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Gast-​Geschichte: Al Quaida™ von Andreas Eschbach

Wenn ich nicht gera­de foto­gra­fie­re, lese ich sehr gern. Mit Abstand mein Lieblingsautor ist dabei Terry Pratchett mit sei­ner Scheibenwelt-​Saga, gefolgt von Klassikern wie Mark Twain, Erich Fried, aber auch Autoren wie T.C. Boyle, John Scalzi und Andreas Eschbach. Von letz­te­rem habe ich den Großteil sei­ner Romane mit Vergnügen gele­sen und mei­ne letz­te Lektüre von ihm war sein Kurzgeschichten-​Band „Eine unbe­rühr­te Welt“*.

Darin befin­det sich auch die Kurzgeschichte „Al QuaidaTM“, wel­che ich sehr gelun­gen fand. Sie kann auf meh­re­ren Ebenen gele­sen wer­den, als Medienkritik oder als Kommentar zum Umgang mit dem Markenrecht. Vor allem letz­te­res fand ich span­nend, weil das ein Punkt ist, der uns Stockfotografen bei der täg­li­chen Arbeit eben­falls oft berührt, wenn wir unzäh­li­ge Logos, Markennamen und erkenn­ba­re Elemente aus unse­ren Bildern retu­schie­ren müs­sen, bevor wir sie zur Lizenzierung anbie­ten können.

Deshalb habe ich den Autor kon­tak­tiert, um die Geschichte für euch – sozu­sa­gen als Weihnachtsgeschenk zum Lesen – zu lizenzieren.

Ich wün­sche euch viel Spaß beim Lesen, fro­he Weihnachten, erhol­sa­me Feiertage und einen guten Rutsch uns Neue Jahr!

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Al QuaidaTM (Andreas Eschbach)

Der »meist­ge­such­tes­te Terroristenführer«, wie ihn man­che Zeitungen eben­so gern wie gram­ma­ti­ka­lisch falsch bezeich­ne­ten, hielt sich nicht wirk­lich in einer unzu­gäng­li­chen Höhle an einem unbe­kann­ten Ort ver­steckt, wie besag­te Zeitungen hart­nä­ckig kol­por­tier­ten. Bei dem Unterschlupf Usama Bin Ladens han­del­te es sich viel­mehr um ein klei­nes Gehöft im stei­ni­gen Niemandsland des Hindukusch, um das her­um Ziegen gras­ten – oder es jeden­falls ver­such­ten – und über dem sich ein wei­ter Himmel von unglaub­li­chem Blau spann­te. Und zumin­dest den Geheimdiensten war die­ser Aufenthaltsort auch nicht ganz so unbe­kannt, wie der Öffentlichkeit gegen­über behaup­tet wur­de. In ganz Afghanistan und Pakistan zusam­men gab es kein Anwesen, auf dem so vie­le Hirten so weni­ge Ziegen hüte­ten – das fiel sogar auf Satellitenbildern auf.

Die Hirten waren in Wirklichkeit natür­lich Wachen, und die kamen eines Tages auf­ge­regt an. Da sei ein Mann, ein ame­ri­kan­ski, und er wol­le den sheikh sprechen!

»Kennen wir ihn?«, frag­te Usama Bin Laden und strich sich nach­denk­lich durch den lan­gen Bart.

»Nein, sheikh. Ein Fremder.«

Der Terroristenführer mit den sanf­ten Augen über­leg­te einen Moment, dann befahl er: »Bringt ihn her. Bleibt an der Tür ste­hen. Wenn ich mich an den Turban fas­se, hier­her« – er zeig­te die Stelle –, »dann erschießt ihn sofort.«

Es wür­de wohl nicht nötig wer­den. Der Mann sah harm­los aus und wirk­te in sei­nem anthra­zit­far­be­nen drei­tei­li­gen Anzug und mit dem dün­nen Aktenkoffer in der Hand aus­ge­spro­chen deplat­ziert in die­ser Gegend der Welt. Er schien eine erheb­li­che Strecke zu Fuß zurück­ge­legt zu haben, jeden­falls waren sei­ne Schuhe stau­big und zer­kratzt, sein Hemd durch­ge­schwitzt, der Kragen ver­färbt und der Anzug an eini­gen Stellen eingerissen.

»Guten Tag, Scheich«, begrüß­te er den Terroristenführer mit einer knap­pen Verbeugung. Sein schwar­zes, geschei­tel­tes Haar kleb­te ihm am Kopf, das jun­gen­haf­te Gesicht wirk­te matt. Er griff in sei­ne Brusttasche (was die Zeigefinger der Wachen an der Tür ner­vös zucken ließ) und brach­te eine Visitenkarte zum Vorschein. »Gestatten Sie? Mein Name ist Waits. Eduard Earnest Waits. Ich bin Rechtsanwalt.«

Usama Bin Laden stu­dier­te die Karte. »Aus Boston, USA.«

»So ist es. Studium in Washington, danach Partner einer New Yorker Sozietät, seit eini­gen Jahren allei­ni­ger Inhaber einer Kanzlei, die sich auf Marken- und Urheberrecht spe­zia­li­siert hat – und dies, wie ich in aller Bescheidenheit hin­zu­fü­gen möch­te, über­aus erfolgreich.«

»Marken- und Urheberrecht«, wie­der­hol­te der Terroristenführer mit nicht gerin­ger Verwunderung. Beinahe hät­te er sich am Kopf gekratzt, unter­ließ es aber recht­zei­tig, weil ihn der Mann zu neu­gie­rig gemacht hat­te, als dass er ein Missverständnis hät­te ris­kie­ren wol­len. »Und was führt Sie dann hier­her, wenn ich fra­gen darf?«

»Ja. Das wür­de ich Ihnen gern erklä­ren. Wenn ich mich vielleicht –«

»Selbstverständlich«, nick­te der Mann mit dem Turban hoheits­voll und deu­te­te ein­la­dend auf die Teppiche vor sich. »Nehmen Sie bit­te Platz.«

»Danke.« Der Anwalt ließ sich merk­lich unge­übt auf den Boden nie­der, zog sei­nen Koffer neben sich und öff­ne­te ihn, was die Wachen ein wei­te­res Mal die Waffen heben ließ. Doch der ame­ri­kan­ski zog nur eini­ge mit bun­ten Diagrammen bedruck­te Papiere her­aus. »Um gleich zum Kern der Sache zu kom­men: Meines Erachtens ist Ihnen, Scheich, nicht in vol­lem Umfang klar, wie viel Geld die Medien über­all auf der Welt mit Ihrem Namen ver­die­nen. Hier habe ich eine Statistik von Absatzzahlen, Einschaltquoten und Werbeeinnahmen, auf­ge­glie­dert danach, ob Ihr Name oder die Bezeichnung al-​Qaida in den Schlagzeilen auf­taucht oder nicht.« Er leg­te das Blatt vor den Terroristenführer hin. »Bitte sehr. Wie Sie sehen, bewir­ken Sie Gewinnsteigerungen von bis zu fünf­zig Prozent. Ohne dass Sie etwas davon hät­ten, wohlgemerkt!«

Usama – der Vorname bedeu­te­te so viel wie »der Löwe« – Bin Laden nick­te. »Das ist der ver­ach­tungs­wür­di­ge Kapitalismus, wie er im Land des Satans gepflegt wird.«

»Kapitalismus, genau.« Der Anwalt nick­te eben­falls. »Was ich Ihnen drin­gend raten möch­te, ist, die Markenrechte an Ihrem Namen sowie an dem von Ihnen popu­lär gemach­ten Begriff al-​Qaida zu erwer­ben. Das wür­de Ihnen ermöglichen –«

Der Terroristenführer hob die Hand. »Sind Sie nur gekom­men, um mir die­sen Vorschlag zu unterbreiten?«

Der Anwalt nick­te. »In der Tat.«

»Dann haben Sie eine gro­ße Mühe ver­ge­bens auf sich genommen.«

»Vielleicht«, erwi­der­te der Mann, »soll­ten Sie mich erst ein­mal aus­re­den las­sen. Es geht nur vor­der­grün­dig um Geld. Sollten Sie, Scheich, geneigt sein, mei­nen Ausführungen noch eini­ge Minuten Ihr Ohr zu lei­hen, wer­den Sie erken­nen, dass es sich beim ame­ri­ka­ni­schen Rechtssystem im Grunde um die wir­kungs­volls­te Waffe han­delt, die es gibt.«

Bei dem Wort »Waffe« hoben sich die aus­drucks­vol­len Augenbrauen des Terroristenführers. Er strich sich mit gespreiz­ten Fingern durch den Bart und sag­te schließ­lich: »Sprechen Sie weiter.«

»Beginnen wir«, erläu­ter­te der Anwalt, sei­ne Ausführungen mit spar­sa­men Gesten unter­strei­chend, »mit Ihrem Namen. Faktisch – und das ist in Fragen des Wettbewerbsrechts von ent­schei­den­der Bedeutung – ist Ihr Name heu­te ein Markenzeichen von hoher Prägungskraft, ver­gleich­bar mit Namen wie Walt Disney, McDonald’s oder Hewlett-​Packard. All dies sind als Markenzeichen ein­ge­tra­ge­ne Namen, die seit­her von Dritten nicht oder nur ein­ge­schränkt ver­wen­det wer­den dür­fen. Bei dem Begriff ›al-​Qaida‹ wird sich mit Aussicht auf Erfolg argu­men­tie­ren las­sen, dass es sich hier­bei um Ihr geis­ti­ges Eigentum han­delt, mit­hin also die Bestimmungen des inter­na­tio­nal gül­ti­gen Urheberrechts zur Anwendung kom­men müs­sen. Sowohl das Wettbewerbswie auch das Urheberrecht – und damit sind wir bei dem Punkt, der für Ihre Anliegen von Interesse ist – erlau­ben es, sich gegen miss­bräuch­li­che Benutzung geschütz­ter Begriffe zur Wehr zu set­zen. Konkret wür­den wir mit Abmahnungen und straf­be­wehr­ten Unterlassungserklärungen gegen alle vor­ge­hen, die die dann Ihnen marken- und urhe­ber­recht­lich gehö­ren­den Begriffe in ent­stel­len­dem, her­ab­wür­di­gen­dem oder sonst­wie zu bean­stan­den­dem Sinne ver­wen­den. Wir wür­den die not­wen­di­gen Prozesse durch­fech­ten, um Schadensersatzzahlungen, Strafgebühren und eben die Unterlassung der­ar­ti­ger Äußerungen zu erreichen.«

»Das hie­ße, wenn jemand etwas über uns und unse­re Absichten berich­tet, das uns nicht gefällt –?«

»Kriegt er einen Prozess an den Hals, dass ihm schwarz vor Augen wird.«

»Das wür­de funktionieren?«

»Ohne Zweifel.« Der Anwalt spreiz­te die Finger. »Was Ihren Namen anbe­langt, ist offen­sicht­lich, dass er von Medien in Gewinnerzielungsabsicht ver­wen­det wird. Zeitungen und Fernsehsender sind schließ­lich kom­mer­zi­el­le Unternehmen und daher kom­mer­zi­el­len Regeln unter­wor­fen. Es ist aller­dings nötig, deren Einhaltung ein­zu­kla­gen – von selbst geschieht es nicht.«

»Und was ist mit dem in Ihrem Land angeb­lich so hoch geschätz­ten«, begann Usama Bin Laden und ver­zog das Gesicht zu einem Ausdruck des Abscheus, »Recht auf freie Meinungsäußerung?«

Der Anwalt unter­zog den Zustand sei­ner Fingernägel einer ein­ge­hen­den Betrachtung. »Nun, ich gebe zu, frü­her wäre das ein Problem gewe­sen. Aber inzwi­schen hat sich in die­ser Hinsicht sehr viel sehr grund­le­gend gewan­delt. Das Markenrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung haben mit­ein­an­der gerun­gen, und das Markenrecht ist dabei, zu gewinnen.«

Der Terroristenführer ließ sich das alles durch den Kopf gehen. »Was ist Ihr Interesse dar­an?«, frag­te er schließ­lich. »Ich mei­ne, was hät­ten Sie davon?«

»Ich arbei­te auf Provisionsbasis. Üblicherweise erhal­te ich drei­ßig Prozent von allen erstrit­te­nen Entschädigungszahlungen.«

Der Mann mit dem Turban strich sich durch den Bart. »Zehn Prozent«, erwi­der­te er.

»Fünfundzwanzig«, schlug der Anwalt vor. »Bedenken Sie, ich muss die Gehälter mei­ner Mitarbeiter bezah­len. Das sind alles hoch­qua­li­fi­zier­te Experten mit ent­spre­chend hoch dotier­ten Anstellungsverträgen.«

»Fünfzehn Prozent«, hielt der Mann mit dem Turban dage­gen. »Wenn das Geschäft so pro­fi­ta­bel ist, wie Sie sagen, machen Sie trotz­dem einen guten Schnitt.«

Sie einig­ten sich schließ­lich auf acht­zehn Prozent. Während Usama Bin Laden die Vollmacht aus­füll­te und unter­schrieb, frag­te er: »Warum machen Sie das? Sie sind doch Amerikaner?«

»In ers­ter Linie«, erwi­der­te Eduard E. Waits, »bin ich Anwalt.«

* * *

Die Kanzlei Eduard E. Waits & Partners bean­trag­te die Eintragung der Namen ›Usama Bin Laden‹ (in allen Schreibweisen der Transkription aus dem Arabischen) sowie ›al-​Qaida‹ (dito, was die Schreibweisen anbe­lang­te) als Markenzeichen im wett­be­werbs­recht­li­chen Sinne.

