Täuschung? Getty Images & der Pinterest-Deal

Die von der Carlyle Group gehal­te­ne Bildagentur Getty Images agiert mög­li­cher­wei­se irre­füh­rend, wenn es um die Verlautbarungen über Einkommen, Verkäufe und Lizenzierung von Inhalten geht, die unter das kürz­lich ange­kün­dig­te Abkommen mit Pinterest fal­len. Jetzt im Besitz der pri­va­ten Carlyle Group, ist wenig bekannt über die Geschäftsbeziehungen von Getty Images, aber hin und wie­der gelan­gen inter­es­san­te Neuigkeiten an die Öffentlichkeit.

Schauen wir uns zuerst den Blogbeitrag an, in wel­chem der Deal ange­kün­digt wird. Hier sind eini­ge rele­van­te Auszüge aus dem Blogbeitrag gera­de über das, wofür Pinterest Getty bezahlt – nur für Metadaten:

Getty Images und Pinterest haben ein Abkommen zu Wege gebracht, das die Welt in eine stär­ker visu­el­le Zukunft füh­ren wird, indem unse­re umfang­rei­chen Metadaten und attrak­ti­ver Inhalt kom­bi­niert werden …“

Der Begriff Metadaten taucht im obi­gen Zitat auf, gefolgt von einer hoch­tra­ben­den Äußerung über die „tol­len Fotografen von Getty Images…“ und Einzelheiten zu den Informationen (damit sind die Metadaten gemeint) über den Designer der Stiefel auf dem Foto:

Nehmen wir an, Sie stö­bern auf den Pinterest-​Seiten und ent­de­cken ein Bild von Beyonce, auf wel­chem Sie die­se schar­fen Stiefel trägt. Aber es fehlt jeg­li­che Information dar­über, wer die Stiefel ent­wor­fen hat oder wo du sie kau­fen kannst! Es könn­te auch schwer sein her­aus­zu­be­kom­men, dass ein tol­ler Fotograf bei Getty Images das Bild auf­ge­nom­men hat.“

Dann macht Getty klar, dass es Metadaten sind, die verkauft/​lizenziert wer­den sol­len und dass das Foto dann einen Bildnachweis und einen Link bekommt.

Unsere neue Partnerschaft mit Pinterest bie­tet eine Lösung… wir ver­wen­den unse­re API-​Schnittstelle „Connect“, um Pinterest wesent­li­che Informationen zur Verfügung zu stel­len – ein­schließ­lich Bildnachweisen von Getty Images, wann und wo das Bild ent­stan­den ist und mehr. Wir brin­gen einen Bildnachweis auf der Seite von Pinterest und einen Link zurück unter.“

An die­ser Stelle ver­deut­licht Getty, dass die Vergütung ein­zig für die Metadaten anfällt. Die fol­gen­de Aussage ist so klar umris­sen wie die Aussage von Präsident Obama: Wenn Sie mit Ihrem Arzt oder Gesundheitsplan zufrie­den sind, kön­nen Sie ihn behal­ten. Da besteht kein Zweifel – Getty wird für „die­se umfang­rei­chen Metadaten“ bezahlt:

Pinterest wird Getty eine Gebühr für die­se umfang­rei­che Metadaten bezah­len, die wir mit den Anbietern tei­len werden.“

Wenn für ein Foto Lizenzgebühren in Höhe von 1,00 Dollar anfal­len, was schät­zen Sie, wäre die Lizenzgebühr für die Metadaten? 0,01 Dollar? 0,10 Dollar? Sicherlich ist der Betrag ein Bruchteil des­sen, was die Lizenzgebühr für das Bild aus­ma­chen wür­de, und dann wird die­ser Anteil des Lizenzeinkommens für das Bild zu einem unglei­chen Prozentsatz zu Gettys Gunsten aufgeteilt.

Nirgendwo sagt Getty, dass Pinterest Lizenzgebühren für das Bild bezahlt.

Warum ist es wich­tig, dass Getty unmiss­ver­ständ­lich klar­macht, dass es eine Gebühr für die Metadaten ist? Lassen Sie uns eini­ge Abschnitte des Vertrages genau­er beleuch­ten, den Getty mit sei­nen Anbietern abschließt.

