Heutzutage ist es ziemlich einfach, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Damit meine ich nicht Falschparken oder „bei Rot über die Ampel gehen“, sondern die Benutzung von Abbildungen des Bundesadlers. Die ist sogar häufiger, als man annehmen könnte, zum Beispiel immer dann, wenn eine Zeitschrift oder Webseite das Foto eines deutschen Reisepasses zur Illustration benutzt.
Was ist passiert? Vor wenigen Wochen schickte die Bildagentur Panthermedia ein Rundschreiben an ihre Fotografen. Darin stand unter anderem:
„Nach einer Mitteilung des Bundesverwaltungsamtes dürfen wir keine Bilder mehr anbieten, die den Bundesadler oder das Bundeswappen abbilden.
Diese sind Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland und dürfen grundsätzlich nur von Behörden des Bundes zu deren amtlichen Zwecken verwendet werden.
Bestehendes Bildmaterial, welches in jeglicher Form den Bundesadler oder das Bundeswappen beinhaltet (sowohl Illustration oder Fotografie) wird innerhalb der nächsten Wochen gelöscht. Wir möchten weiterhin darauf hinweisen, dass wir ab sofort auch keine neuen Bilder, die entsprechende Kriterien erfüllen, annehmen können.“
Daraufhin fragte ich beim zuständigen Bundesverwaltungsamt (BVA) nach und erhielt eine lange, ausführliche Antwort. Leider wurde mir auf Nachfrage ausdrücklich verboten, diese Antwort zu veröffentlichen, weshalb ich diese in eigenen Worten wiedergeben muss.
Zusammengefasst beruht das Verbot auf § 124 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Darin steht:
„§ 124 Benutzen von Wappen oder Dienstflaggen
(1) Ordnungswidrig handelt, wer unbefugt
1. das Wappen des Bundes oder eines Landes oder den Bundesadler oder den entsprechenden Teil eines Landeswappens oder
2. eine Dienstflagge des Bundes oder eines Landes
benutzt.
(2) Den in Absatz 1 genannten Wappen, Wappenteilen und Flaggen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.“
Das BVA hat das auch schön erklärt, aber – wie gesagt – mir verboten, das wiederzugeben. Deshalb meine Version:
Das Amt verbietet generell jeden Gebrauch der Wappen oder Flaggen, wenn sie nicht von amtlicher Stelle erfolgt. Ausnahmen sind nur künstlerische, kunst-gewerbliche und heraldisch-wissenschaftliche Nutzungen. Ausdrücklich schrieb mir das BVA, dass jegliche kommerzielle oder redaktionelle Nutzung der Hoheitszeichen verboten sei. So hat zum Beispiel der Bundesgerichtshof in einem Fall (Aktenzeichen NotZ 42/02 vom 14.07.2003) beschlossen, dass ein Notar kein verfremdetes Landeswappen für seinen Briefkopf nutzen darf.
Das bedeutet auch: Theoretisch könnte das BVA jede Zeitung, welches ein Foto eines Reisepasses druckt, verklagen und diese Ordnungswidrigkeit mit bis zu 1000 Euro Bußgeld belegen. Besonders grantig wird die Behörde, wenn mit der Nutzung der „Anschein einer amtlichen Verwendung“ entstehen kann.
Allein die Bereitstellung von Bildern mit dem Bundesadler drauf sowie der Verkauf dieser Abbildungen über Bildagenturen stellt jedoch noch keine unbefugte Benutzung im Sinne des oben genannten Gesetzes dar. Es kommt aber darauf an, in welchem Zusammenhang der Bundesadler bzw. die anderen Hohheitszeichen letztendlich vom Erwerber verwendet werden. Da die Anbieter das nicht kontrollieren können, ist starke Vorsicht beim Gebrauch dieser Motive gegeben. Insbesondere für Bildagenturen wie istockphoto oder Shutterstock, welche ihren Bildkäufern eine „Rechte-Garantie“ geben, sollte das zu denken geben.
Das BVA weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es zu keiner Zeit die Löschung von Bildern gefordert hätte oder dass es verboten sei, Bilder mit Hoheitszeichen anzubieten.