Die Anträge wur­den abge­lehnt. Daraufhin klag­te die Kanzlei Eduard E. Waits & Partners, sehr zur Erheiterung diver­ser Kommentatoren und Leitartikler füh­ren­der Tageszeitungen.

Doch die USA waren ein Land, in dem man einer Frau Schadensersatz in Millionenhöhe zuge­spro­chen hat­te, weil sie sich sel­ber hei­ßen Kaffee über die Hose geleert hat­te, in dem flüch­ten­de Verbrecher die sie ver­fol­gen­den Polizisten mit Erfolg ver­klagt hat­ten, weil die­se sie unsanft zu Boden gewor­fen hat­ten, und in dem Richter Klägern Glauben geschenkt hat­ten, die beteu­er­ten, nicht gewusst zu haben, dass Rauchen schäd­lich für die Gesundheit sei: War zu irgend­ei­nem Zeitpunkt ernst­haft zu befürch­ten, dass in einem sol­chen Land die Klage eines welt­weit gesuch­ten Terroristenführers auf Eintragung sei­nes Namens als Markenzeichen schei­tern wür­de? Natürlich nicht. Das Verfahren ging durch sämt­li­che Instanzen, und jedes Mal gab das Gericht der Kanzlei Eduard E. Waits & Partners recht. Den Schlussstrich zog eine Entscheidung des Supreme Court: Der Antrag sei rech­tens, ihm sei stattzugeben.

Ein Kommentator mein­te, nun sei wohl damit zu rech­nen, dass mas­sen­haft T‑Shirts, Kaffeetassen und Bettwäsche mit dem Konterfei des bär­ti­gen Hasspredigers auf den Markt kämen, und er sei gespannt auf die Reaktion des ame­ri­ka­ni­schen Verbrauchers darauf.

Ein Late-​Night-​Showstar pro­phe­zei­te, nun wür­den die Erben Che Guevaras auch vor ame­ri­ka­ni­sche Gerichte zie­hen und im Nachhinein Lizenzgebühren in Millionenhöhe für die zahl­lo­sen Plakate des bär­ti­gen Revoluzzers ver­lan­gen, die seit den Sechzigern die Wände von Studentenbuden geziert hatten.

Sie irr­ten sich beide.

* * *

Kurz dar­auf kam es zu dem Anschlag auf die U‑Bahn von Kopenhagen. In der Station Christianshavn explo­dier­ten zwei Bomben, meh­re­re Dutzend Menschen star­ben, vie­le Hundert wur­den ver­letzt, und auf Überwachungsvideos iden­ti­fi­zier­te man Angehörige einer isla­mis­ti­schen Terrorzelle als Urheber des Attentats. Reporter aus aller Welt drän­gel­ten sich in dem viel zu klei­nen Presseraum der däni­schen Staatsanwaltschaft, jede sich öff­nen­de Tür auf den Fluren davor zog ein Blitzlichtgewitter nach sich, und eine Flut von E‑Mails und Telefonaten spül­te die aktu­ells­ten Nachrichten in die Redaktionen von Zeitungen und Fernsehsendern über­all auf dem Planeten.

Nachrichten, in denen die Bezeichnungen ›al-​Qaida‹ und ›Usama Bin Laden‹ frei­zü­gig ver­wen­det wur­den, wie man sich den­ken konnte.

Auch Eduard E. Waits dach­te sich das. Deswegen klin­gel­te er auf die ers­te Meldung hin sein gesam­tes Kanzleipersonal aus dem Bett und eine Hundertschaft Richter dazu, und inner­halb weni­ger Stunden gin­gen bei allen nam­haf­ten Zeitungen, Sendern und sons­ti­gen Medien einst­wei­li­ge Verfügungen ein, wonach jeg­li­che Berichterstattung über den Anschlag von Kopenhagen zu unter­las­sen sei, inso­weit dar­in mit Gewinnerzielungsabsicht Gebrauch von besag­ten mar­ken­recht­lich geschütz­ten Bezeichnungen gemacht wer­de, unter Androhung von Ordnungsgeldern sowie Ordnungshaft in schwe­ren Fällen.

Die Reaktionen dar­auf fie­len unter­schied­lich aus. Manche Zeitungen brach­ten vor­sichts­hal­ber erst ein­mal nur neu­tral gehal­te­ne Berichte, ande­re Medien igno­rier­ten die Verfügungen und räum­ten mit groß auf­ge­mach­ten Berichten ab. Die Inhaber der Letzteren waren es, die sich kurz dar­auf vor Gericht wie­der­fan­den und mit detail­lier­ten Aufstellungen kon­fron­tiert sahen, wie viel Gewinn sie mit der wider­recht­li­chen Verwendung geschütz­ter Markenzeichen erzielt hat­ten: Der Vergleich mit den Absatzzahlen und Einschaltquoten jener Zeitungen und Sender, die den vor­sichts­hal­ber erlas­se­nen einst­wei­li­gen Verfügungen gefolgt waren, ermög­lich­te eine über­zeu­gen­de Vergleichsrechnung. So folg­ten die Gerichte in den meis­ten Fällen den Anträgen der kla­gen­den Partei und ver­ur­teil­ten die beklag­ten Medien zur nach­träg­li­chen Zahlung von Lizenzgebühren und dar­über hin­aus zu Geldstrafen wegen Verstoßes gegen das Marken- und Urheberrecht sowie Zuwiderhandlung gegen eine rechts­gül­ti­ge einst­wei­li­ge Verfügung.

Die betrof­fe­nen Zeitungen und Sender reagier­ten dar­auf­hin damit, nicht mehr über den Terroranschlag zu berich­ten, son­dern statt­des­sen über das Tun und Treiben der Kanzlei E. E. Waits & Partners. »Der Anwalt des Teufels« lau­te­te die Schlagzeile einer Illustrierten, in der es Eduard E. Waits auf die Titelseite schaffte.

Doch wie sich kurz dar­auf her­aus­stell­te – die Reporter hat­ten ver­ges­sen, dies zu recher­chie­ren –, hat­te sich Waits in klu­ger Voraussicht auch der Markenrechte an sei­nem eige­nen Namen ver­si­chert und ver­klag­te die betref­fen­den Zeitschriften und Fernsehmagazine sei­ner­seits wegen uner­laub­ter Verwendung, miss­bräuch­li­cher und dis­kri­mi­nie­ren­der Darstellung und so wei­ter. Die Anklageschrift umfass­te sechs­hun­dert Seiten, und die beklag­ten Parteien gin­gen mit Pauken und Trompeten ein zwei­tes Mal unter.

Als die nächs­te Bombe hoch­ging, geschah dies irgend­wo in England. Genaueres erfuhr die Öffentlichkeit aber nicht mehr, denn im Handumdrehen waren in allen Redaktionen wie­der einst­wei­li­ge Verfügungen eingetroffen.

Und das war nur der Anfang.

* * *

Der Chefredakteur des SVENSKA DAGBLADET schau­te noch ein­mal unauf­fäl­lig auf sei­nen Notizblock, als der jun­ge Reporter her­ein­kam, schüch­tern grüß­te und artig die Tür hin­ter sich zumach­te. Sven Söderström hieß er. Hatte vor drei Wochen ange­fan­gen, frisch von der Journalistenschule. Höchste Zeit, ihm das bei­zu­brin­gen, was sie an den Schulen offen­bar ver­säumt hatten.

»Es geht um den Artikel für die mor­gi­ge Ausgabe«, erklär­te er dem blon­den jun­gen Mann, der ihn mit kanin­chen­haf­tem Blick ansah. »Über die Explosion in Malmö, die Sie als Terroranschlag beschreiben –«

»Ja. Ist Fakt. Ganz ohne Zweifel«, nick­te der jun­ge Mann hef­tig. Er glüh­te förm­lich vor Begeisterung. »Der ers­te Terroranschlag seit lan­gem. Eine Sensation! Wenn wir damit auf­ma­chen, ist die mor­gi­ge Auflage im Nu ausverkauft –«

»Eins nach dem ande­ren«, unter­brach ihn der Chefredakteur. »Darf ich fra­gen, wie Sie zu der Annahme kom­men, dass es sich um eine Bombe handelte?«

»Ich habe mit den Leuten von der Spurensicherung gespro­chen. Die sagen, dar­an bestehe kein Zweifel.«

»Hmm«, mach­te der Chefredakteur. »Und was ver­an­lasst Sie, zu schrei­ben, es sei ein Terroranschlag?«

»Die Polizei hat ein ent­spre­chen­des Bekennerschreiben erhal­ten. Der Anschlag galt einem islam­kri­ti­schen Regisseur. Der war aller­dings gar nicht da; er nimmt in den USA gera­de einen Filmpreis ent­ge­gen. Hätten die Täter übri­gens aus dem Internet erfah­ren können.«

»Hmm«, mach­te der Chefredakteur wie­der. Schade, er hat­te gehofft … Es war immer schwer, einem jun­gen, auf­stre­ben­den Kollegen die Illusionen über ihren Beruf neh­men zu müs­sen. Insbesondere in letz­ter Zeit.

»Die Sache ist die«, begann er wider­stre­bend, »dass unser Haus seit gerau­mer Zeit die Linie ver­folgt, grund­sätz­lich nicht mehr über Terroranschläge zu berich­ten. Die Explosion: Ja. Dass es eine Bombe war: Eventuell. Aber dass Terroristen dahin­ter­ste­cken: No way. Terroristen kom­men in unse­rem Blatt nicht mehr vor.«

Dem jun­gen Reporter fie­len fast die Augen aus dem Kopf. »Wie bit­te? Wieso das denn?«

Der Chefredakteur seufz­te. »Das letz­te Mal, als wir über Terrorismus berich­tet haben – das war vor Ihrer Zeit, ich weiß nicht, ob Sie es mit­be­kom­men haben …«

»Die Artikelserie über al-​Qaida? Zum Jahrestag des 11. September? Klar. Kenne ich. Habe ich aufbewahrt.«

Der Chefredakteur seufz­te ein zwei­tes Mal. »Nun – wir hat­ten nicht beach­tet, dass ›Usama Bin Laden‹ und ›al-​Qaida‹ damals schon in den USA ein­ge­tra­ge­ne Marken waren. Was uns das an Strafen, Gerichtskosten, Anwaltshonoraren und Lizenzgebühren gekos­tet hat, wol­len Sie nicht wis­sen, glau­ben Sie mir.«

»Sie mei­nen, Sie muss­ten Gegendarstellungen brin­gen?« Der jun­ge Reporter schnapp­te nach Luft. »Von Usama Bin Laden?«

»Keine Gegendarstellungen.« Der Chefredakteur schüt­tel­te betrübt das Haupt. »Das wäre ja Presserecht. Nein – wir durf­ten über­haupt nichts brin­gen. Das ist Markenrecht. Das neue jedenfalls.«

»Aber …« Sein jun­ges Gegenüber ver­stand die Welt nicht mehr. »Aber das ist doch ame­ri­ka­ni­sches Recht! Was geht uns das an?«

Der Chefredakteur schob die Ausdrucke des Artikels wie­der zusam­men. »Ich woll­te es erst auch nicht glau­ben, aber in den letz­ten Jahren ist es anschei­nend üblich gewor­den, dass irgend­wel­che Länder sich anma­ßen, ihr Recht auf der gan­zen Welt durch­zu­set­zen. Jedenfalls hat mich der Herausgeber ange­ru­fen und zur Schnecke gemacht, und er wie­der­um ist vom Premierminister ange­ru­fen und zur Schnecke gemacht wor­den, und des­halb« – er reich­te die Papiere über den Tisch – »wird kein Artikel über Terrorismus mehr in die­sem Blatt erschei­nen, solan­ge ich auf mein Gehalt ange­wie­sen bin.«

»Aber das ist ja …« Der jun­ge Mann war blass vor Entrüstung. Ach, die Jugend und ihre Ideale! So war er auch ein­mal gewe­sen. »Und was ist mit der Pressefreiheit? Unserem Informationsauftrag? Der Presse als vier­ter Gewalt?«

»Ich schla­ge vor, Sie den­ken jetzt erst ein­mal dar­über nach, inwie­weit Sie auch auf Ihr Gehalt ange­wie­sen sind«, ent­geg­ne­te der Chefredakteur. »Und dann schrei­ben Sie den Artikel noch ein­mal. Und das alles bis sieb­zehn Uhr, wenn möglich.«

Der jun­ge Mann schluck­te. Sven Söderström war den Unterlagen zufol­ge frisch ver­hei­ra­tet und hat­te einen fünf Monate alten Sohn. »Aber was soll ich denn schrei­ben über die Hintergründe der Tat?«, frag­te er schließlich.