Zuerst erläu­tert Getty, dass die Vereinbarung für „Akzeptierte Inhalte“ gilt, um dann zu defi­nie­ren was „Akzeptierte Inhalte“ sind:

Diese Vereinbarung betrifft alle Inhalte (gemäß der Definition im Abschnitt 1.2) , wel­che Sie frü­her ein­ge­reicht haben oder in Zukunft ein­rei­chen wer­den, die zum Vertrieb durch Getty akzep­tiert wur­den („Akzeptierte Inhalte“).“

1.2 Arten von Inhalten: Diese Vereinbarung gilt für fol­gen­de Arten von Inhalten („der Inhalt“):
(a) Fotografien, Illustrationen oder ande­re unbe­weg­te visu­el­le Darstellungen („unbe­weg­te Bilder“); (b) beweg­te visu­el­le Inhalte in jeg­li­cher Form, ein­schließ­lich Filme, Videobänder, digi­ta­le Dateien, Animationen und Clips („Filmmaterial“); und © Fonts, Audiodateien und jeg­li­che ande­re durch Copyright geschütz­te Werke, in allen Fällen, in wel­cher Weise und in wel­chem Format und mit wel­chem Werkzeug auch immer erzeugt, ein­schließ­lich von Reproduktionen, Bearbeitungen und abge­lei­te­ten Werke davon. “

Es wird in den vor­an­ge­hen­den Ausführungen deut­lich, dass es sich bei „Inhalt“ (con­tent) um „Fotografien“, nicht um Metadaten han­delt. Im fol­gen­den Abschnitt erklärt Getty zuerst, was selbst­ver­ständ­lich sein soll­te – dass Sie die Rechte an Ihrem „Akzeptierten Inhalt“ besit­zen, aller­dings macht Getty dann unmiss­ver­ständ­lich klar: „Getty Images besitzt alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche, ein­schließ­lich aller Copyright-​Rechte, die neben Ihrem Copyright an Ihren „Akzeptierten Inhalten“ ent­ste­hen, an allen Arbeiten durch oder für Getty Images, die viel­fa­che Elemente „Akzeptierter Inhalte“ und/​oder ande­re Inhalte enthalten.

1.13 Copyright an „Akzeptiertem Inhalt“ oder ande­ren Werken. Gegenstand der in die­ser Vereinbarung gewähr­ten Rechte ist, dass Sie alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche ein­schließ­lich des Urheberrechts an allen „Akzeptierten Inhalten“ behal­ten, auch dann, wenn es Bestandteil abge­lei­te­ter Werke Dritter ist. Getty Images erhält alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche, ein­schließ­lich aller Copyright-​Rechte, die neben Ihrem Copyright an Ihren „Akzeptierten Inhalten“ ent­ste­hen, für jeg­li­che Arbeiten durch oder für Getty Images, die­viel­fa­che Elemente „Akzeptierter Inhalte“ und/​oder ande­re Inhalte ent­hal­ten. Sowohl Sie, als auch Getty Images in Ihrem Namen, kön­nen das Copyright an jeg­li­chem „Akzeptierten Inhalt“ bei der ent­spre­chen­den Behörde regis­trie­ren lassen.“

Danach besitzt Getty alles, außer dem eigent­li­chen Foto als Teil des „Akzeptierten Inhalts“ – Metadaten „und/​oder ande­re Inhalte“.

Noch ein­mal: Anbieter wer­den hono­riert mit einem Anteil an der Gebühr für die Metadaten anstatt für einen Anteil an den Lizenzgebühren für das Foto, denn Getty macht voll­kom­men klar, dass sie nur für Metadaten bezahlt werden.

Bis ges­tern [Anmerkung R.K.: Gemeint ist Donnerstag, der 12.12.2013].

Auf einer ein­tä­gi­gen Konferenz, die hier in der Nähe von Washington DC vom „US Patent and Trademark Office“ ver­an­stal­tet wur­de – „Copyright Policy, Creativity, and Innovation in the Digital Economy“ (Details fin­den sie hier). Ich habe mir den Webcast ange­se­hen, ein Teilnehmer der Konferenz war John Lapham, Senior Vice President und General Counsel bei Getty Images.

Hier ist das Video:

Wenn sie zur vor­spu­len zu Minute 19:10 im Video, beginnt die Diskussion über unser Thema.

Lapham bemerkt zuerst bezüg­lich des Pinterest-Abkommens:

… ein gerau­mer Teil ihres Inhalts steht den Anbietern von Getty zu, und anstatt einen Schlagabtausch zu füh­ren dar­über, was mit Bildern auf Ihrer Webseite pas­sie­ren soll­te und was nicht, sagen wir, wenn Bilder hin- und her gescho­ben wer­den, ver­liert man die Metadaten, die Attribute. Und statt laut­hals dar­über zu strei­ten, ob man Bilder lizen­zie­ren soll­te oder nicht, lasst uns doch die Metadaten wie­der kor­rekt mit die­sen Bilddateien ver­knüp­fen und lasst unse­ren Anbietern als Gegenleistung die Tantiemen zukom­men, die ihnen für die Nutzung ihrer Inhalte zuste­hen. Das war das Ziel beim Bemühen um ein der­ar­ti­ges Abkommen…“

