spaß beim Anhören!

Fotografen-​Einnahmen bei Microstock-​Bildagentur Polylooks

Vor unge­fähr einem hal­ben Jahr star­te­te die Microstock-​Bildagentur der Deutschen Telekom: Polylooks.
Jetzt ist es an der Zeit, kurz zurück­zu­bli­cken. Wie viel kön­nen Fotografen da ver­die­nen? Die bis­he­ri­ge Antwort lau­tet: Leider wenig.

Seit vier Monaten habe ich ca. 1000 Bilder online. Bisher kann ich 35 Verkäufe ver­zeich­nen, die mir 14,92 Euro gebracht haben. Das macht pro Verkauf 0,42 Euro. Selbst im Vergleich zu den füh­ren­den Microstock-Agenturen ist das wenig. Bei iStockphoto und Fotolia erhal­te ich umge­rech­net ca. 0,75 bis 0,85 Euro pro Verkauf, bei Dreamstime noch 0,53 Euro. Bei allen Agenturen wer­den sowohl Abo- als auch On-​Demand-​Downloads angeboten.

polylooks-royalties

Vor weni­gen Tagen erziel­te ich mit zwei Verkäufen der Bildgröße Small (S) nur je 0,08 Euro. Davor waren mei­ne nied­ri­ges­ten Anteile 0,14 Euro. Die Mitarbeiter von Polylooks konn­ten mich über die gerin­gen Summen auf­klä­ren. Im September gab es eine gro­ße Rabatt-​Aktion, bei der Kunden bis 50% Rabatt erhiel­ten. Dieser Rabatt wird jedoch nicht von der Bildagentur getra­gen, son­dern mit den Fotografen geteilt. Das bedeu­tet, dass ein Kunde beim größ­ten Credit-​Paket mit 5000 Credits für knapp 3700 Euro nur 1850 Euro zah­len muss­te. Das ergibt einen Credit-​Wert von 0,37 Euro. Die 35%-Fotografen-Anteil lägen dann bei 0,12 Euro. Mir wur­de ver­si­chert, dass die 50% Rabatt eine ein­ma­li­ge Aktion zur Markteinführung waren. Hoffen wir es.

Die 8 Cent erklä­ren sich anders. Wenn ein Kunde zum Beispiel ein Drei-​Monats-​Abo mit 30 Credits pro Tag kauft, kos­tet das 222 Euro im Monat und damit ca. 7 Euro pro Tag. Ein Credit ist dann 0,23 Euro wert, die 35%-Fotografen-Anteil sind dann 8 Cent. Wenn ein Kunde mehr kauft, könn­te der Anteil auf bis zu 6 oder 7 Cent fal­len. Da kann ich froh sein, dass der Kunde kei­ne 50% Rabatt erhal­ten hat.

Fairerweise muss ich anmer­ken, dass laut Agentur-​Aussagen die­se Werte nur zustan­de kämen, wenn ein Kunde sein gesam­tes Abo-​Kontingent auf­braucht. Sei das nicht der Fall, wür­den sich z.B. die 7 Euro pro Tag auf weni­ger Download-​Credits ver­tei­len und der Fotografen-​Anteil stei­gen. Das kann ich lei­der nicht über­prü­fen, da in der inter­nen Abrechnung für die Polylooks-​Fotografen bis­her nicht ange­zeigt wird, ob ein Verkauf auf einem Abo basiert oder nicht. Diese Anzeige-​Option wur­de als Verbesserungsvorschlag auf­ge­nom­men, ich bin gespannt, ob er umge­setzt wird.

Was mich etwas ver­wun­dert, ist, dass die Abo-​Modelle der Konkurrenz teil­wei­se ähn­li­che oder nied­ri­ge­re Preise pro Bild bzw. deren Gegenwert in Credits haben, die Fotografen aber deut­lich mehr erhal­ten. Die Polylooks-​Mitarbeiter mein­ten, dass die Analyse der Preise und Honorare läuft und die­se viel­leicht ange­passt wer­den. Wann und ob nach oben oder unten, steht noch nicht fest. Die Umsatzsteuer scheint übri­gens in den Fotografen-​Honoraren schon ent­hal­ten zu sein. Wer dem­nach als frei­er Fotograf 7% Umsatzsteuer für die­se Einnahmen abzie­hen muss, kann noch gerin­ge­re Honorare erwar­ten.

Für mich bedeu­ten die­se ein­stel­li­gen Abrechnungen, dass ich vor­erst kei­ne neu­en Fotos zu Polylooks hoch­la­den wer­de, bis mei­ne dort schon vor­han­de­nen Fotos einen höhe­ren Umsatz pro Verkauf erzie­len. Damit mei­ne ich nicht nur die ver­ein­zel­ten Mini-​Abrechnungen, son­dern die Durchschnittswerte.