»Schreiben Sie ein­fach«, riet ihm der Chefredakteur, »dass der Täter ver­mut­lich geis­tes­ge­stört war.« Er ver­zog das Gesicht. »Das ist ja zumin­dest nicht falsch.«

* * *

Einige Monate spä­ter erhielt Eduard E. Waits einen Anruf des Terroristenführers, über eine Telefonleitung von bemer­kens­wert guter Qualität, wenn man bedach­te, über wie vie­le Satelliten und Zwischenschaltungen sie gehen musste.

»Mister Bin Laden!«, rief der Anwalt. »Wie geht es Ihnen? Haben Sie die Gelder erhal­ten?« Er hat­te den kom­pli­zier­ten Finanznetzwerken der Terrororganisation inzwi­schen einen drei­stel­li­gen Millionenbetrag an Entschädigungszahlungen anvertraut.

»Ja, ja, das hat alles funk­tio­niert. Deswegen rufe ich nicht an; Geld haben wir sowie­so mehr als genug«, erklär­te der Anrufer. »Es geht um das, was Sie tun. Ich habe gehört, dass Sie neu­er­dings auch Zeitungen ver­kla­gen, wenn die bloß das Wort ›Terror‹ oder ›Anschlag‹ verwenden –«

»Richtig. Das ist not­wen­dig, um Ihre Marke zu schüt­zen«, bestä­tig­te der Anwalt. »Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie auf­ge­weicht wird, wie man sagt, und ver­lo­ren geht. In Ihrem Fall ist es so, dass Sie als welt­weit füh­ren­de Terrororganisation als haupt­säch­li­che gestal­te­ri­sche Kraft die­ser Art Unternehmungen zu betrach­ten sind, sodass hier bereits das Urheberrecht grei­fen muss, um Ihre Investitionen in die­ses Gebiet und Ihr geis­ti­ges Eigentum an den zugrun­de lie­gen­den Konzepten und Verfahrensweisen zu schüt­zen. Oder ein­fach gesagt: Wenn es Sie und Ihre Organisation nicht gäbe, wären Terroranschläge aller Art viel weni­ger berich­tens­wert und damit gewinn­stei­gernd, als sie es heu­te sind – unab­hän­gig davon, ob ein Anschlag im Einzelfall von Ihren Leuten aus­ge­führt wur­de oder nicht.«

»Das ist ver­rückt«, sag­te der Mann am ande­ren Ende der Leitung.

»Das ist ame­ri­ka­ni­sches Recht«, erwi­der­te Edward E. Waits.

»Hören Sie, so habe ich mir das nicht vor­ge­stellt«, kam es aus dem Hörer. »Die meis­ten Zeitungen und Fernsehsender wagen es inzwi­schen über­haupt nicht mehr, über die Hintergründe unse­rer Aktionen zu berich­ten. Das macht alles sinn­los. Was bringt es, Dutzende von Leuten in die Luft zu spren­gen, wenn nach­her nie­mand davon erfährt?«

»Wieso? Man erfährt es doch. ›Explosion in Kandahar tötet 23 Menschen.‹ Ich habe die Zeitung vor mir liegen.«

»Ja, aber da steht nicht, dass es ein Anschlag war«, heul­te die wei­che Stimme des Terroristenführers auf. »Wer das liest, muss ja den­ken, es sei ein­fach eine Gasleitung explo­diert oder so was.«

»Ich kann den Zeitungen nicht vor­schrei­ben, was sie berich­ten sol­len. Ich bin schon froh, dass ich ihnen bestimm­te Berichte ver­bie­ten kann.«

Die Stimme im Telefon mur­mel­te etwas, das wie ein ara­bi­scher Fluch klang. »Sie ver­ste­hen nicht. Für uns … Gotteskrieger ist die Presse ein Verbündeter. Wir füh­ren Anschläge aus, um Angst und Schrecken zu ver­brei­ten – aber für die­se Verbreitung sind wir auf die Medien ange­wie­sen! Wenn die Medien es auf­grund Ihrer Aktivitäten gar nicht mehr wagen, zu berich­ten, dann funk­tio­niert das alles nicht mehr. Ein Bombenattentat, über das nicht berich­tet wird …« Er rang nach Worten. »Das ist, als hät­te es über­haupt nicht statt­ge­fun­den. Da kann man das Bombenwerfen genau­so gut sein lassen!«

Ein Beobachter die­ses Telefonats hät­te den Anflug eines Lächelns gese­hen, das über Eduard E. Waits’ Gesicht husch­te. Für einen win­zi­gen Moment. Dann fuhr der Anwalt fort: »Nun, wenn Sie das sagen …«

»Ich brau­che die west­li­chen Medien. Al-​Jazeerah und ein paar Blätter in Palästina, Syrien und so wei­ter berich­ten wie gehabt, ja. Aber auf CNN kommt nichts mehr! Das beein­druckt die Jugend nicht! Wenn das so wei­ter geht, krie­gen wir ernst­haf­te Nachwuchsprobleme!«

»Ich ver­ste­he«, sag­te Eduard E. Waits.

»Sie müs­sen auf­hö­ren mit all dem«, ver­lang­te der Mann am ande­ren Ende der Telefonverbindung. »Sofort. Unsere Abmachung ist ab sofort null und nichtig.«

Eduard E. Waits hob die Augenbrauen und erklär­te förm­lich: »Sie wer­den ver­ste­hen, dass ich ein mir erteil­tes Mandat nicht auf Grund eines Telefonanrufs been­den kann. Ich kann ja nicht davon aus­ge­hen, dass Sie tat­säch­lich der sind, der Sie zu sein behaupten.«

»Sie wis­sen genau, dass ich es bin. Wer sonst wüss­te über alles Bescheid?«

»Sie miss­ver­ste­hen mich, Mister Bin Laden. Das liegt nicht in mei­nem Ermessen. Ich bin, was die dies­be­züg­li­che Vorgehensweise anbe­langt, an die Standesregeln mei­nes Berufes gebun­den. Würde ich tun, was Sie ver­lan­gen, wür­de ich mich des Vertrauensmissbrauchs schul­dig machen und mei­ne Zulassung als Anwalt verlieren.«

»Aber Sie müs­sen damit aufhören!«

»Das kann ich tun, aber ich fürch­te, dazu müss­ten Sie sich in mei­ne Kanzlei bemü­hen, um die Vollmacht hier vor Zeugen zu widerrufen.«

»Sie wis­sen genau, dass das unmög­lich ist. Man wür­de mich sofort verhaften.«

»Ich gebe zu, das ist ein Problem. Aber immer­hin wäre ich danach nicht mehr ver­pflich­tet, die Berichterstattung über Ihre Festnahme, Ihren Prozess und Ihre Hinrichtung, zu der es ver­mut­lich kom­men wür­de, gericht­lich unter­sa­gen zu lassen.«

»Das ist doch Unsinn. Sie müs­sen wie­der zu mir kommen.«

»Ich fürch­te, das wird sich so schnell nicht ein­rich­ten las­sen. Sie müs­sen ver­ste­hen – dazu habe ich auf­grund Ihres Mandats ein­fach viel zu viel zu tun.«

* * *

Einige Wochen spä­ter betrat ein bär­ti­ger Mann, der sech­zig Jahre oder älter sein moch­te und einen Anzug paki­sta­ni­scher Machart trug, das Büro der Kanzlei E. E. Waits & Partners. Er wies ein umfang­rei­ches Schreiben vor, das ihn als bevoll­mäch­tig­ten Abgesandten Usama Bin Ladens aus­wies, berech­tigt, in sei­nem Namen zu spre­chen und Abmachungen zu treffen.

Rechtsanwalt Eduard E. Waits prüf­te die Dokumente genau. Es hat­te alles sei­ne Richtigkeit. Also emp­fing er den Besucher in sei­nem gro­ßen, reprä­sen­ta­tiv ein­ge­rich­te­ten Büro, in dem der Blick aus zwei gro­ßen Fenstern weit über die City von Boston ging. An einer Wand prang­te ein in Gold gerahm­tes Porträt eines Mannes, der Eduard E. Waits ähn­lich sah, aber etwas älter war. Die gegen­über­lie­gen­de Wand wur­de von einem dun­kel­blau­en Vorhang ver­bor­gen. Hinter dem wuch­ti­gen Ledersessel des Anwalts hin­gen Urkunden, Sportabzeichen und ein abge­nutz­ter Baseball-Schläger.

Der grei­se Mann nahm in dem ange­bo­te­nen Sessel Platz und erklär­te ohne Umschweife: »Sie wis­sen, wes­we­gen ich kom­me. Scheich Usama Bin Laden hat mich beauf­tragt und bevoll­mäch­tigt, die Vereinbarung, die zwi­schen ihm und Ihnen getrof­fen wur­de, zu widerrufen.«

Eduard Earnest Waits fal­te­te die Hände. »Das habe ich mir gedacht.«

»Ich soll Ihnen außer­dem aus­rich­ten«, fuhr der Besucher fort, »dass Scheich Usama Bin Laden das Gefühl hat, von Ihnen hin­ter­gan­gen wor­den zu sein. Er glaubt, dass Sie ihm Ihren Plan ein­zig und allein des­halb unter­brei­tet haben, um Geld zu verdienen.«

Eduard Earnest Waits nick­te gelas­sen. »Auch das habe ich mir gedacht.«

»Ich soll Ihnen dar­über hin­aus sagen, dass …« Der alte Mann zöger­te. »Sind wir hier unter uns?«

Eduard Earnest Waits nick­te wie­der. »Sie kön­nen ganz offen spre­chen. Nichts, was in die­sem Raum gespro­chen wird, ver­lässt ihn. Alles ande­re wäre ein Verstoß gegen die anwalt­li­che Schweigepflicht.«

»Gut«, sag­te der Besucher. »Also – ich soll Ihnen sagen, dass Ihr Verhalten unwür­dig ist und geahn­det wer­den wird.«

Eduard Earnest Waits nick­te ein drit­tes Mal. »Ich will eben­falls ganz offen mit Ihnen spre­chen. Erstens: Ich wer­de Ihren Besuch igno­rie­ren und wei­ter­ma­chen wie bisher –«

»Aber –«, begehr­te der Besucher auf.

»Zweitens«, fuhr Eduard Earnest Waits fort, »irrt sich Ihr Auftraggeber, was mei­ne Motive anbelangt.«

Er stand auf und zog den Wandvorhang bei­sei­te. Dahinter hing ein gerahm­tes Foto, das das bren­nen­de World Trade Center zeigte.

»Im Jahre 2001«, fuhr er fort, »gehör­te ich der Sozietät Wayne, Miller and Partners an, die ihren Sitz im 99. Stockwerk des Gebäudes hat­te, das Sie hier bren­nen sehen. Mein Bruder – des­sen Porträt Sie hier drü­ben sehen – gehör­te eben­falls die­ser Sozietät an. Die meis­ten Partner waren mei­ne Freunde. Ich war der Einzige, der am Morgen des 11. September nicht im Büro war. Ein Termin beim Zahnarzt hat mir das Leben gerettet.«

»Oh«, sag­te der Besucher leise.

»Nach die­sem Tag«, fuhr Eduard E. Waits fort, »tat ich mehr oder weni­ger das­sel­be wie unser dama­li­ger Präsident – ich beschloss, den Terror zu bekämp­fen. Doch wäh­rend unser Präsident sich, wie wir heu­te wis­sen, unwirk­sa­mer Mittel bedien­te und ungang­ba­re Wege beschritt, such­te ich nach einer ande­ren Strategie.«

Er kehr­te hin­ter sei­nen Schreibtisch zurück. »Zunächst beweg­ten sich mei­ne Vorstellungen eher in kon­ven­tio­nel­len Bahnen – Rechtsbeistand für Terroropfer, Beschlagnahme von finan­zi­el­len Mitteln und der­glei­chen –, doch dann kam es zu dem Anschlag von Madrid. Hunderte Tote. Ein Massaker.« Er lehn­te sich zurück. »Und ich bekam davon über­haupt nichts mit.«

Der bär­ti­ge Pakistani schnapp­te nach Luft. »Was? Aber wie ist das –?«

»Ich befand mich damals auf einem zwei­wö­chi­gen Urlaub in den Rocky Mountains. Nur ich, ein Rucksack, ein Gewehr und end­lo­se Wälder. Ich muss­te vor einem Bären aus­rei­ßen, ver­lief mich mehr­mals und trank Wasser aus Wildbächen. Und als ich zurück in die Zivilisation kam, stell­te ich fest, dass ich einen Terroranschlag ver­passt hat­te.« Der Anwalt fal­te­te die Hände. »Weil mich kei­ner­lei Nachrichten erreicht hat­ten. Erstaunlich, nicht wahr? Ich begann, mich zu fra­gen, was wohl aus dem Terrorismus wer­den wür­de, wenn alle Zeitungen, Fernsehsender und so wei­ter über­ein­kä­men, nicht mehr dar­über zu berichten.«

Der grei­se Mann im Besuchersessel hör­te ihm schwei­gend zu, mit Augen, in denen Angst stand. Angst vor dem Zorn sei­nes Auftraggebers, vermutlich.