Die Moderatorin Ann Chaitovitz, Berater-​Anwältin für das us-​amerikanische Patentamt USPTO, hak­te bei Lapham nach, weil alle frü­he­ren Aussagen von Getty dahin­ge­hend lau­te­ten, dass nur für Metadaten bezahlt wer­den soll­te. Sie wiederholte:

Danke, ähm, also kann ich, nur zu mei­nem bes­se­ren Verständnis, es geht um Metadaten – Sie ver­knüp­fen die Metadaten wie­der, gab es da auch irgend­ei­ne Bezahlung oder war das, um sie für zukünf­ti­ge Verwendung zu kennzeichnen?“

Lapham ant­wort:

Ahh, die Vereinbarung funk­tio­niert so, dass äh, wir da eine Datenbank haben, eine Bilddatenbank, die, wis­sen Sie, Millionen von Bildern ent­hält, nicht nur unse­re, son­dern von Wettbewerbern, ande­ren Unternehmen, und wir kön­nen die Bilddatenbank abglei­chen mit einer Webseite, um her­aus­zu­fin­den, wel­che Übereinstimmungen es gibt. Und durch die Anwendung die­ser Erkennungstechnologie kön­nen wir sagen, wis­sen Sie, wir kön­nen sagen, wenn wir bei­spiels­wei­se die UPSTO-​Webseite neh­men, dass Sie dort 110.000 Fotos von Getty Images vor­hal­ten, und die­se Bilddateien haben kei­ne Metadaten mehr, wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der und die Gebühr, die dafür ver­langt wer­den kann, könn­te auf einer Basis pro Bild pro Monat erfol­gen, so dass die Person, die das Werk geschaf­fen hat, im Gegenzug dafür ent­lohnt wer­den kann.“

Lapham bringt meh­re­re Argumente. In sei­nem Eingangsstatement:

lasst unse­ren Anbietern als Gegenleistung die Tantiemen zukom­men, die ihnen für die Nutzung ihrer Inhalte zustehen.“

In sei­nem Folgebeitrag führt er aus:

wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der, und die Gebühr, die dafür ver­langt wer­den kann, könn­te auf einer Basis pro Bild pro Monat erfol­gen, so dass die Person, die das Werk geschaf­fen hat, im Gegenzug dafür ent­lohnt wer­den kann.“

Demnach ist die ver­lang­te Gebühr für das Wiederverknüpfen der Metadaten? Wenn er sagt, „die Gebühr die dafür ver­langt wer­den kann“, dann bezieht er sich offen­sicht­lich auf die Tätigkeit im glei­chen Satz davor: “ wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der“ und dann, bezieht sich das „dafür ent­lohnt wer­den kann“, bezieht sich das „dafür“ auf das „die­ses Werk geschaf­fen haben“ oder auf das Wiederverknüpfen?

Warum ist das wichtig?

Nun, in dem Vertrag von Getty Images über­tra­gen die Anbieter ihr Recht, gegen eine Rechtsverletzung zu kla­gen oder Ansprüche zu erheben:

1.11 Recht auf Wahrnehmung von Rechtsansprüchen. Getty Images erhält das Recht nach bes­tem kauf­män­ni­schem Ermessen zu ent­schei­den, ob und in wel­chem Umfang gegen Dritte wegen unbe­fug­ter Verwendung „Akzeptierter Inhalte“ vor­ge­gan­gen wer­den soll. Sie ermäch­ti­gen Getty Images und die Vertriebspartner, auf deren Kosten das exklu­si­ve Recht, jed­we­de Ansprüche im Zusammenhang mit Verletzungen des Copyrights an „Akzeptierten Inhalten“ und einem dazu­ge­hö­ren­den geis­ti­gen Eigentum („Ansprüche“) gel­tend zu machen, zu regeln, bei­zu­le­gen und abzuwehren.“

Wir stel­len hier eine fein­sin­ni­ge, aber schwer­wie­gen­de Frage. Lapham ver­deut­licht, dass Bilder von Anbietern von Getty Images einen guten Teil der Bilder bei Pinterest aus­ma­chen. Bis zu dem Abkommen war die Existenz die­ser Bilder ein Verstoß gegen das Copyright der Eigentümer der Bilder.

Getty stellt fest, dass man nicht in einen Schlagabtausch mit Pinterest gehen will. Wir spre­chen von Millionen von Bildern, und der Unterschied, was ein Fotograf als Anteil an der Metadaten-​Gebühr im Gegensatz zu einem Einkommensanteil an einer Bild-​Lizenz erhal­ten wür­de, könn­te Millionen von Dollar aus­ma­chen, die auf Kosten der Anbieter im Säckel von Getty lan­den, nur auf­grund der Art und Weise, wie die Vereinbarungen zwi­schen Getty und Pinterest sowie zwi­schen Getty und sei­nen Anbietern abge­fasst sind.

