Die Heuchelei von Getty Images am Beispiel von Adobe Stock und Fiverr

Manchmal über­ho­len Nachrichten sich selbst. Einen Teil die­ser Meldung woll­te ich schon vor einer Woche ver­öf­fent­li­chen, hat­te aber zu wenig Zeit. Im Nachhinein betrach­tet ist es ganz hilf­reich, denn es kamen neue Informationen dazu, wel­che die ers­te Meldung in einem ganz ande­ren Licht erschei­nen lassen.

Am 25. Juni 2015 geschah etwas Seltenes. In dem „Contributor Community“-Newsletter für exklu­si­ve iStock- und Getty Images-​Fotografen wid­me­te Getty Images dem neu­en Angebot „Adobe Stock“ von der Konkurrenzagentur Fotolia fast ein Drittel des Inhalts. Hier könnt ihr die­sen Teil in eng­lisch nach­le­sen, ich habe mir den Inhalt von einer ande­ren Quelle bestä­ti­gen lassen.

Der Beginn des Getty-Newsletters
Der Beginn des Getty-Newsletters

Übersetzt steht da:

Einige Gedanken zum Start von Adobe Stock

Nach dem Start von Adobe Stock haben wir das Gefühl, es sei an der Zeit, mit Euch – unse­ren exklu­si­ven Künstlern – eini­ge unse­rer Gedanken dar­über zu tei­len, was die­ser Schritt für Getty Images, iStock by Getty Images und unse­re von uns geschätz­te Zusammenarbeit mit Euch bedeutet.

Lasst uns damit begin­nen zu sagen, dass zusätz­li­cher Wettbewerb nicht grund­sätz­lich eine schlech­te Nachricht ist. Wettbewerb kann uns dabei hel­fen, unse­ren aktu­el­len und poten­zi­el­len Kunden bes­se­ren Service zu erbrin­gen. Er kann auch unse­ren Kundenstamm erwei­tern, da durch das damit ver­bun­de­ne Marketing all­ge­mein die Wahrnehmung der Verfügbarkeit von Bildmaterial und der Notwendigkeit die­ses zu lizen­zie­ren steigt. Schlecht ist Wettbewerb vor allem, wenn man kein aus­rei­chend dif­fe­ren­zier­tes Produkt anbie­ten kann.

Dank Euren bis­he­ri­gen und zukünf­ti­gen Bildern bie­ten wir eine kla­re Positionierung im Markt: Überlegenes Bildmaterial. Dies gehört zu den wesent­li­chen Anforderungen unse­rer Kunden. Ohne groß­ar­ti­ges Bildmaterial kön­nen Kunden auch kei­ne groß­ar­ti­gen Projekte umset­zen. iStock by Getty Images ist der ein­zi­ge Anbieter im Niedrigpreis-​Segment, der eine grö­ße­re Anzahl und hoch­wer­ti­ge­re Bilder anbie­tet. Adobe Stock dage­gen bie­tet den­sel­ben Inhalt, der bereits bei Fotolia und vie­len ande­ren Anbietern ver­füg­bar ist. Eine Aussage, das Bildmaterial sei von Adobe aus­ge­wählt, macht dies nicht wahr.

Zudem bie­ten wir die gesam­te Palette an Angeboten von Getty Images. Nur Getty Images kann allen Kunden einen umfas­sen­den Service für alle Projekte welt­weit lie­fern – krea­ti­ve und redak­tio­nel­le, neue und his­to­ri­sche, glo­ba­le und loka­le, Premium und Discount Inhalte. Nur Getty Images hat ein Verkaufsteam von 700 Spezialisten im Bereich Bildlizenzierung. Nur Getty Images hat in 20 Jahren einen brei­ten Kundenstamm aufgebaut.

Jenseits des­sen, was der Start von Adobe Stock für Getty Images und iStock by Getty Images bedeu­tet, möch­ten wir die wei­te­re Bedeutung die­ses neu­en Angebots für Fotografen welt­weit beleuchten.

Mit dem Start von Adobe Stock stellt Adobe klar, dass sie den maxi­ma­len Wert einer Bildlizenz bei $10 sehen. Wir stim­men dem ein­fach nicht zu. Professionelle und foto­gra­fi­sche Erfahrung sowie Investitionen in die Vorbereitung und Nachbearbeitung von Inhalten spie­len eine Rolle bei der Qualität des Endproduktes und las­sen sich nur durch höhe­re Preise – und damit Fotografen-​Anteilen – wirt­schaft­lich recht­fer­ti­gen. Dies ist die Kernidee dahin­ter, dass Getty-​Anbieter ihr Material ver­teilt über alle unse­re Angebote streu­en kön­nen und nicht nur nach dem „ein Einheitspreis für alles, jedes Bild ist austauschbar“-Ansatz.