»Eine illu­so­ri­sche Vorstellung, dach­te ich zunächst«, fuhr Eduard E. Waits fort. »Auf frei­wil­li­ger Basis nie­mals zu errei­chen. Doch muss­te es denn auf frei­wil­li­ger Basis gesche­hen?« Er lächel­te kalt. »Als ich Mister Bin Laden gegen­über sag­te, das ame­ri­ka­ni­sche Rechtssystem sei die wir­kungs­volls­te Waffe, die es gibt, hat er ein­fach nicht ver­stan­den, dass ich von Anfang an vor­hat­te, sie gegen ihn zu rich­ten. Das ist alles.«

© 2007 Andreas Eschbach

Auszug aus:

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Kriterien zur Auswahl von Imagebildern (Gastartikel)

Zwei Mal schon habe ich vom Buch „Grafik und Gestaltung“ des Grafikers Markus Wäger geschwärmt. Damit ihr euch selbst vom Inhalt über­zu­gen könnt, hat mir Markus erlaubt, eine Leseprobe zu ver­öf­fent­li­chen und ich habe mir die Kapitel 5.3.5 und 5.3.6 raus­ge­sucht, die mei­ner Meinung nach für uns Stockfotografen direkt hilf­reich sind. Ich habe aber nicht alle Bilder über­nom­men, weil das zuviel gewe­sen wäre. Los geht’s, ab hier schreibt Markus:

Kriterien zur Auswahl von Imagebildern

Ich kann kei­ne ver­bind­li­chen Rezepte für die Auswahl per­fekt funk­tio­nie­ren­der Imagebilder lie­fern. Gerade wenn Menschen im Bild sind, sind die Emotionen, die sie aus­lö­sen, von Betrachter zu Betrachter ver­schie­den. Genau wie jeder ande­re Mensch reagie­re auch ich sub­jek­tiv auf die abge­bil­de­ten Personen und es ist nicht unwahr­schein­lich, dass Sie hier Bilder von Personen fin­den, die ich als beson­ders anspre­chend emp­fin­de, die Ihnen unsym­pa­thisch sind. Ich kann aber ein paar Kriterien nen­nen, die ich zur Auswahl von Bildern her­an­zie­he und die Sie als Basis für Ihre Bildbeurteilungen nut­zen kön­nen. Wie so oft gilt : Schon die bewuss­te Auseinandersetzung mit einem Gestaltungsaspekt wird Sie zu bes­se­ren Resultaten führen.

Authentizität der Darsteller | Sind die Typen glaub­wür­di­ge Charaktere ? Nehmen Sie Ihnen ihre Rollen ab ? Kann sich Otto Normalverbraucher bezie­hungs­wei­se die anvi­sier­te Zielgruppe mit ihnen iden­ti­fi­zie­ren? Auch wenn das Gesicht eines ein­ge­kauf­ten Imagebildes für die Mitarbeiter des Unternehmens steht, soll­te der Typ glaub­wür­dig sein und nicht zu sehr wie ein geschnie­gel­tes Modell daher kom­men. Nichts gegen gestyl­te Modelle, doch nicht jede Kommunikationsaufgabe lässt sich mit Ihnen authen­tisch illus­trie­ren. Die Professionalität der Modelle hin­ge­gen ist Um und Auf. Nur Profis spie­len ihre Rollen glaub­wür­dig ; mit Laien ist Authentizität schwer zu errei­chen. Es geht vor allem dar­um, wie natür­lich eine Szene insze­niert ist und das gelingt mit pro­fes­sio­nel­len Modellen oft glaub­wür­di­ger als mit ech­ten Personen.

Abb. 5.98: Für die Betriebe meiner Region ein glaubwürdiges Imagebild (© Goodluz/Shutterstock)
Abb. 5.98: Für die Betriebe mei­ner Region ein glaub­wür­di­ges Imagebild (© Goodluz/​Shutterstock)

Passend zu Region und Branche | Als Bewohner einer etwas länd­li­che­ren Region mit Auftraggebern aus klei­nen und mitt­le­ren Betrieben gestal­tet sich für mich die Suche nach pas­sen­den Imagebildern bei Agenturen oft schwie­rig. Es domi­nie­ren Business People mit Anzug und Krawatte. Für London, Mailand oder Frankfurt wohl pas­send, doch hier im Vorarlberger Rheintal tra­gen nur Banker Anzug und Krawatte bezie­hungs­wei­se Leute die einen Termin bei der Bank haben. Ansonsten ist die Geschäftswelt hier hemds­är­me­li­ger und die Leute sind meist leger geklei­det. 90 % der Businessbilder sind für mei­ne Gestaltungsaufgaben des­halb unbrauch­bar – ein Problem, das wohl die meis­ten Gestalter tei­len, die abseits von Ballungszentren arbei­ten oder aber auch städ­ti­sche Kunden abseits vom Big Business betreuen.

Abb. 5.99: Weniger authentisch, wo ich lebe und arbeite (© michaeljung/Shutterstock)
Abb. 5.99: Weniger authen­tisch, wo ich lebe und arbei­te (© michaeljung/​Shutterstock)
Abb. 5.100: Blicken die Personen zur Kamera, ist Lächeln glaubhaft. ( (© Pressmaster/Shutterstock)
Abb. 5.100: Blicken die Personen zur Kamera, ist Lächeln glaub­haft. ( (© Pressmaster/​Shutterstock)

Ausdruck | Ein zwei­tes Problem neben omni­prä­sen­ten Business-​Uniformen stellt das unver­meid­lich brei­te Lächeln der ‑Modelle dar. Wirklich gute Models schaf­fen es zwar auf Kommando das natür­lichs­te Lächeln der Welt ins Gesicht zu zau­bern und bei Motiven die ganz offen­sicht­lich im Stile eines Porträt- oder Gruppenfotos insze­niert sind (Abb. 5.100) geht das wohl auch in Ordnung. Doch wenn vier Personen vor einem iPad sit­zen und grin­sen (Abb. 5.101), dann sind sie nicht an der Arbeit, son­dern schau­en sich ein Filmchen auf Youtube oder die Urlaubsfotos des Mannes mit dem Tablett in der Hand an. Was wür­den Sie von Leuten den­ken, die mit Ihnen am Besprechungstisch sit­zen und pau­sen­los grund­los vor sich hin grins­ten ? Genau ! Deshalb suche ich in den Gesichtern der Modelle zur Situation pas­sen­de Gesichtsausdrücke – freund­lich : meis­tens ja ; breit grin­send : das muss zur Szene passen.

Abb. 5.101: Ist das eine authentische Projektbesprechung? (© Edyta Pawlowska/Shutterstock)
Abb. 5.101: Ist das eine authen­ti­sche Projektbesprechung? (© Edyta Pawlowska/​Shutterstock)
Abb. 5.102: Direkter Blick (inklusive eines Lächelns) (© Mila Atkovska/Shutterstock)
Abb. 5.102: Direkter Blick (inklu­si­ve eines Lächelns) (© Mila Atkovska/​Shutterstock)

Blickrichtung | Über die Wirkung direk­ten Blickkontakts und wie man von der Kamera abge­wand­te Blicke nut­zen kann haben wir uns bereits unter­hal­ten. Abbildung 5.102 zeigt dazu noch ein­mal ein star­kes Motiv, näm­lich ein nied­li­ches Tierkind. Verstärkt wird die Bildwirkung durch den Eindruck der Hund läch­le, was ihm mensch­li­che Züge ver­leiht, ohne sei­ne Niedlichkeit zu unter­gra­ben. Abbildung 5.103 zeigt wie viel Kraft das Bild ein­büßt, wenn der­sel­be Hund nicht mehr in die Kamera blickt.

Abb. 5.103: Der Blick zur Seite schwächt die Wirkung (© Mila Atkovska/Shutterstock)
Abb. 5.103: Der Blick zur Seite schwächt die Wirkung (© Mila Atkovska/​Shutterstock)

Kindchenschema | Noch mehr Kraft als nied­li­che Tierkinder haben natür­lich knuddli­ge Menschenkinder. Das Gesicht eines Babys ist ein Schlüsselreiz dem wir uns nicht ent­zie­hen kön­nen : Große Augen, Pausbäckchen, Stupsnase, klei­nes Kinn, gro­ßer Oberkopf. Vor allem Tiere die mehr oder weni­ger deut­lich die­sem Schema ent­spre­chen emp­fin­den wir als nied­lich. Dem fol­gend sind auch Comic Figuren gezeich­net indem die­se typi­schen Merkmale betont wer­den, jeden­falls so lan­ge es um die guten Charaktere geht. Bei Bösewichten kann man das schon ein­mal umkehren.
Abbildung 5.105 und 5.106 demons­trie­ren ein wei­te­res mal den Unterschied der Bildwirkung ob das Subjekt – das Kleinkind – in die Kamera sieht und damit dem Betrachter in die Augen, oder ob der Blick zur Seite gerich­tet ist.

Es gibt natür­lich immer Gründe sich für Aufnahmen zu ent­schei­den, bei denen das Modell nicht zur Kamera blickt. Neben des Potenzials die Blickrichtung des Protagonisten zu nut­zen, um Botschaften mar­kant zu plat­zie­ren, ver­mit­teln Bilder, auf denen der Blick und damit das Interesse nicht der Kamera gilt, eher den Eindruck, eine rea­le Szene zu beob­ach­ten und nicht eine gestellt – Aufnahmen kön­nen so also an Authentizität gewin­nen. Blickt das Modell zu Kamera ist klar, dass es die Kamera gese­hen hat und für das Foto posiert – wahr­schein­lich sag­te der Fotograf : »Hier ist das Vögelchen.« Und : »Say Cheese.«

Abb. 5.107: Visionärer Blick (© PT Images/Shutterstock)
Abb. 5.107: Visionärer Blick (© PT Images/​Shutterstock)

Der in die Ferne gewand­te Blick (Abb. 5.107) kann etwas Visionäres ver­mit­teln – den Blick in die Zukunft oder Weisheit. Doch auch hier kommt es auf den Charakter des Blicks und der Aufnahme an. Bei Abbildung 5.108 scheint mir das Modell eher durch irgend­et­was im Garten von der eigent­li­chen Aufnahme abge­lenkt zu sein.

Abb. 5.108: Der Blick wirkt hier vor allem abgelenkt. (© Natalia Hirshfeld/Shutterstock)
Abb. 5.108: Der Blick wirkt hier vor allem abge­lenkt. (© Natalia Hirshfeld/​Shutterstock)

Üblicherweise soll­te man die Leserichtung berück­sich­ti­gen, wenn der Blick in die Ferne den visio­nä­ren Blick in die Zukunft ver­mit­teln soll – Blickrichtung nach links wird eher rück­wärts­ge­wandt emp­fun­den (Abb. 5.109), wäh­rend der Blick nach rechts nach vor­ne geht und somit als in die Zukunft gerich­tet asso­zi­iert wird (Abb. 5.10).

Bildstil | Neben die­sen inhalt­li­chen Fragen zu Authentizität, Ausdruck und Blickrichtung ist auch der Bildstil rele­vant. Für mich eine wei­te­re Hürde Aufnahmen zu fin­den, mit denen ich rund­um glück­lich bin. Die Masse der Aufnahmen sind sehr clean insze­niert, foto­gra­fisch umge­setzt und nach­be­ar­bei­tet. Dafür gibt es natür­lich gute Argumente, denn wie ich wei­ter vor­ne bereits bemerk­te ist pro­fes­sio­nel­le Fotografie not­wen­dig wenn dem Betrachter eines Folders, Inserats oder Internetauftritts ein pro­fes­sio­nell arbei­ten­des Unternehmen näher gebracht wer­den soll. Das Ganze hat aller­dings den Nachteil, dass die Aufnahmen dann auch in Bezug auf den foto­gra­fi­schen Charakter aus­tausch­bar wirken.
Bereits in den 1970er Jahren ent­wi­ckel­ten Fotografen Teils sehr natür­li­che Aufnahmestile. Ein Trend, der in den 80er Jahren zurück ging und durch einen sehr kli­ni­schen Bildstil ersetzt wur­de. Seit den 1990er Jahren gibt es einen zuneh­men­den Trend zurück zu natür­lich wir­ken­den Aufnahmen.

Abb. 5.112: Nicht nur die Aufnahme durch das Glas lässt das Bild so spontan erscheinen - auch der geringe Kontrast und die kühle Farbtönung (© vita khorzhevska/Shutterstock)
Abb. 5.112: Nicht nur die Aufnahme durch das Glas lässt das Bild so spon­tan erschei­nen – auch der gerin­ge Kontrast und die küh­le Farbtönung (© vita khorzhevska/​Shutterstock)

Viele vor allem jun­ge Fotografen arbei­ten bewusst mit farb­li­chen Verfremdungen und foto­gra­fi­schen sowie digi­ta­len Effekten, die an sich nach den Regeln der Kunst Fehler wären. Doch genau die­se schein­ba­ren Fehler und Abweichungen von foto­gra­fi­scher Perfektion machen die Aufnahmen authen­ti­scher, weil sie ein biss­chen wir­ken, als hät­te sie Otto Normalverbraucher mit sei­ner ‑Kamera geknippst. Trotzdem sieht man den Bildern die pro­fes­sio­nel­le Hand an – sie wir­ken wie exzel­len­te Glückstreffer eines Schnappschussfotografen und ver­mit­teln so den Eindruck ganz nahe am eige­nen Leben auf­ge­nom­men wor­den zu sein.