Wie sind Eure ers­ten Erfahrungen mit Polylooks?

Rezension: „Erwischt! Der Promi-​Jäger von Hollywood packt aus“ von Hans Paul

Wenn Leute hören, dass jemand ein Fotograf ist, den­ken sie zuerst an Papparazi. Das kommt ver­mut­lich davon, dass im Schatten der gan­zen Stars und Sternchen auch die uner­müd­lich fla­ckern­den Blitzlichter der Fotografenmeute zu sehen sind und eher erfolg­rei­che „Abschüsse“ eines Paparazzo die Titelseiten der Boulevardblätter schmü­cken als – sagen wir – ein Stockfoto.

Einer der­je­ni­gen, die heim­lich in Hollywood auf der Lauer lie­gen, um die Gier nach neu­en und mög­lichst exklu­si­ven Bildern der Prominenten zu befrie­di­gen, ist der deut­sche Fotograf Hans Paul. In sei­nem Buch „Erwischt“* (ISBN 978–3936994742) schreibt er, wie sei­ne Arbeitstage aus­se­hen, um die belieb­ten Fotos zu bekom­men, die meh­re­re zehn­tau­send Euro wert sein können.

Cover "Erwischt" von Hans Paul

Ich muss zuge­ben, dass ich beim Lesen des Buchs stän­dig ein mul­mi­ges Gefühl im Magen hat­te. Es fängt damit an, wie Hans Paul ein Erlebnis gleich zu Beginn sei­ner Laufbahn begann, damals noch kein Paparazzo, son­dern als „Enthüllungsjournalist“. Er foto­gra­fier­te – ver­mut­lich unbe­merkt – ein sech­zehn­jäh­ri­ges Mädchen, was auf den Strich ging und ver­kauf­te die Geschichte. Später las er im Kölner Express, dass sich das Mädchen umge­bracht hat­te. Sein Kommentar:

Ich sah das Foto in der Zeitung. Ich kann­te sie. Es war genau das Foto, das ich den Zeitungen ver­kauft hat­te. Zum ers­ten Mal mach­te ich mir Gedanken dar­über, was ich mit mei­nen Reportagen so anrich­ten konn­te. Sie könn­te noch leben. Dieser Schock ver­folgt mich bis heute.“

Etwas spä­ter ver­such­te er, der Neuen Revue eine Enthüllungsgeschichte von lei­den­den Hunden im Tierheim zu ver­kau­fen. Dabei ver­such­te die Zeitung, ihn selbst rein­zu­le­gen und eine Geschichte so zu bie­gen, dass kaum etwas Wahres dran bleibt, sie aber viel inter­es­san­ter wird. Konsequenzen schei­nen bei­de Erlebnisse nicht gehabt zu haben, denn sie hiel­ten Hans Paul nicht davon ab, das heim­li­che Ablichten von Personen, auch wenn sie es nicht wol­len, zu sei­nem Lebensunterhalt zu machen.

Bis hier­hin war ich ob sei­ner Gedankenlosigkeit eher irri­tiert. Auf Seite 39 wur­de ich das ers­te Mal wütend. Hans Paul arbei­tet mitt­ler­wei­le als Papparazo und soll­te Fotos von Liane „Lee“ Wiegelmann machen, die Gründungsmitglied der Band Tic Tac Toe war, weil ihr Mann sich auf­ge­hängt hat­te. Er misch­te sich unter die trau­ern­den Fans und ging so vor:

Lees Freunde nah­men mich mit zu sich nach hau­se und gaben mir bereit­wil­lig alle Fotos, auf denen der Verstorbene und Lee zu sehen waren. Noch konn­ten sie nicht ahnen, dass die Bilder sat­te Honorare wert waren. Bis zum Mittag hat­te ich reich­lich Material ein­ge­sam­melt. Inzwischen war eine gro­ße Schar von Reportern ein­ge­trof­fen. Sie klin­gel­ten bei Lees Verwandten und boten Geld für Interviews und Fotos. ‚Schrecklich‘, dach­te ich, ‚die Medienvertreter mer­ken nicht, dass die­se Menschen noch unter Schock ste­hen und wol­len sie schon inter­view­en‘. Noch tate sie mir leid, als sie dann aber hör­ten, dass die Journalisten hohe Geldsummen für die Interviews und Fotos boten, kamen sie auf­ge­regt zu mir und for­der­ten ziem­lich ener­gisch ihr Material zurück. Ich erklär­te ihnen, dass die Fotos schon in den Redaktionen seien.“