Ich glaube nicht, dass das BVA jetzt eine Tageszeitung verklagen würde, die das Foto eines deutschen Reisepasses zur Illustration eines Artikels über die neuen biometrischen Pässe nutzt. Das Bundesverwaltungsamt behält sich jedoch immer eine Einzelfallentscheidung vor und vor Gericht würde es dann um die Auslegung des Wortes „unbefugt“ gehen. Da dem BVA das Recht zusteht, aus Opportunitätsgründen von einer Strafverfolgung abzusehen, ist die Gefahr für eine „normale Berichterstattung“ sicher gering. Stärker verfolgt wird zum Beispiel der Verkauf von Fan-Artikeln wie Fahnen mit Hoheitszeichen oder das Tragen von Kleidung mit Hoheitszeichen.
Für Stock-Fotografen bedeutet das im Klartext: Lieber Finger weg von den Hoheitszeichen!
Was sagt ihr zu der Auslegung und praktischen Umsetzung dieser Vorschriften?
Leute, welche Fotos aus dem Internet nutzen, stolpern immer wieder mal über Bilder unter einer sogenannten „Creative Commons“-Lizenz (CC-Lizenz). Eins der größten Probleme dabei: Wie gebe ich den Urheber richtig an, damit meine Nutzung von der Lizenzvereinbarung korrekt abgedeckt wird?
Eine Untersuchung des Deutschen Bundesarchivs zusammen mit Wikimedia ergab, dass ca. 95% aller Bildnutzungen aus dem Bundesarchiv unter einer CC-Lizenz nicht den Nutzungsbedingungen entsprechen und damit – salopp gesagt – illegal sind.
Oder anders formuliert: Wer ein Bild mit einer CC-Lizenz nutzt, muss sicherstellen, alle Regeln korrekt einzuhalten, sonst könnte er trotzdem kostenpflichtig abgemahnt werden.
Doch zuerst: Was ist überhaupt eine Creative Commons Lizenz?
„Creative Commons“ ist eine gemeinnützige Organisation, welche sechs verschiedene Lizenzverträge formuliert hat, die im Gegensatz zu den meist üblichen Paragraphen-Wüsten sehr einfach formuliert sind und den Nutzern meist auch mehr Freiheiten erlauben als es normalerweise das Urheberrecht erlauben würde.
Diese sechs Lizenzen sind durch kleine Symbole gekennzeichnet, wie sie Fotografen sicher schon bei Flickr, Wikipedia oder anderen Webseiten gesehen haben:
Die sechs Lizenzen setzen sich in einer Art Baukastensystem aus vier Elementen zusammen: „Namensnennung“ (BY), „Keine Bearbeitung“ (ND), „Nicht Kommerziell“ (NC) und „Weitergabe unter gleichen Bedingungen“ (SA). Die Buchstabenkürzel in Klammern kürzen die englischen Bezeichnungen ab und zusammen mit dem CC-Zusatz heißen die Lizenzen in Kurzform beispielsweise CC-BY, CC-NC-ND oder CC-SA.
Laut einer Statistik von Creative Commons sind die drei häufigsten benutzten Lizenzformen CC-BY-NC-SA (Namensnennung, nichtkommerziell, gleiche Weitergabe) mit ca. 30%, CC-BY-NC-ND (Namensnennung, nichtkommerziell, keine Bearbeitung) mit ca. 18% und CC-BY-NC (Namensnennung, nichtkommerziell) mit ebenfalls knapp 18%.
„Keine Bearbeitung“ heißt, dass Nutzer das Bild nicht für Fotomontagen oder ähnliches verwenden dürfen. Strittig ist hingegen, ob schon Bearbeitungen wie Beschnitt oder Umwandlung in Schwarz/Weiß ebenfalls verboten sind.
„Nicht Kommerziell“ bedeutet, dass mit Werken mit diesem Lizenz-Merkmal kein Geld verdient werden darf. Genau definiert der Lizenzvertrag das so: Das Werk darf „nur für Handlungen, die nicht vorrangig auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine geldwerte Vergütung gerichtet sind“, benutzt werden.
„Weitergabe unter gleichen Bedingungen“ heißt, dass Werke, welche mit Hilfe dieses Lizenz-Merkmals erstellt wurden, ebenfalls unter der gleichen Creative Commons Lizenz angeboten werden müssen. Wenn ich beispielsweise einen Bildband mit solchen Fotos erstelle, muss ich den Bildband ebenfalls unter diese CC-Lizenz stellen.