Der Start von Adobe Stock unter­streicht auch den wah­ren Fokus von Adobe. Adobe setzt den Wert der Arbeit von Fotografen deut­lich zu tief an, um ihr Angebot der Creative Cloud zu stär­ken. Entsprechend erhal­ten Kunden der Creative Cloud auch einen 40%igen Nachlass auf das Bildmaterial, der letzt­lich über tie­fe­re Lizenzgebühren durch die Fotografen sub­ven­tio­niert wird.

Wir haben Mühe zu ver­ste­hen, wie Adobe Stock die Herstellung von Bildmaterial und die Lebenskosten von Fotografen nach­hal­tig unter­stüt­zen könn­te – von denen letzt­lich vie­le auch Kunden der Creative Cloud sind. Stattdessen sehen wir in der aktu­el­len Form ledig­lich eine nach­hal­te Unterstützung von Adobes Ambitionen, ihre Software-​Plattform vor­an zu brin­gen, auf Kosten der teil­neh­men­den Anbieter.

Getty Images wird sich wei­ter­hin dar­auf kon­zen­trie­ren, mit dem Schwergewicht auf hoch­wer­ti­gem Bildmaterial Lizenzen zu ver­trei­ben. Wir wer­den damit fort­fah­ren, die­ses hoch­wer­ti­ge Bildmaterial auch zu Premiumpreisen und mit höhe­ren Lizenzauszahlungen an Fotografen zu ver­mark­ten. Wir dan­ken Euch für Eure Inhalte und Eure Loyalität. Wir sind mehr denn je dar­an inter­es­siert, Eure Loyalität zu erhal­ten und wer­den ver­stärkt den Wettbewerb auf der Basis von Qualität und Umfang unse­res Angebotes suchen. In den kom­men­den Monaten wer­det Ihr ver­stärk­tes Marketing, neue Partnerschaften und wei­te­re Verbesserungen sehen, die die­se Strategie und unser Wille die­se umzu­set­zen deut­lich zeigen.

Danke, das Ihr unse­re Partner seid.

Brad und das Team

Lassen wir inhalt­li­che Fehler bei­sei­te wie die 10 US-​Dollar, die in Europa eher 10 Euro sind sowie die 40% Nachlass, die nicht auf die 10 Euro/​USD, son­dern nur auf ein Abonnement gewährt wer­den. Sich über einen Bildpreis von 10 Euro pro Bild zu mokie­ren, wenn die Getty-​Tochter Thinkstock Einzelbilder für 7,80 Euro anbie­tet, wirkt etwas paradox.

Dazu kom­men die vie­len Nutzungshonorare im unte­ren Cent-​Bereich (zum Beispiel 0,14 Euro oder 0,22 Euro für den Fotografen), die bei Verkäufen über Getty Images selbst gene­riert wer­den. Denn die hohen offi­zi­el­len Lizenzgebühren auf der Webseite wer­den vom Verkaufsteam auch schnell stark nach unten gedrückt, wenn ein Kunde mit genü­gend Verhandlungsmasse ankommt.

Mit dem Programm „Getty Embed“, bei dem Getty Images seit März 2014 Millionen von Bildern ver­schenkt gegen einen Link zurück auf deren Webseite, trägt die Agentur selbst dazu bei, den Wert der Fotografie auf genau „Null“ zu drü­cken. Interessanterweise tauch­te dazu eine Analyse auf. Die Datenbank-​Firma Majestic hat unten in die­sem Artikel dar­ge­legt, dass über 5.900 ver­schie­de­ne Domains über 2 Millionen Bilder von „Getty Embed“ genutzt haben. Da die Verlinkung immer im sel­ben Format auf die sel­be Seite erfolgt, lässt sich das auto­ma­ti­siert ver­mut­lich gut zäh­len. Das bedeu­tet: Diese 5.900 Domains haben jeweils über 330 kos­ten­lo­se Bilder benutzt.