Es scheint mir hin­ter­sin­nig, ein Abkommen anzu­kün­di­gen, bei wel­chem sich das Einkommen nach den Metadaten rich­tet, aber dann – auf einer kei­nem all­zu brei­ten Publikum bekann­ten Veranstaltung, deren Beiträge nicht in zahl­lo­sen Presseartikeln wie­der­holt wer­den – eine abwei­chen­de Antwort dahin­ge­hend zu erhal­ten, dass Getty tat­säch­lich für Bildlizenzen bezahlt wird, was sie wie­der­um zu einem höhe­ren Anteil den Anbietern ver­dan­ken. Offensichtlich hat­te die Moderatorin ein ande­res Verständnis, als sie die Frage stell­te, und sie ist eine hoch­ge­schätz­te Anwältin, die die Regierung in Fragen des geis­ti­gen Eigentums berät, wes­halb es durch­aus von Bedeutung ist, dass sie ver­wirrt war von dem, was Lapham im Widerspruch zu dem zuvor ange­kün­dig­ten Abkommen sagte.

So lau­tet die offe­ne Frage, auf deren Beantwortung die Anbieter von Getty Images einen Anspruch haben:
„Erhalten wir eine Vergütung für unse­ren „Akzeptierten Inhalt“ (d.h. Fotografien) oder erhal­ten wir eine Vergütung für Metadaten?“

Lapham ver­deut­lich­te, dass die­se bedingt sind durch deren Abgaben für die Nutzung ihrer Inhalte.

Die Frage die sich dar­aus ergibt, ist:
„Wie hoch sind die Bruttoeinnahmen pro lizen­zier­tem Foto und wie hoch sind die Bruttoeinnahmen für das Wiederverknüpfen und die Anzeige der Metadaten.?“

_​_​_​_​_​_​_​_​

Dieser Artikel ist eine Übersetzung des Artikels „Deception? Getty Images & The Pinterest Deal“ aus dem Blog „Photo Business News“ von John Harrington. Die Übersetzung erfolg­te mit freund­li­cher Genehmigung des Autors. Ich habe zum bes­se­ren Verständnis eini­ge Links ein­ge­fügt und teil­wei­se eini­ge Stellen anders markiert.

5 Gedanken zu „Täuschung? Getty Images & der Pinterest-Deal“

  1. ein wei­te­rer Grund nichts mehr bei Istock einzustellen.
    Letztendlich wird die­se Geschäftspolitik zum Scheitern füh­ren, da kei­ne ver­nünf­ti­gen Bilder mehr ein­ge­stellt werden.

    Gruß Jochen

  2. Hallo!

    Was erwar­tet Ihr denn von einer der größ­ten ame­ri­ka­ni­schen Private-​Equity-​Gesellschaften. Doch nicht etwa so etwas wie Partnerschaft auf Augenhöhe, das wäre ja wirk­lich sehr naiv. Sinn und Zweck die­ser „Unternehmen“ ist es, Superreiche mega­reich zu machen, kos­te es, was es wol­le. So was wie Demokratie, Teilhabe, sozia­les Gewissen kann man doch von denen nicht erwar­ten. Anbieter sind zum aus­neh­men, das ist deren Motto.

    ThinMan

  3. In Konzernen sind Arbeiter die unters­te Ebene. Mir scheint, Getty Images sieht die Fotografen auch auf der unters­ten Ebene. Also, auf Augenhöhe sicher nicht.

  4. Ist auch dahin­ge­hend schwie­rig, da das Urheberrecht in vie­len Ländern unter­schied­lich gehand­habt wird. So etwas wie Copyright, gibt es in Deutschland zum Beispiel nicht, daher sind dahin gehen­de Äußerungen irrelevant. 

    Ich per­sön­lich stel­le bei Pinterest auch nur Bilder ein, wel­che mit einem Wasserzeichen ver­se­hen sind um die Quelle und damit auch die Fotografen, ein Stück weit zu schützen.

  5. Hätte da ne fra­ge zu Pinterest. Ich ver­trei­be ein par Bilder über 500px und habe die­se nun ver­linkt auf Pinterest gefun­den von irgend einem auf sein Profil ver­linkt. Weis hier wer wie das nun mit den Bildrechten aus­sieht, da ich die­ser Person nie­mals Bildrechte übertragen/​verkauft habe.?!?

Kommentare sind geschlossen.