„Namensnennung“ In der aktuellen Version 3 der Creative Commons Lizenzen wird jede Lizenz nur zusammen mit dem „Namensnennung“-Element angeboten. Das heißt, das der Urheber des Werkes „in der von ihm festgelegten Weise“ genannt werden muss. Aber: Im Kleingedruckten verstecken sich weitere Bedingungen.
Wie gebe die den Namen bei einer Creative Commons Lizenz richtig an?
Als erstes muss der Name des Urhebers und der Titel des Werkes genannt werden. Falls der Urheber das Werk Dritten zugeschrieben hat, z.B. einer Zeitung oder Stiftung, muss diese ebenfalls genannt werden. Es sollte ein Link zum Werk bzw. zu den Rechteinformationen oder der Lizenzvereinbarung des Werkes angegeben werden, auch in gedruckten Werken. Alternativ muss als Minimalforderung die Art der Lizenz angegeben werden, unter der das Werk lizenziert wurde.
Falls das Werk bearbeitet wurde, muss gekennzeichnet werden, dass eine Bearbeitung erfolgt ist.
Die Webseite für Creative Commons-Musik CCMixter bietet als Service zu jedem Werk praktischerweise die Angaben zur korrekten Namensnennung als „Copy&Paste“-Schnipsel an. Das sieht dann beispielsweise so aus:
„Hornet“ by George_Ellinas
http://ccmixter.org/files/George_Ellinas/15924
is licensed under a Creative Commons license:
http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/
Name, Titel, Link und Art der Lizenz: Alles drin.
Worauf muss ich bei der Nutzung eines Bildes mit Creative Commons Lizenz noch achten?
Creative Commons bietet nur Lizenzverträge an, welche Rechte regeln, die durch das Urheberrecht entstehen. Bei vielen Werken, zum Beispiels Fotos kommen jedoch noch viele andere Rechte hinzu, welche nicht berücksichtigt sind. Das heißt konkret: Nur weil ein Foto unter einer CC-Lizenz steht, die kommerzielle Nutzung erlaubt, heißt das noch lange nicht, dass das Foto ohne Probleme kommerziell genutzt werden darf!
Einige dieser anderen Rechte betreffen beispielsweise das „Recht am eigenen Bild“ (Persönlichkeitsrechte von fotografierten Personen), das Markenrecht, Geschmacksmusterschutz, Patentrecht, das Urheberpersönlichkeitsrecht und weitere. Zum Beispiel hatte ich bei Wikipedia das Foto eines Rappers gefunden, was unter einer CC-BY-Lizenz stand, das heißt, ich hätte es kommerziell nutzen dürfen. Auf Anfrage an das Management erhielt ich jedoch die Antwort, dass das vom Künstler nicht gewünscht wäre. Das ist trotz der Lizenz sein gutes Recht, nämlich sein Persönlichkeitsrecht.
Jeder, der Werke unter einer Creative Commons-Lizenz nutzen will, ist deswegen in der Pflicht, vor der Nutzung zu prüfen, ob mit der geplanten Nutzung die Rechte anderer Personen oder Firmen verletzt werden.
Kleiner Hinweis zu Rechtsthemen: Alle Angaben in diesem Artikel ohne Gewähr. Vor einer konkreten Nutzung sollte sich jeder Nutzer selbst informieren, alle notwendigen Rechte zu besitzen.
Was für Erfahrungen habt ihr mit Creative Commons-Lizenzen gemacht? Nutzt ihr die? Bietet ihr Eure Fotos als CC an?
Kernpunkt dieser Kooperation war folgender „Deal“, den ich selbst nicht so knackig zusammenfassen könnte wie es in der Tagungsbeschreibung stand:
„Im Dezember 2008 hat das Bundesarchiv – als erstes Staatsarchiv weltweit – eine Kooperation mit Wikimedia bekannt gegeben. Knapp 90 000 Fotos wurden für Wikimedia Commons unter der Lizenz CC-BY-SA kostenfrei bereit gestellt. Im Gegenzug haben viele „Wikipedianer“ mit Hilfe eines ebenfalls von Wikipedia-Mitarbeitern entwickelten Werkzeugs die Personenliste des Bundesarchivs mit der so genannten Personennamendatei (PND) verknüpft.“
Diese Fotos können beispielsweise hier eingesehen werden. Warum berichte ich an dieser Stelle über das Bundesarchiv und Wikimedia? Was hat das mit kommerzieller Fotografie zu tun?