Diese Masche fin­de ich dann doch unver­schämt. Ecklig wird es, als er eini­ge Seiten spä­ter erzählt, wie er sie­ben Müllsäcke klaut, die vor dem Haus von Michael Schumacher ste­hen, sie auf einem Autobahnparkplatz durch­wühlt und mit den Fotos vom Inhalt Geld ver­dient. Dann beschließt er, nach Hollywood zu zie­hen, weil dort die inter­na­tio­na­len Stars woh­nen, deren Fotos welt­weit ver­käuf­lich sind, nicht nur in Deutschland.

Hans Paul hat Recht, wenn er schreibt, dass sich vie­le Prominente Fotos wün­schen, weil sie im Gespräch blei­ben müs­sen, um gut zu ver­die­nen. Auf der ande­ren Seite lis­tet Paul jedoch vie­le Beispiele auf, bei denen er heim­lich foto­gra­fie­ren muss, weil er genau weiß, dass die Person kei­ne Fotos duldet.Was ist das für ein Job, wo man stän­dig mit Leuten „arbei­tet“, die nicht koope­rie­ren wol­len? Und wenn der Ehemann der Schauspielerin Courtney Cox, David Arquette, die Paparazzi anschreit: „Ihr rui­niert mein Leben“, ist sein lapi­da­rer Kommentar nur: „Kannten wir schon alles“.

Ebenfalls irri­tie­rend fand ich den Umgang des Fotografen mit den Bildagenturen. Anstatt die­se direkt mit Laptop und WLAN zu belie­fern, trifft er sich mit Agenten, denen er sei­ne Speicherkarten gibt, damit die­se die wie­der­um an Agenturen ver­mit­teln. Oft klingt es so, als kön­ne er nur hof­fen, dass gute Summen dabei her­aus­sprin­gen. Aber wenn bezahlt wird, dann wer­de ich glatt nei­disch. Vier- bis fünf­stel­li­ge Summen sind für eine Fotoserie drin, bzw. waren es, bevor jeder Passant mit sei­nem Handy foto­gra­fie­ren konnte.

Ein wei­te­rer Punkt der Verwunderung ist die Sorglosigkeit, mit der ohne jede Erlaubnis foto­gra­fiert wird. Zwar schreibt er ab und zu, dass irgend­wo Hausrecht herr­sche und er des­halb nicht foto­gra­fie­ren dür­fe oder bei eini­gen Prominenten wegen anwe­sen­der Kinder auf den „Abschuss“ (wie er es nennt) ver­zich­tet, aber meis­tens wird ein­fach die Kamera auf die Promis gehal­ten, abge­drückt, was der Kameramotor her­gibt und die Ergebnisse ohne Gewissensbisse ver­kauft. Kein Wort zum Beispiel zu den Caroline-​Urteilen, die vor allem die Paparazzi-​Fotos ein­schrän­ken sol­len. Aber ich gebe zu: Etwas Neid ist auch dabei, wo ich als Stockfotograf für jedes noch so win­zi­ge Logo ent­we­der eine Erlaubnis brau­che oder Photoshop bemü­hen muss.

Das Buch ist in vie­le win­zi­ge Episoden auf­ge­teilt, die ca. eine hal­be bis gan­ze Seite lang und oft mit den dazu­ge­hö­ri­gem Foto gar­niert sind. Ab der Hälfte des Buches über­kam mich Langeweile, weil sich das Schema der Geschichten ähnelt: „Bekam einen Tipp von X, dass sich Promi Y an Ort Z auf­hält, ich rase los, mache auf Art Q Fotos, trot­ze dabei Problem V und verdiente €“.

Inhaltlich eig­net sich das Buch mehr für Boulevard-​Junkies, denn foto­gra­fisch gibt es höchs­tens zu lesen, ob er nun sein 300er, 400er oder 500er-​Objektiv benutzt oder ob er Gegenlicht hat oder nicht. Auch schreibt er häu­fig von sei­nen klei­nen Mini-​Kameras, die als Radio oder ähn­li­ches getarnt sind. Davon hät­te ich ger­ne Fotos gese­hen. Unterm Strich habe ich durch das Buch trotz der offen­sicht­li­chen Mängel einen bes­se­ren Einblick in die Arbeits- und vor allem Denkweise eines Papparazo bekom­men. Wer wis­sen will, wie Paparrazi ticken, kann es lesen, wer selbst einer wer­den will, wird kaum Tipps im Buch finden.

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