Ich gehe davon aus, dass Leute, die über 300 Bilder inner­halb unge­fähr eines Jahres auf einer Domain benut­zen, ver­mut­lich frü­her in irgend­ei­ner Form ein Abo bei einer Bildagentur hat­ten. Soviel zu – Zitat aus der obi­gen Mail – „auf Kosten der teil­neh­men­den Anbieter“.

Getty Images kooperiert mit Fiverr

Am 30. Juni 2015, nur fünf Tage nach dem „Adobe sind Bilder nur 10 Dollar wert“, gab Getty Images eine Kooperation mit der Firma Fiverr bekannt.

Fiverr ist sowas wie die Billigbude für Arbeiten im Bereich Design, SEO, Webseitengestaltung und vie­les mehr. Man könn­te sagen, dass Fiverr bei Designern und ande­ren Anbietern von Dienstleistungen unge­fähr so beliebt ist wie Microstock bei pro­fes­sio­nel­len Fotografen vor acht bis zehn Jahren. Nutzer von Designleistungen fin­den das Billigangebot schon deut­lich attraktiver.

Woraus besteht nun die Kooperation?
Fiverr-​Anbieter kön­nen ihren Kunden jetzt zusätz­lich zu ihrem Projekt Bilder von „Getty Images“ ver­mit­teln. Kostenpunkt? 10 US-​Dollar! Davon gehen 25%, also 2,50 USD an den Fiverr-​Vermittler, den Rest tei­len sich Getty Images, Fiverr selbst sowie der Fotograf in einem nicht genann­ten Verhältnis.

Ich den­ke, ihr erkennt die Ironie der Meldung. Die „Mühen“, die Getty Images hat­te, um zu ver­ste­hen, wie Adobe Stock die „Lebenskosten von Fotografen nach­hal­tig unter­stüt­zen“ könn­te, schei­nen über­wun­den und wer­den jetzt kopiert.

Wenn die Kunden nicht sowie­so einen der – ille­ga­len – Fiverr-​Dienste in Anspruch neh­men, wo Leute 10 Stockfotos für 5 US-​Dollar anbieten…

Wie schätzt ihr die neus­ten Entwicklungen ein?

9 Gedanken zu „Die Heuchelei von Getty Images am Beispiel von Adobe Stock und Fiverr“

  1. hal­lo robert,

    ich hat­te auch schon 8 dollar-​cent ver­käu­fe bei istock­pho­to. ich den­ke mal, das sagt schon alles.
    für wie blöd hal­ten die eigent­lich ihre fotografen?
    aber das hat tra­di­ti­on bei istock­pho­to, je län­ger und je dreis­ter man mär­chen erzählt, des­to weni­ger leu­te regen sich drü­ber auf.
    man erwar­tet ein­fach nix mehr von denen. am wenigs­ten erwar­tet man übri­gens ehrlichkeit ;(

  2. Heuchelei ist es, sich über Getty auf­zu­re­gen aber wei­ter­hin denen Bilder zu lie­fern. Wir wis­sen doch alle, dass Getty mit der agres­si­ven Preispolitik den Wert von Bildern
    Auf Centbeträge drück­te und Fotografen die
    Dummen dabei sind. Es kön­nen nur noch Amateure zu den Preisen arbei­ten! So sehen auch die Bilder aus. Jeder Profi soll­te sich eine klei­ne Agentur suchen, die kei­ne Bilder für 16Cent ver­kau­fen. Ruft zu einem Buykott auf,
    kei­ne Bilder für die Getty Sippe!!

  3. Getty Images – wer ist das?
    Das hat ein Modell unlängst gefragt, als sie das MR unter­schrie­ben hat.
    Ich glau­be Getty Images ver­sinkt lang­sam in der Bedeutungslosigkeit. Zumindest bei der jun­gen Generation.

  4. Das ist ja ein­fach, Getty ist Mist – dabei hat der Microstock die­sen Preiskrieg begon­nen, Naiv wer glaubt, damit wür­de kei­ne Abwärtsspirale in Gang gesetzt.

    Natürlich über­lässt die größ­te Bildagentur nicht kampf­los den Markt. Wenn hier einer Mist baut, dann jawohl alle Microstockfotografen, ange­fan­gen mit Yuri Arcus.

    Es ist nur gut, dass gera­de bei der simp­len Fotografie im Stockbereich sich der Preis nach unten ori­en­tiert, wenn erst­mal zuneh­mend Handybilder auf den Markt kom­men, gibt es bestimmt in naher Zukunft gar kein Geld mehr für die Fotografen.