Im Vortrag kamen einige Punkte zur Sprache, die für Fotografen sehr interessant sind.
Vor einer Weile hatte ich im Blog einen Artikel namens „Acht Gründe, warum Fotografen kostenlose Fotos anbieten“ geschrieben. Einer dieser Gründe war, dass man auch mit kostenlosen Fotos Geld verdienen könne. Das Bundesarchiv hat ähnliche Erfahrungen gemacht.
Durch die Bereitstellung der knapp 90.000 kostenlosen Fotos gab es:
2–5 neue Nutzer am Tag
9 Bestellungen am Tag, davon 81,45% kostenfrei
eine Verdoppelung der Besucherzahlen (49.000 Visits pro Monat)
230%ige Zunahme von schriftlichen Anfragen
193%ige Zunahme der Einnahmen
Auf die Einnahmen und Kritik an der Höhe der verlangten Nutzungsgebühren ging Dr. Sander in der schriftlichen Fassung seines Vortrags genauer ein:
„Infolge der erhöhten Zugriffe und Bestellungen wurden erstaunlicherweise auch die Einnahmen um 193% gesteigert. Und das obwohl 81% der Bild-Downloads kostenfrei sind, da für amtliche Zwecke, Ausstellungen, bestimmte Veröffentlichungen unter 500 Exemplare und „LowRes“-Bildern für private Zwecke keine Gebühren erhoben werden und die Nutzung von Bundesarchiv-Bildern via Wikimedia Commons prinzipiell kostenfrei ist. Während gerade nach der Onlinestellung des Digitalen Bildarchivs von vielen Internetusern Kritik an den angeblich unangemessen hohen Gebühren geübt wurde, kritisierte der Bundesverband der Pressebild-Agenturen und Bildarchive (BVPA) hingegen die „niedrigen Beträge“ als „erheblich wettbewerbsverzerrend“. Allerdings war, ist und wird das Bundesarchiv keine Bildagentur und ist zuallererst dem Bundesarchivgesetz und dessen Zielen verpflichtet und nicht der Steigerung von Einnahmen!“
Ebenfalls interessant, aber eher bedenklich fand ich eine weitere Zahl, die während des Vortrags fiel. Es gab viel Bildmissbrauch, das heißt zahlreiche unerlaubte Verkäufe von Fotos bei Ebay, Probleme für das Bundesarchivs mit Fotografen oder anderen Rechteinhabern wegen fehlender Urheberrechtsnachweise und zahlreiche Verstöße gegen die Creative Commons-BY-SA-Lizenz. Bei fast 95% der Nutzungen wurden die Lizenzvereinbarungen nicht korrekt eingehalten:
„Bei Nutzungen von Bundesarchiv-Fotos via Wikimedia Commons halten schätzungsweise 5% der Nutzer die Bedingungen der Lizenz CC-BY-SA inklusive Nennung des Urhebers ein oder anders formuliert: bei ca. 95% der Nutzungen sind Verstöße gegen die Lizenz und das Urheberrechtsgesetz festzustellen! Zwar hat das Bundesarchiv alle Fotos mit einem weißen „Quellenstreifen“ versehen, in dem die Quelle Bundesarchiv, die Bildsignatur und der Urheber genannt sind, doch ermöglicht es die Lizenz CC-BY-SA diesen Quellennachweis zu entfernen. Bei den Fotos auf Wikimedia Commons ist das insofern unproblematisch, weil hier alle notwendigen Angaben vorhanden sind. Sobald ein Foto aber (mit rechter Maustaste) herunter geladen wird, sind diese Angaben jedoch nicht mehr vorhanden und werden von Wikimedia-Nutzern – wie oben dargestellt – so gut wie nie angegeben.
Dementsprechend sieht sich das Bundesarchiv mittlerweile außerstande weitere Bilder auf Wikimedia Commons freizugeben, da dies bedeuteten würde, dass das Bundesarchiv wissentlich Lizenz- und Rechtsbrüchen Vorschub leisten würde.“
95%! Das heißt, nur eine verschwindend geringe Anzahl von Leuten hat die kostenfreien Fotos wirklich legal genutzt. Das war einer von mehren Gründen, warum sich das Bundesarchiv schweren Herzens entschieden hat, die Kooperation nicht fortzuführen. Die bisherigen Bilder bleiben jedoch im Bestand von Wikimedia.