Neben die­sen Stilmitteln die Bildern eine spon­ta­ne und natür­li­che Wirkung ver­lei­hen, gibt es auch eine Tendenz Schattierungen durch über­be­ton­te Dynamik her­aus­zu­ar­bei­ten was zu einem eher unna­tür­lich anmu­ten­den Bildcharakter führt (Abb. 5.113) und manch­mal bei­na­he wie gemalt wirkt. Dieser Trend folgt einer neu­en Technologie der digi­ta­len Fotografie, die sich High Dynamic Range (HDR) nennt. Nach der ers­ten Euphorie über den neu­en Bildstil und die damit ver­bun­de­nen Möglichkeiten kehr­te bei pro­fes­sio­nel­len Fotografen bald Ernüchterung ein, was mei­ner Ansicht nach vor allem an Unmengen lai­en­haf­ter HDR-​Aufnahmen lag, die sozia­le Netzwerke und Bilder-​Communitys über­flu­te­ten. Mittlerweile gewinnt der Stil auch in der pro­fes­sio­nel­len Fotografie wie­der an Fahrt und ich habe den Eindruck, dass wir gera­de eine Veränderung unse­res Empfindens wie Fotos aus­zu­se­hen haben, erleben.

Abb. 5.113: Das Bild erinnert an den Charakter sogennanter HDR-Bilder - ein Stil, der sehr stark im Kommen ist. (© BestPhotosStudio/Shutterstock)
Abb. 5.113: Das Bild erin­nert an den Charakter sogen­n­an­ter HDR-​Bilder – ein Stil, der sehr stark im Kommen ist. (© BestPhotosStudio/​Shutterstock)

Sowohl der HDR- als auch der natür­li­che Bildstil fin­det sich im Moment jedoch vor allem bei bestimm­ten Themenbereichen. Gerade der betont natür­li­che Bildstil mit sei­nen Teils ver­scho­be­nen, ver­blass­ten und ver­wa­sche­nen Farben, mit Blendenflecken, über- und unter­be­lich­te­ten Bildbereichen und Unschärfen auch da, wo sie an sich nicht sein soll­ten, fin­det sich vor allem im Bereich jugend­li­chen Lifestyles. In vie­len Bereichen jedoch tut man sich schwer Bildstile abseits eines clea­nen Norm-​Looks zu finden.

Maßgeschneiderte Lösungen 
vom Auftragsfotografen

Klar im Vorteil ist wer sich nicht im Angebot von Bildagenturen nach Aufnahmen von der Stange umse­hen muss, son­dern einen Profifotografen beauf­tra­gen kann. Ihm kön­nen Sie Vorlagen zei­gen, die den Charakter, das Aussehen und die Stimmung der Aufnahme die sie wün­schen zei­gen. Mit ihm kön­nen Sie Modelle aus­su­chen die Ihren Vorstellungen ent­spre­chen und Sie kön­nen bei der Aufnahme dabei sein, um Regieanweisungen zu geben. Ihm kön­nen Sie auch sagen, wie weit er bei der Retusche gehen soll.

Schön wäre natür­lich man könn­te für jedes Bild einen Profi enga­gie­ren der das gewünsch­te Bild nach Maß schnei­dert. Die Realität lie­fert aber oft Situationen, in denen das nicht mög­lich ist, sei es aus Zeit- oder Budgetmangel. Ich habe für die­ses Buch hun­der­te Bilder benö­tigt um die Erklärungen zu illus­trie­ren und das Layout leben­dig zu gestal­ten. Nicht jedes Foto sieht genau so aus, wie ich es mir wünsch­te. Doch jede Aufnahme mit Modellen und Fotografen geson­dert zu insze­nie­ren, wäre weder zeit­lich noch wirt­schaft­lich rea­lis­tisch. Aus die­sem Grund schät­ze ich das Angebot von Shutterstock, Fotolia, iStockphoto & Co als wert­vol­le Bereicherung für den Gestaltungsalltag, auch wenn die Arbeit damit Kompromisse for­dert – Kompromisse die man bei der Arbeit mit einem Fotografen nicht ein­ge­hen muss.

(Leseprobe aus dem Buch „Grafik und Gestaltung“*, 2. Auflage von Markus Wäger, Galileo Verlag, 2014)

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Die Bildershop-​Software Pixtacy 4 braucht Beta-​Tester (Gastartikel)

Der Fotograf Thomas Gade aus Berlin vom medienarchiv.com schick­te mir die­sen Gastartikel, weil er um Mithilfe bei der Verbesserung der von ihm genutz­ten Bildershop-​Software Pixtacy bit­ten möchte:

Fotografen, die ihre Bilder im Internet prä­sen­tie­ren und ver­kau­fen, nut­zen ver­schie­de­ne Möglichkeiten. Sie unter­schei­den sich im Wesentlichen dadurch, dass sie ent­we­der im eige­nen Webspace indi­vi­du­ell auf­ge­setzt und gema­nagt wer­den oder von ande­ren nach deren Regeln betrie­ben werden.

Welche Gründe spre­chen für die eige­ne Bilddatenbank? Stockagenturen neh­men vie­le Bilder gar nicht an, die vom Urheber als prä­sen­ta­ti­ons­wür­dig erach­tet wer­den. Eventfotografen brau­chen Präsentations- und Vermarktungsplattformen, die zu ihrem Geschäft pas­sen. Archive prä­sen­tie­ren ihre Bestände im Rahmen einer musea­len Philosophie, bei­spiels­wei­se Ausschnitte aus foto­gra­fi­schen Nachlässen von Menschen, die regio­na­le Zeitgeschichte doku­men­tiert haben. Im kom­mer­zi­el­len Sektor fin­den sol­che Bestände kei­ne ange­mes­se­ne Präsentation.

Beispiel für Pixtacy-Frontend
Beispiel für Pixtacy-Frontend

Es gibt gute kos­ten­lo­se Lösungen wie Coppermine, Piwigo und Gallery 3. Nach der unver­meid­li­chen Lernphase las­sen sich damit anspre­chen­de Bildergalerien auf­bau­en. Das Urgestein Coppermine hat ein reges Forum, mit des­sen Hilfe sich vie­le Fragen rasch klä­ren las­sen. Unter den kos­ten­lo­sen Bilddatenbanken ist es aus mei­ner Sicht die inter­es­san­tes­te, zumal Gallery 3 nicht mehr gepflegt wird.

Seit 2009 gibt es das in Bremen ent­wi­ckel­te Pixtacy, ein ‚Shopsystem für Fotografen‘. Es basiert auf dem Content Management System (CMS) Virthos, das mir neben Pixtacy noch nie begeg­net ist und wird von Martin Wandelt, einem mit den kauf­män­ni­schen Interessen der Fotografen bes­tens bewan­der­ten Programmierer, betreut.

Pixtacy hat die übli­chen Elemente von Bilddatenbanken. Es gibt eine Eingangsseite mit Login- und Suchfunktion gefolgt von einer Übersichtsseite in Form einer Liste oder mit Thumbnails und dazu­ge­hö­ri­gen Bezeichnungen. Dies sind über­ge­ord­ne­te Themen, anders­wo Kategorien genannt, zu denen belie­big vie­le Alben gehö­ren kön­nen. Sie wer­den eben­falls als Thumbnails ange­zeigt und nach dem Öffnen eines Albums sieht man die dar­in befind­li­chen Bilder in der glei­chen Form. Jedoch ist beim Mouse-​over auf einem der klei­nen Bildchen eine grö­ße­re Darstellung zu sehen und nach einem Klick dar­auf erscheint eine Einzeldarstellung mit detail­lier­ten Informationen und, falls ein­ge­rich­tet, Lizenzierung-​und Erwerbsmöglichkeiten, Leuchtkastenfunktion und mehr. Martin Wandelt hat das tech­nisch gut gelöst und selbst eine aus­ge­wach­se­ne kom­mer­zi­el­le Abwicklung inte­griert, wie die Rechnungslegung und Dokumentation. Letzteres bie­tet kei­ne Freeware.

Hier ist ein Link zu vie­len Pixtacy Installationen, dort kann man diver­se Designs ansehen.

Hat man lokal sei­ne eige­nen Bilder im Griff, also ordent­lich beschrif­tet, struk­tu­riert und benannt, ist der Aufbau eines Onlinearchivs rela­tiv sim­pel. Man lädt eine Kopie sei­nes gesam­ten Archivs mit all sei­nen Verzeichnissen und Unterordnern in ein Zielverzeichnis. Anschließend wird Pixtacy beauf­tragt, die Bilder zu impor­tie­ren und Thumbnails nebst Previews mit oder ohne Wasserzeichen anzufertigen.

Das Einrichten der indi­vi­du­ell gewünsch­ten Verkaufsoptionen ist kniff­li­ger, doch am Ende kön­nen die Bilder in ver­schie­de­nen Auflösungen gegen Honorar lizen­ziert wer­den oder als Abzüge bis hin zum Druck auf einem Kaffeepott bestellt wer­den. Die ent­spre­chen­den Dienstleister wer­den ein­ge­bun­den und der gesam­te Vorgang läuft anschlie­ßend auto­ma­tisch ab.

Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein, zumal die Free-​Edition für maxi­mal 250 Fotos kos­ten­los ist und die Lizenzgebühr für eine Professional-​Edition fai­re 349 € kos­tet. Der Anbieter gewährt zu ver­schie­de­nen Anlässen Rabatte. Mit einem kos­ten­pflich­ti­gen Zusatzmodul ist Pixtacy sogar an Picturemaxx anzu­bin­den, dem Recherche- und Bestelltool der Redakteure schlechthin.

Jedoch gibt es eine Achillesferse. Das Design von Pixtacy bewegt sich auf einem Niveau, das längst nicht mehr zeit­ge­mäß ist. Der Benutzer kann durch Veränderungen an ver­schie­de­nen CSS- und ande­ren Dateien eige­ne Gestaltungsideen rea­li­sie­ren. Seltsamerweise lie­gen die rele­van­ten Dateien nicht in einem indi­vi­du­ell benenn­ba­ren Themeverzeichnis, son­dern in meh­re­ren Ordnern. Der Entwickler setzt einen hohen Kenntnisstand bezüg­lich der Webseitentechnologie vor­aus, um anspre­chen­de indi­vi­du­el­le Installationen einzurichten.

Teil des Backends von Pixtacy
Teil des Backends von Pixtacy

Eine seit lan­gem vor­herr­schen­de Kritik an dem Projekt ist der Umstand, dass durch Updates müh­sam erstell­te Veränderungen außer Kraft gesetzt wer­den. Die Benutzer kön­nen sich nach einer gewis­sen Pause nicht mehr im ein­zel­nen dar­an erin­nern, wo und was sie geän­dert haben. Die betref­fen­den Dateien wer­den durch Updates über­schrie­ben und es gibt kein benut­zer­freund­li­ches Verfahren, um dies zu verhindern.

Vor eini­gen Wochen wur­de auf der Pixtacy-​Website zum Betatest der in Kürze erschei­nen­den Version 4 auf­ge­ru­fen. Die Teilnahme am Betatest ist kos­ten­los. Bislang ist die Resonanz mau. Abgesehen von eini­gen weni­gen Stimmen, die begrü­ßen, dass sich end­lich etwas tut, kommt nur aus einer Ecke kon­struk­ti­ve Kritik. Eventuell an die­sem System Interessierte las­sen die Chance ver­strei­chen, Einfluss zu neh­men auf den Entwickler, der Hinweise und Vorschläge ernst nimmt, wenn sie von meh­re­ren geäu­ßert werden.

Die neue Version bie­tet end­lich die Möglichkeit, Thumbnail- und Previewabmessungen fle­xi­bel ein­zu­stel­len und sie adap­tiv zu prä­sen­tie­ren. Doch die für ein eige­nes Design rele­van­ten Dateien befin­den sich in drei ver­schie­de­nen Ordnern. Damit bleibt jedes Erscheinungsbild durch jedes Update gefähr­det. Um dies zu ver­mei­den, gehö­ren die­se Dateien in einen ein­zi­gen Ordner, der vom Benutzer im Themeverzeichnis ange­legt wird und einen Namen bekommt, den kein ande­res Verzeichnis in der Pixtacyinstallation trägt. So kann er bei Updates nicht über­schrie­ben werden.

Programmiertechnisch ist es sicher­lich kei­ne gro­ße Angelegenheit, die ent­spre­chen­den Pfade zu den CSS- und HTML-​Dateien so zu bestim­men, dass die­se Dateien in einem ein­zi­gen Ordner sind und nicht über die gesam­te Installation ver­teilt. Dann gäbe es die Möglichkeit, Themes zu ent­wi­ckeln, die leicht mit ande­ren zu tei­len sind.