    Gerade hier bie­tet sich die Chance für gute, pro­fes­sio­nel­le Fotografie. Zeit das Microstock in die­ser Form ein Ende fin­det, Schluss, aus – Basta! Ich will den Mist nicht mehr sehen, da wird mir schlecht.

  5. @Robert
    Ganz so Unschuldig ist wohl Getty Images auch nicht. Die haben über istock den Preiskampf am Stockfotomarkt ver­schärft. Ähnlich wie Adobe hat Getty ja das Netzwerk die Billigware zu ver­trei­ben. Da hat Getty Images die klei­nen Agenturen finan­zi­ell an den Rand gedrängt. Plötzlich haben Zeitschriften von klei­ne­ren Agenturen ein Abo Modell gefor­dert. Getty hat das ja vor­an getrie­ben für Großkunden. Den Markt hat Getty bewusst über den Preiskampf kaputt gemacht. Wie vie­le klei­ne Agenten gibt es denn noch, die nicht auch Verkäufe über 1€ und haben.
    Bei Istock hat man das Upload Limit gestri­chen und die exklu­si­ven Fotografen das Wasser abgegraben.
    Angenommen man will im 1 Promille Bereich mit der Agentur mit wachsen.
    Bei stock haben da im Jahr 2007 pro Monat 120 Bilder gereicht. Im Jahr 2012 hät­te man mit 300 Bildern noch immer mit­hal­ten kön­nen. Im Jahr 2014 waren es dann über 800 Bilder im Monat.
    Das kann man nicht mit­hal­ten. Wo ist da die Qualität von der Getty Images spricht. Wenn man bei istock im Monat 800 Bilder hoch­la­den muss. Nur um im Verhältnis 1/​1000 nicht zurück zu fallen.
    Ich lade der­zeit nur über mei­nen Flikr Account bei Getty Images hoch. Das ist mehr sport­lich gese­hen, als ein Geschäftsmodell. Bei einem Limit von 50 Bilder die Woche und einer Annahme Quote von etwa 20%. Aber die Bilder gehen nicht im Nirvana unter und die Herausforderung macht irgend­wie auch Spass. Wobei es selbst da Verkäufe unter $10 geben kann. Tja, wor­über hat sich Getty Images nun mal beschwert?

  6. Hallo Robert Meins,

    ent­schul­di­ge bit­te – aber das was Du da schreibst ist lei­der Mist !

    Unter den Stockfotografen gibt es vie­le die inzwi­schen Ihren Lebensunterhalt damit verdienen.
    Außerdem sind vie­le Fotografen im Bereich Microstock des öfte­ren um ein viel­fa­ches bes­ser als
    so man­cher der sich „Profifotograf“ nennt. Für mich ist jemand ein Profi, wenn er technisch
    ein­wand­freie Fotos mit Aussagekraft macht und damit auch noch sei­nen Lebensunterhalt verdient.
    Bestes Beispiel, der Betreiber die­ses Blockes – ich glaub zu der Qualität von Robert´s Fotos
    braucht man glau­be ich nichts sagen – hier gilt abso­lut die Definition: „Profigotograf“.

    Viele Grüße

    Tom

  7. Ich muss mich lei­der wie­der­ho­len: Microstock ist tot. So schnell wie die Bilddeposits der Agenturen wach­sen, kön­nen neue Fotografen kaum mithalten.
    Auch wenn man das Buch von Robert K. liest (und das ist ja schon etwas län­ger raus), sieht man, dass er der Einzige ist, der wohl von MS leben kann.
    Robert stellt für mich das Top Promille aller Contributers dar und vie­le den­ken, sie könn­ten doch auch mal schnell ein­fa­ches Geld ver­die­nen… aber die­se Leute haben die Longtail – Struktur von MS noch nicht begriffen.
    Ich sehe nicht, wie die Lowprice Strategie sich wen­den soll­te, denn es wer­den sich immer Produzenten aus Billiglohnländern (z.B. Ukraine) fin­den, wel­che mit wenig Geld auskommen.
    Die Agenturen ver­su­chen hier und da noch neue mög­li­che Einkommensquellen zu erschlies­sen – das auch erfolg­reich, aller­dings hier sehr oft zu noch schlech­te­ren Konditionen.
    Ich war­te also auf die ers­te Agentur, wel­che ganz stolz das 100-​Millionste Bild in ihrer Datenbank feiert.

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