Frei aus dem Gedächtnis zitiert meinte Dr. Sander: „Es gab einige Probleme mit der Kooperation, aber unser Schatzmeister war nach anfänglichen Vorbehalten später derjenige, der als Erster uneingeschränkt für eine Fortsetzung der Kooperation war“.
Die Präsentation seines Vortrags stelle ich mit der freundlichen Erlaubnis von Dr. Oliver Sander hier zum Nachlesen zur Verfügung.
Viele Fotografen klagen über sinkende Einnahmen, steigende Konkurrenz und so weiter. Dabei haben die Teilnehmer der Stockfotografie-Branche eines der größten „Verbrechen“ selbst begangen: Die ungeschickte Namensgebung ihrer Lizenzmodelle.
Früher gab es „rights managed“, was üblicherweise mit „lizenzpflichtig“ oder kurz „RM“ übersetzt wird. Das beschreibt genau, wie ein Foto verkauft wird: Eine Bildlizenz ist Pflicht und die Rechte werden „gemanagt“. Der Preis berechnete sich nach einigen Faktoren der Fotonutzung wie Auflagenhöhe, Druckgröße, Ort (Land, Region, Welt) und Dauer der Nutzung. Wenn die Nutzungsdauer abgelaufen war oder der Bildnutzer das Foto nur für ein Land gekauft hatte und es jetzt in einem weiteren Land nutzen wollte, musste er eine neue Lizenz kaufen.
Dann kam Anfang der 1990er Jahre der Trend auf, Foto-CDs mit verschiedenen Motiven zum Einheitspreis zu verkaufen. Der Käufer konnte – fast – alles mit den Bildern auf der CD machen und deswegen musste ein neues Lizenzmodell her: Die Branche taufte es „royalty free“. Übersetzt wird der Begriff mit „lizenzfrei“ oder kurz „RF“. Das „royalty“ hat nichts mit Königen oder der Monarchie zu tun, sondern im Englischen wird der Begriff auch für Tantiemen oder eben Lizenzen benutzt.
Für die Fachleute war die Unterscheidung klar: Nach dem Kauf eines RF-Fotos konnte der Bildnutzer das Foto für immer und weltweit nutzen, ohne jedes Mal eine neue Lizenz bezahlen zu müssen. Daher: „lizenzfrei“ oder „royalty free“.
2000 kam jedoch mit istockphoto die erste Microstock-Bildagentur auf den Markt und erweiterte die Käuferschichten um viele Leute, welche nicht hauptberuflich mit dem An- und Verkauf von Bildern zu tun hatten. Außerdem waren im Internet plötzlich die Webseiten der Bildagenturen auch für jeden Internetsurfer frei zugänglich.
Der Otto-Normalverbraucher denkt jedoch, wenn er „lizenzfrei“ oder „free“ liest, etwas wäre kostenlos. Das stimmt bei Fotos jedoch nicht. Auch lizenzfreie Fotos müssen gekauft werden. Selbst das Wort ist unpassend, denn auch für die Nutzung eines lizenzfreien Bildes braucht der Nutzer eine „Nutzungslizenz“, welche sich die meisten Fotografen oder Bildagenturen bezahlen lassen.
Was lizenzfreie oder „royalty free“-Fotos von anderen kostenpflichtigen Fotos unterscheidet, ist nur die Art der Abrechnung. Während bei lizenzpflichtigen Fotos pro Nutzung bezahlt werden muss (Web, Flyer, Plakat, etc.) gibt es bei lizenzfreien Fotos mit dem Kauf das unbeschränkte Nutzungsrecht. Um es vollkommen kompliziert zu machen, ist auch dieses „unbeschränkte Nutzungsrecht“ nicht so unendlich, denn im Kleingedruckten wird zum Beispiel fast immer der Weiterverkauf und andere Nutzungen wie diffamierende Nutzungen untersagt.
Lizenzkostenfrei und freie Lizenzen
Einige Bildagenturen würden den Begriff „lizenzkostenfrei“ statt „lizenzfrei“ vorziehen, weil er korrekter ist. Ein RF-Foto ist ja nicht frei von Lizenzen, sondern nur den von bei anderen Fotos später anfallenden Lizenzkosten. Aber diese haarfeine Unterscheidung bemerken die privaten Bildsucher im Internet nicht. Wenn sie „frei“ oder „free“ lesen, wird das Bild kopiert und damit oft geklaut. Die meisten begehen deshalb Urheberrechtsverletzungen, ohne es zu merken, weil sie das Kleingedruckte nicht beachten.