Wenn euch das Thema inter­es­siert, betei­ligt euch am Betatest und wir­ken wir gemein­sam dar­auf hin, dass das oben beschrie­be­ne Problem ver­nünf­tig gelöst wird.

Erfahrungsbericht: Der CrazyTrickler für die Highspeedfotografie (Gastartikel)

Hallo, mein Name ist Daniel Nimmervoll. Heute möch­te ich Euch einen neu­en Trigger für die Highspeedfotografie vor­stel­len. Vielen Dank an Ralf Höppner, der mir den CrazyTrickler zur Verfügung gestellt hat und an Robert Kneschke für den Gastbeitrag in sei­nem Blog.

Als Nichtelektroniker, der gera­de mal zwei Drähte ver­lö­ten kann, bin ich auf fer­ti­ge Produkte am Markt ange­wie­sen. Der CrazyTrickler ist mitt­ler­wei­le neben dem StopShot von Cognisys und dem GlimpseCatcher mein drit­tes Gerät, mit dem ich Highspeed- und Liquid Art Aufnahmen rea­li­sie­ren kann. Daher kann ich den CrazyTrickler auch nur mit die­sen bei­den Geräten vergleichen.

Der Hersteller (Ralf Höppner Elektronik) hat mir einen CrazyTrickler, drei Magnetventile, Kabel sowie eine Lichtschranke zugeschickt.

Wichtig war mir, dass ich die Testaufnahmen mit dem gelie­fer­ten Setup ohne Modifikation erstel­le. So kann jeder sehen, was mit die­sen Komponenten mög­lich ist. Mein aktu­el­les Setup ist durch ande­re Düsen opti­miert und somit könn­ten die Ergebnisse nicht mit­ein­an­der ver­gli­chen wer­den. Mit dem CrazyTrickler kann man natür­lich auch jedes ande­re Magnetventil mit den glei­chen Anschlußwerten ver­wen­den. Damit kann das Setup eben­so hin­sicht­lich der Reproduzierbarkeit opti­miert wer­den, wie ich es aus­führ­lich in der neu­en 2. Auflage mei­nes Buches „Highspeed Fotografie“* beschrie­ben habe.

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So sieht der CrazyTrickler aus:

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Die drei Magnetventile haben eine Nennweite von 2,0 mm:

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Also dann, los geht’s! Das Setup ist auf­ge­baut und in den Wasserbehälter habe ich eine rot ein­ge­färb­te Wasser-​Guarkernmehl-​Mischung gege­ben. Begonnen habe ich dann mit den klas­si­schen TaT’s (Tropfen auf Tropfen) mit Spiegelung. Das sind qua­si die ein­fa­che­ren Wasserskulpturen mit nur einem Magnetventil im Einsatz. In dem Fall habe ich das mitt­le­re Ventil verwendet.

Setup für die Klassischen TaT's
Setup für die Klassischen TaT’s

Von hin­ten habe ich mit 5 Yongnuo YN-​560 II* Blitzen durch eine Acrylglasscheibe beleuchtet:

DN_MG_7669_G
Gesteuert wird der CrazyTrickler über den USB-​Anschluss an einem Laptop oder PC. Mit der bei­lie­gen­den Software kön­nen über­sicht­lich die Ventile, Blitze und die Kamera exakt auf die Millisekunde genau gesteu­ert wer­den. Die Software ist intui­tiv zu bedie­nen. Ich habe mich bin­nen Minuten zurecht­ge­fun­den und konn­te die ers­ten Tropfen fal­len lassen.

Zuerst habe ich ver­sucht, einen Tropfen im frei­en Fall zu erwi­schen. Mit der Loop Funktion star­te­te ich dann 5 Aufnahmen voll­au­to­ma­tisch, um zu prü­fen wie genau der crazyTrickler und das Magnetventil arbei­ten. Zwischen den Aufnahmen beweg­te sich der Wassertropfen in der Höhe nur etwa 1–2 Millimeter. Das ist ein sehr guter Wert, mit dem StopShot bzw. dem GlimpseCatcher erhal­te ich etwa glei­che Werte.

Sehr ange­nehm emp­fand ich die Bedienung der Software. Während die Loop Funktion läuft, kön­nen jeder­zeit Werte ver­än­dert wer­den, ohne dass der Loop unter­bro­chen wer­den muss. Die geän­der­ten Zeiten wer­den dann sofort über­nom­men und man kann die Ergebnisse sehen. Gut fand ich auch, dass man schnell einen Tropfen fal­len las­sen kann, ohne dass die Kamera aus­ge­löst wird. Dies braucht man zum Beispiel, um den Fokuspunkt zu set­zen oder bei der 3‑Ventil-​Technik, wo jedes Ventil exakt jus­tiert wer­den muss, damit jeder Tropfen auf den­sel­ben Punkt auf­trifft. Durch einen Doppelklick auf die jewei­li­ge Ventilöffnungszeit fällt dann nur von die­sem einen Ventil ein Tropfen. Anders her­um kann auch die Kamera mit den Blitzen aus­ge­löst wer­den, ohne dass die Ventile schal­ten. Das ist hilf­reich, um zum Beispiel das Licht ein­zu­stel­len. Dies geht mit dem StopShot bzw. dem GlimpseCatcher nicht so komfortabel.

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Screenshot mit den Zeiten in Millisekunden zum oberen Bild. Die Verzögerung der Kamera stellte ich beim „Hauptblitz 2“ ein. In diesem Fall betrug das Delay 450 Millisekunden.
Screenshot mit den Zeiten in Millisekunden zum Bild oben. Die Verzögerung der Kamera stell­te ich beim „Hauptblitz 2“ ein. Hier betrug das Delay 450 Millisekunden.

Nach weni­gen Minuten hat­te ich bereits das obe­re Bild geschafft. Mit leicht geän­der­ten Zeiten habe ich wie­der die Loop Funktion gestar­tet um auch hier zu beur­tei­len, wie gut das Magnetventil mit der Düse arbei­tet. Das Ergebnis ist sehr gut. Wie ihr sehen könnt sind alle 6 Bilder bei­na­he iden­tisch. Lediglich die letz­ten bei­den fal­len ein klein wenig aus der Reihe. Das liegt aber eher am fal­len­den hydro­sta­ti­schen Wasserdruck, weil natür­lich der Wasserstand im Behälter oben sinkt.

Eine Serie von 6 Bildern mit denselben Einstellungen
Eine Serie von 6 Bildern mit den­sel­ben Einstellungen
Ohne Beleuchtung von unten
Ohne Beleuchtung von unten
Bei diesem Bild hatte ich von unten zusätzlich einen Blitz mit blauer Farbfolie verwendet.
Bei die­sem Bild hat­te ich von unten zusätz­lich einen Blitz mit blau­er Farbfolie verwendet.

Vielleicht noch ein paar Worte zur Kamera und Objektiv. Bei all die­sen Aufnahmen habe ich mei­ne Canon 5D MK II* mit dem Canon 135 mm 2.0 L Objektiv* ver­wen­det. Bisher hat­te ich immer das Sigma 150 mm* Makro Objektiv genom­men. Vor ein paar Wochen habe ich mir das 135 mm von Canon gekauft und durch die 0,9 Meter Naheinstellungsgrenze ist die­ses für die­se Aufnahmen her­vor­ra­gend geeig­net. Der gro­ße Vorteil von die­ser Linse ist, dass das Bokeh extrem weich und schon fast wie gezeich­net aus­sieht. Gerade bei dem fol­gen­den Setup mit der Alufolie als Hintergrund kann das 135er sei­ne Stärken mit einer Blende von 2,0 bis 2,8 beson­ders gut ausspielen.

Das Setup mit lediglich zwei Aufsteckblitzen. Jeweils mit zwei Farbfolien bestückt.
Das Setup mit ledig­lich zwei Aufsteckblitzen. Jeweils mit zwei Farbfolien bestückt.
Mit den Fingern im Wasser habe ich hier leichte Wellen erzeugt.
Mit den Fingern im Wasser habe ich hier leich­te Wellen erzeugt.

Nachdem die klas­si­schen TaTs auf Anhieb so gut funk­tio­niert haben, woll­te ich die Komplexität erhöhen.

Ein wei­te­rer Vorteil des CrazyTrickler gegen­über dem StopShot ist der eige­ne Ausgang für die Kamera. Somit hat man alle 3 Ausgänge für die Magnetventile zur Verfügung. Damit steht der 3‑Ventil-​Technik nichts im Weg. So befüll­te ich die bei­den ande­ren Wasserbehälter mit jeweils einer anders ein­ge­färb­ten Wasser-Guarkernmehl-Mischung.

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Die Zeiten, womit das obere Bild produziert worden ist. Praktisch ist auch, dass die Zeiten mit dem Dateinamen mit protokolliert werden. Rechts oben wird einmal die aktuelle Fotonummer aus der Kamera eingegeben und schon wird alles aufgezeichnet.
Die Zeiten, womit das obe­re Bild pro­du­ziert wor­den ist. Praktisch ist auch, dass die Zeiten mit dem Dateinamen mit pro­to­kol­liert wer­den. Rechts oben wird ein­mal die aktu­el­le Fotonummer aus der Kamera ein­ge­ge­ben und schon wird alles aufgezeichnet.

Hier noch drei wei­te­re Beispiele mit der 3‑Ventil-​Technik:

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Zu guter Letzt habe ich dann noch die Double Pillar Aufnahmen getes­tet. Bei die­sen „Zweifüßlern“ lässt man zuerst die bei­den äuße­ren Tropfen fal­len, die dann eine Säule bil­den. Am obe­ren Ende soll­ten sie sich dann tref­fen wor­auf im bes­ten Fall ein wei­te­rer Tropfen vom mitt­le­ren Ventil trifft. Auch dies hat gleich auf Anhieb funktioniert.

 Die Double Pillars: Sehr interessant finde ich hier, wie sich die unterschiedlichen Farben vermischen.
Die Double Pillars: Sehr inter­es­sant fin­de ich hier, wie sich die unter­schied­li­chen Farben vermischen.

Die exak­te Vorgehensweise, wie ihr sel­ber sol­che Bilder erstel­len könnt, ist in mei­nem aktu­el­len Buch Schritt für Schritt beschrie­ben. Falls ihr sol­che Bilder in Form eines Workshops bzw. Einzelcoachings unter mei­ner Anleitung erstel­len wollt, bie­te ich auch dies hier ger­ne an.

Eines möch­te ich noch anmer­ken. All die­se Aufnahmen sind an einem ein­zi­gen Nachmittag inner­halb von 2–3 Stunden ent­stan­den. Ich habe also nicht lan­ge her­um­pro­biert, son­dern bin rela­tiv schnell zu brauch­ba­ren Ergebnissen gekommen.

Am nächs­ten Tag habe ich die Lichtschranke getes­tet. Um es gleich vor­weg zu sagen, für Ballistikaufnahmen ist die güns­ti­ge Lichtschranke nicht zu gebrau­chen. Die Diabolos sind ein­fach zu klein und schnell, um von der Lichtschranke erkannt zu wer­den. Eine Trefferquote von 10% ist kein zufrie­den­stel­len­des Ergebnis. Dies wäre auch eine klei­ne Sensation gewe­sen, da die Lichtschranke um ein viel­fa­ches güns­ti­ger ist als die von Cognisys. Und selbst die von Cognisys hat schon ihre Probleme. Bei der funk­tio­nie­ren nur die Diabolos aus Kupfer und nicht die aus Blei. Zumindest ist dies bei mir mit mei­nem Luftdruckgewehr der Fall.

Andere Aufgaben wie fal­len­de Früchte und ähn­li­ches bewäl­tigt die Lichtschranke dage­gen hervorragend.

Wie ist nun mein Fazit im direk­ten Vergleich zum GlimpseCatcher und zum StopShot von Cognisys?

Der CrazyTrickler ist das preis­wer­tes­te der drei Geräte. Er hat 3 Ausgänge für die Magnetventile. Der gro­ße Vorteil gegen­über dem StopShot ist, dass man hier kei­nen Ausgang durch die Kamera oder einen Blitz bele­gen muss. Der CrazyTrickler hat für Kamera und Blitze jeweils eige­ne Ausgänge. Dadurch kann man immer bis zu 3 Ventile ansteu­ern. Zudem kann der CrazyTrickler über­sicht­lich am Laptop bedient wer­den, was beim StopShot eben­falls nicht mög­lich ist. Anfangs hat­te ich das Problem, dass das Ventil für den ers­ten Tropfen manch­mal nicht geöff­net hat. Nach Rücksprache stell­te sich her­aus, dass die­ser Fehler dann auf­tritt, wenn die Startzeit auf 0 ms ein­ge­stellt ist. Dieser Bug ist in der aktu­el­len Programmversion bereits beho­ben. Ansonsten ist die Software gut durch­dacht und bedienerfreundlich.