Während die meisten Bildanbieter sich die Nutzungslizenzen auch von lizenzfreien Fotos bezahlen lassen, gibt es einige Webseiten wie beispielsweise Pixelio, welche ihre lizenzfreien Fotos kostenlos anbieten. So kommt es, dass es manchmal legal ist, ein lizenzfreies Foto ohne Bezahlung zu nutzen und manchmal nicht.
Wer bis jetzt den Überblick behalten hat, halte sich fest: „lizenzfrei“ ist nicht zu verwechseln mit einer „freien Lizenz“. Während letztere wirklich kostenlos zu haben sind, kosten erstere meist Geld.
Wohin führt dieses Begriffschaos?
Viele Internetnutzer sehen nur den Wortteil „frei“ oder „free“ und kopieren Fotos ohne Bezahlung und brechen damit das Gesetz. Drastisch formuliert: Sie begehen eine Straftat, meist ohne es zu merken. Das ist unschön für die Fotografen, denen Einnahmen entgehen und ärgerlich für Bildnutzer, wenn sie nach Wochen oder Monaten eine Abmahnung erhalten und ihnen der Anwalt die feinen Unterschiede erklären muss.
Auch Leute, welche bereit sind, für gute Bilder Geld auszugeben, finden diese verschiedenen Begriffe verwirrend und verzichten im Zweifel auf einen Kauf und machen das Foto selbst.
Deshalb wäre es sinnvoller, einen neuen Begriff statt „royalty free“ oder „lizenzfrei“ zu prägen.
Nur: Wie könnte dieser Begriff lauten? Habt ihr einen Vorschlag?
Wer ein Foto kaufen will, bzw. genauer: Wer ein Foto für etwas lizenzieren will, trifft auf viele Abkürzungen und Begriffe, die Verwirrung stiften können.
Zum Beispiel bedeutet „lizenzfrei“ nicht, dass Fotos kostenlos benutzt werden dürfen und RM bedeutet in der Fotobranche nicht Reichsmark oder Real Media, sondern „rights managed“.
Eine weitere Quelle der Verwirrung will ich heute trockenlegen.
Was ist der Unterschied zwischen „redaktioneller Nutzung“ und „kommerzieller Nutzung“ und warum ist sie so wichtig? Bevor ich diese Frage jedoch beantworte, muss ich darauf hinweisen, dass ich hier keine Rechtsberatung geben kann und darf und deshalb alle Angaben ohne Gewähr sind.
Kommerzielle Nutzung
Wie sich vermuten lässt, ist alles aus dem Bereich „Werbung“ eine kommerzielle Nutzung. Dazu zählen zum Beispiel:
Werbeanzeigen
Partyflyer
Werbeposter
Email-Werbung
Bannerwerbung
Fernsehspots
und so weiter.
Auch der Verkauf von Produkten, bei denen Fotos das Hauptmotiv bzw. der Grund sind, warum das Produkt gekauft wird, ist eine kommerzielle Nutzung. Dazu zählt zum Beispiel:
Verkauf von T‑Shirts, Stickern, Postern, Postkarten, Buttons, Kalendern, Mousepads, Puzzles etc. mit Bildern
Nutzung von Bildern in Webseiten-Templates
und so weiter. Für diese Art von kommerzieller Fotonutzung, bei der das Fotomotiv einer der Hauptgründe des Käufer ist, genau dieses Produkt und kein anderes zu erwerben (ein Poster oder Kalender wird schließlich nicht wegen des glatten Papiers gekauft) wird bei den meisten Bildagenturen meist der Kauf einer „Erweiterten Lizenz“ (auch „Merchandising Lizenz“) verlangt.
Redaktionelle Nutzung
Hier steckt im Namen das Wort „Redaktion“ und daran lässt sich schon erkennen, dass wir uns im journalistischen Bereich bewegen. Im englischsprachigen Raum wird meist von „editorial use“ gesprochen. Eine redaktionelle Nutzung ist gegeben, wenn ein Bild im Rahmen einer redaktionellen Berichterstattung genutzt wird. Das ist überlicherweise der Fall bei:
Zeitungen
Zeitschriften
Schulbücher
Sachbücher
Blogs
Nachrichtensendungen
und so weiter.
Wohlgemerkt jedoch nur im „redaktionellen Teil“ einer Zeitung, nicht als Werbeanzeige in einer Zeitung. Während in traditionellen Medien Redaktionen ihre Texte verfassen und dazu Fotos zur Illustration brauchen, kann heutzutage z.B. auch ein einzelner Blogger Artikel verfassen und die Bebilderung dieser Artikel würde als „redaktionelle Nutzung“ zählen. Die weltweit größte Bildagentur Getty Images definiert die redaktionelle Nutzung in ihren Lizenzbedingungen so: „Redaktionelle Produkte müssen in einer ‚redaktionellen‘ Verwendung eingesetzt werden, d.h. die Verwendung mit Bezug auf Ereignisse, die berichtenswert oder von öffentlichem Interesse sind“. Dieser Bezug auf Ereignisse und das öffentliche Interesse wird von Gerichten mit Blick auf die Pressefreiheit meist sehr weit gedeutet.
Die Getty-Tochter istockphoto definiert „editorial use“ so: „Editorial Use means that the image will be used as a descriptive visual reference“. Übersetzt: Redaktionelle Nutzung bedeutet, dass das Bild als beschreibende visuelle Referenz genutzt wird.
Als Faustregel könnte – zumindest in Deutschland – deshalb gelten: Wer ein Impressum benötigt, nutzt Fotos redaktionell. Eine Grauzone sind Webseiten, welche zwar eine Anbieterkennzeichnung haben müssen, jedoch deshalb nicht automatisch „redaktionell“ sind.
Übliches Missverständnis: Geld verdienen vs. redaktionelle Nutzung
Oft lese ich fälschlicherweise in Internet-Foren, dass sich „kommerzielle“ und „redaktionelle“ Nutzung dadurch unterscheiden würden, dass mit erstgenanntem Geld verdient würde, mit dem zweitgenannten nicht. Das ist jedoch falsch, denn die meisten Zeitschriften kosten Geld und verdienen auch welches, auch wenn sie einen journalistischen Auftrag erfüllen. Im Gegenzug kann auch eine werbliche Nutzung, zum Beispiel für eine Hilfsorganisation eine „kommerzielle Nutzung“ sein, auch wenn der Verein satzungsgemäß kein Geld verdienen darf.
Wer zum Beispiel ein Foto auf einen Flyer drucken will, der zu einer Party einlädt, nutzt das Foto „kommerziell“ egal, ob es eine Flatrate-Sauf-Party ist oder die Einladung für das kostenlose Konzert des Kirchenchors. Beide Male „wirbt“ der Flyer für etwas. Es findet weder eine journalistische Berichterstattung statt noch wird ein Bild als visuelle Referenz genutzt. Letzteres könnte beispielsweise der Fall sein, wenn jemand ein Foto seines Autos nach einem Diebstahl auf Aushänge druckt, um danach zu fahnden.
Zweites Missverständnis: Kommerzielle und redaktionelle Nutzung unterscheidet sich wie RF/RM
RF und RM sind Abkürzungen, die für die Art der Bildlizenzierung stehen: „royalty free“ oder „rights managed“. Diese Begriffe regeln jedoch nur die Art der Bezahlung, aber nicht die der Nutzung.
Zwar war es lange in der Praxis so, dass RM-Fotos vor allem redaktionell benutzt wurden und RF-Fotos meist kommerziell, aber erstens ändert sich das und zweitens war das auch damals nie in Stein gemeißelt. Zum Beispiel wurden und werden für teure Werbekampagnen (=kommerzielle Nutzung) RM-Fotos gekauft, damit Exklusivität gewährleistet ist und einige Zeitschriften kaufen auch zur Bebilderung ihrer Artikel (=redaktionelle Nutzung) RF-Fotos, weil diese manchmal billiger sind (Microstock) oder vom Motiv einfach besser passen.
Warum ist die Unterscheidung der Nutzung wichtig?
Die genaue Trennung zwischen redaktioneller und kommerzieller Nutzung ist wichtig, weil sie in zwei wichtigen Bereichen sehr unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen muss: Rechtlich und moralisch.