Der Vergleich mit dem GlimpseCatcher sieht fol­gen­der­ma­ßen aus: Der GlimpseCatcher wird eben­falls über­sicht­lich am Laptop gesteu­ert und kann im Grunde alles, was man sich als Highspeed-​Fotograf wün­schen darf. Die Software vom CrazyTrickler hat mir an man­chen Stellen bes­ser gefal­len. Eine Änderung der Zeiten wäh­rend eines Loops, oder dass man schnell durch einen Doppelklick einen Tropfen vom jewei­li­gen Ventil fal­len las­sen kann ohne das die Kamera aus­ge­löst wird, ist mit dem GlimpseCatcher der­zeit nicht mög­lich. Der gro­ße Vorteil vom GlimpseCatcher sind natür­lich sei­ne 12 Ausgänge. Wenn jetzt jemand mit mehr als 3 Ventilen arbei­ten möch­te, so muss er etwas mehr Geld aus­ge­ben und zum GlimpseCatcher grei­fen. Wenn jedoch 3 Ventile aus­rei­chend sind, und damit kann man wirk­lich vie­le tol­le Sachen anstel­len, dann kann beden­ken­los zum güns­ti­ge­ren CrazyTrickler gegrif­fen werden.

Wenn jemand Ballistik Fotografie betrei­ben will, dann emp­feh­le ich nach wie vor den StopShot bzw. den StopShot Studio mit den X‑Cross-​Beam Sensoren.

* Affiliate

Beschleunigung für die Foto-​Entwicklung durch PFixer.Lr (Gastartikel)

Heute gibt als Gastartikel für die Technikfreunde und Lightroom-​Fans unter euch eine Rezension von Daniel Täger.

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Software in den Händen

Als der Computer Anfang der neun­zi­ger Jahre Einzug in die Musikstudios erhielt, wur­de die Bedienung von Bandmaschinen, Effekten und Soundprozessoren wei­test­ge­hend auf die Maus und auf einen viel zu klei­nen, schlecht auf­ge­lös­ten Bildschirm redu­ziert. Zu Beginn nur als „Fernbedienung“ und MIDI-​Sequenzer ein­ge­setzt, über­nahm der Computer mehr und mehr Aufgaben von gro­ßen und teu­ren Geräten im Regieraum. Doch selbst als eini­ge Jahre spä­ter hoch­wer­ti­ge und ernst­haft ein­zu­set­zen­de Plug-​Ins und Algorithmen mit Analogsimulationen von Effekten und Soundprozessoren erschie­nen, war die Bedienung oft nicht intui­tiv, da man „ein­hän­dig“ zum einen nicht so schnell, zum ande­ren nur ein­ge­schränkt wie gewohnt arbei­ten konn­te. Viele Eingriffe und Trial&Error-Operationen erfor­dern nun mal den Einsatz von zwei oder sogar mehr Parametern gleichzeitig.

Im Audiobereich mit LogicPro (vor dem Kauf von Apple: Emagic Logic) stell­te die Firma Emagic auf der Musikmesse in Frankfurt 2001, revo­lu­tio­när die LogicControl/​MackieControl als eine der ers­ten bezahl­ba­ren Hardwarecontroller für digi­ta­le Audio-​Workstations (DAW) vor. Plötzlich war es wie­der mög­lich, meh­re­re Parameter gleich­zei­tig zu bedie­nen und mit Motorfadern die Software in den Händen zu „füh­len“.

In der Fotografie lief es – zwar eini­ge Jahre spä­ter – doch ganz ähn­lich ab. Wer mit der Zeit ging, ersetz­te sei­ne Dunkelkammer durch den Computer und hat­te schließ­lich eine Maus in der Hand.

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Zugegeben, ich moch­te das Handling der klas­si­schen Maus noch nie und war aus die­sem Grund schon immer auf der Suche nach der bes­ten Alternative dazu. Wenn Wacom sein Intuos4L* schon 10 Jahre frü­her auf den Markt gebracht hät­te, wäre ich an Trackballs, Touchpads, etc. vor­bei gekommen.

In dem Stift-​Tablet habe ich die bes­te Lösung gefun­den, um den klei­nen schwar­zen Zeiger über den Bildschirm zu fah­ren. Und das aus­nahms­los in jeder Anwendung: Ich besit­ze seit meh­re­ren Jahren kei­ne Maus mehr!

Schaut man sich in der pro­fes­sio­nel­len Broadcast- und Film-​Postproduktion um, fin­det man kaum einen Arbeitsplatz, an dem die Maus das Hauptwerkzeug ist.

Am ver­gleich­bars­ten mit der Fotografie ist aus die­sem Bereich das Color-​Grading (die Farbkorrektur). Sie ist sozu­sa­gen der Nachfolger des Kopierwerks, in dem nicht nur das Negativ-​35mm-​Material ent­wi­ckelt wird, son­dern auch der „look“ des Positivfilms gene­riert wird, ganz ähn­lich der Dunkelkammer.

Eines der größ­ten Gradingsysteme hat die Firma Blackmagic Design mit dem DaVinci Resolve* am Markt, mit dem digi­ta­les Film-​RAW-​Material „ent­wi­ckelt“ wird. Aber fes­ter Bestandteil der Software ist das Hardware-​ControlSurface, mit dem die Software voll­stän­dig bedient wer­den kann (abge­se­hen von Beschriftungen etc.).

Mit die­sen gan­zen Hintergedanken war mein ers­ter Versuch, um auch Lightroom etwas „grif­fi­ger“ zu machen, ein iPad* zu kau­fen (tat­säch­lich war das einer Hauptgründe) und mit der App LRPad zu ver­se­hen. Damit hat man schon einen guten Zugriff auf vie­le Parameter von Lightroom.

Die intui­ti­ve Bedienung und der Geschwindigkeitszuwachs waren jedoch sehr begrenzt: Auch am iPad, wel­ches in die­sem Fall zu einem Touchpad mit Hintergrunddisplay wird, sucht man immer wie­der mit den Augen nach der Position und Lage von Reglern und Knöpfen. Jedes Mal den Blick auf das Tablet abzu­len­ken, um die Belichtung um 0,5 zu erhö­hen, dau­ert am Ende sogar län­ger als mit der Maus auf dem glei­chen Bildschirm.

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Die Lösung: PFixer.Lr

Als die zwei­te Speicherkarte voll war und ich wuss­te, dass ich aus die­sem Urlaub nicht mit weni­ger als 1500 Fotos zurück­kom­men wer­de, habe ich mich noch vor Ort wie­der auf eine Workflow-​Optimierungs-​Lösung-​Suche begeben.

Und sie­he da: PFixer.Lr kam auf den Plan!

Die recht neue Software (seit 2013 auf dem Markt) von der klei­nen Softwareschmiede Pusher Labs aus Georgia (USA) konn­te auf den ers­ten Blick alles, was ich gesucht habe: voll­stän­di­ge Kontrolle von Lightroom per Hardware-Controller.

Die Software für OSX (lei­der gibt es momen­tan kei­ne Windows-​Version) ist anfäng­lich dafür ent­wi­ckelt wor­den, um eige­ne Keyboard-​Shortcuts in Lightroom zu defi­nie­ren. Das funk­tio­niert auch sehr gut, wird nur durch die Anschaffung des Controllers fast über­flüs­sig. Grundsätzlich kann die Software jeden MIDI-Control-​Befehl in eine Lightroom-​Aktion umset­zen, sprich jedes MIDI-​fähige Keyboard, Touch-​Controller oder Fader-​Bank lässt sich in Lightroom einbinden.

Der Pusher Labs-​eigene Controller basiert auf einem Behringer BCF-​2000*, wel­cher mir aus dem Audiobereich als ers­ter „low-​budget“ Controller bekannt ist. Für den BCF-​2000 gibt es in der Software als ein­zi­ge Hardware ein vor­de­fi­nier­tes Setup. Pusher Labs ver­treibt im eige­nen Webstore die Software als stand-​alone-​Version (USD 99,99), den Behringer BCF-​2000 mit ange­pass­tem Layout (USD 299,99) und ein Bundle aus bei­dem (USD 369,99).

Im Store fin­det man jedoch recht schnell her­aus, dass Pusher Labs nicht außer­halb der USA ver­sen­det. Für alle non-​citizens gibt es die Möglichkeit, die Software per Seriennummer zu kau­fen und sich das ange­pass­te Overlay ein­zeln zu bestel­len (USD 19,99). Mit einem vor­han­de­nen BCF-​2000, der Software und dem Overlay bekom­men also auch alle ande­ren einen voll­wer­ti­ges PFixer.Lr-Panel!

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Für die­je­ni­gen, die lie­ber mehr Rotary-​Controller und kei­ne Fader haben möch­ten, gibt es auch ein adap­tier­tes Behringer BCR-​2000 mit 24 Drehreglern. Allerdings wird dafür kein ein­zeln bestell­ba­res Overlay ange­bo­ten. Laut Hersteller wird beim BCR auch das BCF-​Overlay benutzt – mit dem Unterschied, dass die drei Zeilen für die Fader-​Beschriftung aus­ein­an­der geschnit­ten und unter die Rotary-​Encoder geklebt werden.

Da die Markteinführung des Behringer BCF-​2000 in Deutschland schon eini­ge Jahre her ist, bekommt man es mitt­ler­wei­le für ca. 200 €.

Ich habe mich also für die DIY-​Variante ent­schie­den und die Software sowie das Overlay bestellt. Zurück aus dem Urlaub, war natür­lich noch kei­ne Post aus den USA da. Das hat inklu­si­ve Zollabfertigung (!) für einen A4-​Pappbriefumschlag gute drei Wochen gedau­ert. Trotzdem war ich am nächs­ten Tag im ört­li­chen Musikfachgeschäft, habe einen Behringer BCF-​2000 gekauft und mich ans Basteln gemacht – auf der Homepage von Pusher Labs gibt es ein JPG des Overlays – also Größe anpas­sen, Ausdrucken, Ausschneiden. Das sieht dann am Ende zwar nicht pro­fes­sio­nell aus, aber wenigs­tens konn­te ich schon mal testen.

Mittlerweile ist mein ech­tes Overlay natür­lich da. Wie ich befürch­tet habe, bekommt man für die 20 Dollar einen geplot­te­ten Aufkleber. Immerhin ist das recht ordent­lich gemacht und auch das Aufkleben gestal­te­te sich mehr als einfach!

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Die Installation unter OSX 10.8 (OSX 10.7 bis 10.9 sind unter­stützt!) lief auf mei­nem MacPro (MacPro 4,1, 8‑core 2,66GHz, 12GB RAM, Radeon 7950 3GB) und MacBookPro (MBP 5,1, 2,66GHz Core-​Duo, 8GB RAM) wie gewohnt problemlos.

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Funktionsbeschreibung /​ Erfahrungen

Die Software läuft als klei­ne Autostart-​App und fin­det sich neben der OSX-​Uhr am obe­ren rech­ten Bildschirmrand. Das GUI ist über­sicht­lich und ein­fach gestal­tet, ein­zig die Neuzuweisung von (MIDI-)Parametern könn­te man geschick­ter lösen.

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Nachdem man Lightroom geöff­net hat, merkt PFixer.Lr direkt, dass es etwas zu tun hat und initia­li­siert die Parameter (Bindings). Dieser Vorgang dau­ert ca. 10 Sekunden.

Jetzt kommt die ers­te und ein­zi­ge „Stolperfalle“ des Systems: Befindet man sich im Bibliotheksmodus von Lightroom, pas­siert mit den Motorfadern des BCFs erst ein­mal nichts, die ein­zi­gen funk­ti­ons­tüch­ti­gen Tasten sind „vor­he­ri­ges Foto“ und „nächs­tes Foto“.

Schaltet man in den Entwicklungsmodus von Lightroom (nur dort kom­mu­ni­zie­ren Lightroom und Panel mit­ein­an­der!), hört man zum ers­ten Mal die Motorfader des Controllers. Der syn­chro­ni­siert sich ab dann mehr­mals die Sekunde (in der Software ein­stell­bar) und reagiert auf alles, was man vom Panel an Lightroom schickt und umgekehrt.

Die Latenz, also die Verzögerung von der Änderung eines Wertes auf der BCF bis zum Reagieren der Regler in Lightroom, ist sehr kurz (eini­ge Millisekunden). Bis sich die Änderung dann auf das Bild aus­wirkt, kommt wie gewohnt auf Bildgröße, CPU und Grafikkarte an. In mei­nem Setup fühlt sich „Ursache-​Wirkung“ jedoch sehr direkt an, auch wenn man zwei oder drei Parameter gleich­zei­tig bewegt (ca. 0,2 Sekunden).

Schaltet man zum nächs­ten Foto, aktua­li­siert sich das Panel umge­hend und die Fader und Rotary-​Controller sprin­gen auf die aktu­el­le Position. Dadurch, dass Behringer bei dem Preis des Controllers kei­ne Penny+Giles oder ALPS Motorfader ver­baut hat, ist dies jedoch mit einem ordent­li­chen Geräuschpegel zu hören. Ich habe manch­mal auch den Eindruck, dass die Fader an das obe­re oder unte­re Ende „schla­gen“, weil sie nicht so genau wis­sen, wo die Schiene endet. Bei gedrück­ter „Learn“-Taste wäh­rend des Einschaltens des Panels kann man die Fader zwar kali­brie­ren, jedoch brach­te das bei mir nur mini­ma­le Besserung.