Rechtliche Unterschiede
Für eine kommerzielle Nutzung von Bildern sind zum Beispiel bei Personenfotos immer Model-Verträge notwendig, bei markenrechtlich (oder anderweitig) geschützten Dingen Eigentumsfreigaben. Bei redaktioneller Nutzung von Bildern ist das nicht notwendig. Stellt euch nur das Gedränge vor, wenn die Fotoreporter bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus alle die Unterschrift des Präsidenten unter ihre Model-Verträge haben wollen würden… 🙂 Aber im Ernst: Es wäre ein starker Eingriff in die Pressefreiheit, wenn Personen den Abdruck von Fotos verbieten könnten, auf denen sie zu sehen sind, nur weil beispielsweise eine Zeitung kritisch über diese Person berichtet. Deswegen sind Modelverträge im engen Rahmen der redaktionellen Nutzung nicht nötig. Umgekehrt aber dürfen auch Fotos, bei denen Modelverträge vorliegen, redaktionell genutzt werden.
Diese Freiheit, welche Fotojournalisten haben, wenn sie ohne Model-Verträge oder Eigentumsfreigaben arbeiten können, hat jedoch ihren Preis. Dieser lautet: „Journalistische Sorgfaltspflicht“. Das führt uns zur Moral.
Moralische Unterschiede
Die eben erwähnte Sorgfaltspflicht von Journalisten besagt unter anderem, dass Wahrheit eins der obersten Gebote ist. Das bedeutet bei Fotos unter anderem, dass sie nicht gestellt oder retuschiert werden dürfen. Die Nachrichtenagentur Reuters hat deshalb ausführliche Richtlinien, wie Fotos aufgenommen, mit Photoshop bearbeitet und beschriftet werden dürfen oder müssen. Werden diese nicht eingehalten, gibt es sofort aufgebrachte Diskussionen. Oft drehen sich diese um die Frage, wie stark ein Bild beschnitten werden darf. Jeder Fotograf weiß, dass die Bildwirkung eines Fotos stark durch einen Beschnitt beeinflußt werden kann und ein radikaler Beschnitt oft ein langweiliges Foto retten kann. Deshalb ist das Beschneiden von Fotos bei vielen Bildagenturen nicht per se verboten. Nur wenn der Beschnitt die Bildaussage ändern würde, ist er untersagt. Ähnlich strenge Vorgaben hat auch istockphoto an Fotografen, die redaktionelle Fotos liefern wollen.
Vom rechtlichen Standpunkt aus gesehen, kann jedes kommerziell nutzbare Foto auch redaktionell genutzt werden. Moralisch gesehen ist das jedoch oft viel schwieriger, weil die gestellten Model-Fotos mit wegretuschierten Markennamen und Hautunreinheiten eben nicht die Wahrheit wiederspiegeln, der sich sorgfältig arbeitende Medien verpflichten. Das ist auch einer der Gründe, warum die „klassischen“ Stockfotos eher selten in Zeitungen zu finden sind und die spezialisierten Nachrichtenagenturen weiterhin viele Fotos verkaufen können. Wenn Zeitungen trotzdem ein bearbeitetes Foto abdrucken wollen, markieren sie es entweder als „Symbolbild“ oder durch ein „[M]“ für „Fotomontage“, oft zu sehen auf dem Titelbild der tageszeitung.
Unterschiede bei der Namensnennung von Fotografen
Viele Bildagenturen verlangen von Bildkäufern, dass sie bei redaktioneller Nutzung eines Fotos den Namen des Fotografen in der Form „Fotografenname/Agenturname“ angeben. Rechtliche Grundlage für diese Forderung ist der §13 des deutschen Urheberrechts. Darin steht: „Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.“ Fotolia hat dazu einen erklärenden Blogbeitrag geschrieben.
Da viele Zeitungen aus verschiedenen Gründen (Platzmangel, Bequemlichkeit, Lesbarkeit) immer öfter dazu übergehen, nur die Agentur zu nennen, hatte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) vor kurzem die Aktion „Fotografen haben Namen“ gestartet und die „Welt kompakt“ als Zeitung ausgezeichnet, welche ihre Fotos am übersichtlichsten kennzeichnet.
Bei einer kommerziellen Nutzung verzichten viele Urheber bzw. Agenturen auf diese Namensnennung, weil sie nicht branchenüblich ist. Oder wie oft habt ihr Werbeanzeigen gesehen, in denen klein am Rande die Namen der beteiligten Fotografen stehen?
Habt ihr auch Missverständnisse mit den beiden Begriffen redaktionell und kommerziell erlebt? Was für Unterschiede ergeben sich für euch?