Tragisch ist die Lautstärke beim Entwickeln von Fotos nicht, aber bei der Vorstellung, den Controller für sei­ne eigent­li­chen Aufgaben in der Musikproduktion zu ver­wen­den, wür­de mich der „Lärmpegel“ wahr­schein­lich nerven.

Das 4‑stellige LED-​Display auf dem Panel ist lei­der unbrauch­bar, da es zwar immer den zuletzt benutz­ten Fader oder Rotary in Zahlen aus­drückt, jedoch lei­der in der MIDI-​Value-​Norm von „0–127“. Sprich, wenn der Exposure-​Fader in der Mitte steht, zeigt das Display einen Wert von „63“.

Das Panel ist in meh­re­ren Ebenen auf­ge­baut, um mög­lichst vie­le Funktionen unter­zu­brin­gen: Die 8 Rotary-​Controller sind in 4 Ebenen, umschalt­bar durch 4 Taster rechts, auf­ge­teilt: BASIC, HUE, SAT, LUM/B+W.

Für alle ande­ren Bedienelemente (8 Fader, 16 Tasten) gibt es eben­falls 4 Modi, wobei 4 Taster zum Wechseln der Modi reser­viert sind: BASIC, EDITING, CULLING, PRESETS.

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Beschriftet ist jeder Taster und Fader für BASIC in Weiß, EDITING in Gelb und CULLING hat ein klei­nes Symbol rechts neben dem Taster. Insgesamt kommt man damit dann auf über 200 Lightroom-​Funktionen im direk­ten Zugriff.

Rotary-​Controller BASIC-Mode:

  • Temperature
  • •Tint
  • •Vibrance
  • •Saturation
  • •Curves (Shadows, Darks, Lights, Highlights)

Wenn man die Rotary-​Controller drückt, hat man die Tools WB, AWB und Autowhite im Direktzugriff. Über die ande­ren 5 Taster scrollt Lightroom direkt zu den Adjustments HUE, SAT, LUM, SATURATION, CURVES und B+W um eine opti­sche Kontrolle zu bekommen.

Für die ande­ren 3 Modi (HUE, SAT, LUM/B+W) gibt es neben den Drehreglern Farbmarkierungen (Rot, Orange, Gelb, Grün, Cyan, Blau, Lila, Magenta). Im Standard-​Mapping gibt es kei­nen Zugriff auf das HSL-​Toning. Wenn man oft an den HSL-​Farben her­um­schiebt, kann sich jedoch leicht über den „Mapping“-Reiter in der PFixer.Lr-Konfiguration z.B. den B+W‑Mode ent­spre­chend anpassen.

Die Anordnung und Übersichtlichkeit der Funktionsbelegung ist logisch und nach kur­zer Zeit „blind“ zu bedienen.

Über die 8 Fader erreicht man im BASIC-Mode:

  • Exposure
  • Contrast
  • Blacks
  • Shadows
  • Highlights
  • Whites
  • Clarity
  • Post Vignette

Die Funktion des letz­ten Faders erschien mir im BASIC-​Mode zunächst fehl am Platz, jedoch nut­ze ich ihn (nicht nur, weil er da ist) mitt­ler­wei­le sogar sehr ger­ne zu bestimm­ten Gelegenheiten!

Über die Tasten bekommt man Zugriff auf fol­gen­de Funktionen:

  • ESC, ENTER
  • Copy Setting /​ Paste Setting
  • Crop-​Tool
  • Reset Image
  • Lock Image
  • Swap Image
  • Match Exposure
  • Sync Setting
  • Select left /​ Select right

Die „Select-left/right“-Taster sind beson­ders in Kombination „Match-​Exposure“ sehr praktisch.

Der EDITING-​Mode benutzt alle Fader für das Feintuning der „Post-​Vignette“ (Midpoint, Roughness, Feather, etc.) und bie­tet über die Taster u.a. Zugriff auf Tools und Funktionen wie SpotTool, GradientTool, AutoMask, VirtualCopy, Edit in PS, Blinkies, Before/​After.

Für mich sind in die­sem Modus „Blinkies“ (Über- und Unterbelichtungen) und „Before/​After“ (der Vorher-​Nachher-​Vergleich) am wichtigsten.

Der CULLING-​Modus belegt die Taster mit den Shortcuts Bewertung, Flags, Farben und Display-​Einblendungen. Die Fader steu­ern die Parameter des Split-​Tonings, also jeweils Hue/​Sat für Highlights und Shadows und Balance. Die letz­ten 3 Fader sind mit Grain, Grain-​Size, und Roughness belegt.

Im PRESET-​Mode bekommt man über die Taster Zugriff auf 8 Developement-​Presets und 4 Brush-​Presets von Lightroom. Leider ist die Zuweisung über die PFixer-​Software etwas umständ­lich. Es ist nicht mög­lich, inner­halb des Workflows ein neu­es Preset auf eine Taste zu legen. Man spei­chert wie gewohnt das Preset in Lightroom ab und muss es anschlie­ßend in der PFixer.Lr-Konfiguration einer Taste zuwei­sen. Und dann muss man raten, denn der vier­te Modus hat kei­ne Beschriftungen auf dem Panel!

Ein wei­te­rer Nachteil ist, dass die Presets, die man über die Taster auf­ru­fen will, im Presets-​Fenster sicht­bar und auf­ge­klappt im Hauptfenster sein müs­sen. Ich habe mir mei­ne 8 am häu­figs­ten benutz­ten Presets in den User-​Ordner mit einem Nummer-​Präfix gelegt (01 – Preset, 02 – Preset, usw.)

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Die 4 eben­so frei beleg­ba­ren Brush-​Presets befin­den sich auf die­sen Tasten:

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Unten rechts am Panel befin­den sich MODE-​übergreifend UNDO, pre­vious Setting und vorheriges/​nächstes Foto, wobei die letz­ten bei­den wahr­schein­lich die am stärks­ten fre­quen­tier­ten Tasten sind!

Über die Belegung der Taster und Fader lässt sich im Einzelfall zwar strei­ten, aber grund­sätz­lich liegt alles ziem­lich logisch in den Händen. Ansonsten kann man sich immer noch jeden Parameter auf belie­bi­ge Taster oder Fader legen und muss dann selbst das Overlay neu beschrif­ten. Bisher habe ich mir nur den „Before/After“-Knopf in den BASIC-​Modus, also die obers­te Ebene, gelegt.

Damit Initialisierung zwi­schen PFixer.Lr und Lightroom funk­tio­niert, muss Lightroom zwin­gend auf Englisch umge­stellt wer­den. Das war für mich erst stö­rend, da man sich ja schon an eini­ge deut­sche Vokabeln (damals auch fremd) gewöhnt hat, aber nach sehr kur­zer Zeit hat man sich dar­an gewöhnt – zumal ich beim Entwickeln nur noch sel­ten auf die Paramater als viel mehr auf das Bild selbst schaue.

Sollte mal eine Funktion nicht kor­rekt arbei­ten, oder man schal­tet das Panel erst nach dem Öffnen vom Lightroom ein, kann man die Initialisierung über das PFixer.Lr-Menü „Reinitialize Bindings“ wiederholen.

Seit Version 1.2.2 unter­stützt PFixer.Lr auch Trackpad-​Gesten. Bei gedrück­ter fn-​Taste wird das Trackpad zu 8 (2 Reihen mit jeweils 4) vir­tu­el­len Fadern, die mit 2 Fingern bedient wer­den. Mit nur einem Finger bie­tet das Trackpad 16 vir­tu­el­le Knöpfe (4 Reihen mit jeweils 4). Getestet habe ich die Gestenunterstützung noch nicht, stel­le mir das aber ziem­lich unüber­sicht­lich und eng vor – es sei denn, man bemalt sein Trackpad mit dem Filzstift!

Hat man wei­te­res MIDI-​Equipment am Rechner ange­schlos­sen (z.B. MackieControl, Keyboard, etc.), kom­men gele­gent­lich fal­sche Informationen in Lightroom an. Ich schal­te wei­te­re Geräte bei der Benutzung von Lightroom ein­fach aus. Genauso soll­te man anders her­um auch PFixer.Lr deak­ti­vie­ren (geht mit einem Mausklick), wenn man mit der MackieControl* in Logic arbei­tet, da PFixer.Lr auch dort Fehlfunktionen verursacht.

Auf der Suche nach einer Bedienungsanleitung wird man von Pusher Labs zwar auf deren Online-​FAQ ver­wie­sen, dann jedoch allein gelas­sen. Viel mehr als ein paar Tipps und Troubleshootings fin­det man dort nicht. Natürlich ist die Software und die Bedienung des Panels wei­test­ge­hend selbst­er­klä­rend, aber um die Funktionsweise u.a. der Preset-​Verwaltung zu ver­ste­hen, muss­te ich schon eini­ge Zeit suchen und herumprobieren.

Vor- und Nachteile

Die Vorteile über­wie­gen auf jeden Fall, wenn man sich mal anschaut, was einem PFixer.Lr an Zeitersparnis und intui­ti­ver Bedienung bringt. Einige Mankos gibt es aber schon:

Plus:

  • 15-​tägige Testversion
  • Zeitersparnis
  • frei zu konfigurieren
  • über 200 Lightroom-​Funktionen im Direktzugriff

Minus:

  • Hoher Preis von 100 Dollar für Software, lohnt sich aber
  • lau­te Motorfader des BCF-2000
  • Lightroom muss auf Englisch betrie­ben werden
  • kei­ne ech­te Bedienungsanleitung
  • bis­her nur Unterstützung von Lightroom

Alternativen

Pusher Labs PFixer.Lr ist lei­der nur für den Mac ver­füg­bar und Ankündigungen für eine künf­ti­ge Windows-Adaption gibt es lei­der nicht.

Die Donationware (50 Tage kos­ten­frei) Paddy for Lightroom ist die bis­lang ein­zi­ge (ver­gleich­ba­re) Alternative für das Windows-​System. Grundsätzlich kön­nen mit Paddy auch eige­ne Tastaturkürzel und MIDI-​Mappings für den Behringer BCF-​2000 (und ande­re Hardware-​Controller) erstellt wer­den, jedoch fehlt eine Möglichkeit, den BCF in meh­re­ren Modi zu pro­gram­mie­ren. Laut Website sind Lightroom-​Versionen bis 4.x unterstützt.

Knobroom ist eine wei­te­re Lösung für den Mac, bei der die Entwicklung jedoch im Herbst 2012 bei Version 0.2 ste­hen geblie­ben ist. In die­sem Stadium des Plug-​Ins ist es auch nur mög­lich, ein­zel­ne MIDI-​Controller-​Daten einem Parameter in Lightroom zuzuweisen.

moti­bo­do ver­treibt mit dem motibodoBoard (395 USD) und dem motibodoSkin (325 USD) eine tas­ta­tur­ba­sier­te Lösung. Das kom­plet­te Keyboard oder das Silikon-​Skin für die bestehen­de Tastatur mit ent­spre­chen­der Software für Lightroom bie­ten vor­de­fi­nier­te Tastaturkürzel für die wich­tigs­ten Funktionen an. Jedoch ist der Preis in mei­nen Augen in kei­ner Weise gerechtfertigt.

Fazit

Wie ein­gangs schon erwähnt, kam ich aus dem Urlaub mit knapp 1500 Bildern zurück, wel­che auch gleich als Teststrecke für PFixer.Lr und das Behringer-​Panel her­hal­ten muss­ten. In Rekordzeit waren die Bilder ent­wi­ckelt und das oft auf eine ganz ande­re Weise, als ich es gewohnt war. Wenn man erst ein­mal die Möglichkeit hat, an Belichtung, Highlights und Curves gleich­zei­tig zu schrau­ben und die Wechselwirkung sieht, löst man eini­ge Belichtungsaufgaben auf ande­rem Wege als sonst. Auch mag ich es sehr, die Parameter von Hue und Sat im direk­ten Zugriff zu haben und schnell eine selek­ti­ve Farbkorrektur zu machen.

Sicherlich gibt es an dem System Verbesserungspunkte, aber für knapp 280 € (Software, Overlay, BCF-​2000) hat man ein ordent­li­ches Hardware-​Control-​System für Lightroom.

Mittlerweile steht auch ein Behringer BCR-​2000 auf mei­nem Schreibtisch. Dafür habe ich ein eige­nes Overlay gebas­telt und habe direk­ten Zugriff auf SAT, LUM und HUE ohne zwi­schen den Modi zu wechseln.

Wünschenswert wäre es, wenn in Folgeversionen von PFixer.Lr noch die Unterstützung für wei­te­re Programme (Photoshop, CaptureOne Pro und ACR) ein­ge­baut würde.

…und mein iPad hat mitt­ler­wei­le sei­ne Berechtigung für ande­re Aufgaben.

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