Heute gibt es wieder eine Folge „Pimp My Stock!“, in der ich Bilder von Fotografen daraufhin beurteile, ob sie sich gut verkaufen lassen würden.
Dieses Mal schrieb mir David:
„Hallo Robert,
ich heiße David, bin 17 Jahre alt und fotografiere seit etwa 2 Jahren hobbymäßig. Zuerst mit einer Olympus E‑520 und seit kurzem mit einer EOS 600D (hauptsächlich mit dem EF 50mm 1.8). Hauptsächlich sind die Motive allerdings aus meinem zweiten Hobbybereich, dem Modellbau. Diese eignen sich also kaum zum Verkaufen.
Anbei sende ich dir einige Bilder, bei denen ich gerne deine Meinung hören würde. Die meisten sind einfach nur Schnappschüsse (mit Handy oder Kompaktkamera). Ich weiß deshalb, dass Sie qualitativ nicht unbedingt das Maß aller Dinge sind aber darum geht es mir erstmal nicht.
Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
David“
Ohne lange Vorreden schauen wir uns direkt die Bilder an.
Wenn ich ehrlich bin, musste ich bei diesem Foto lange grübeln, was überhaupt zu sehen ist? Ein leeres Glas Bowle? Vielleicht. Falls das der Fall ist: Erstens ist es immer blöd, wenn die Käufer nicht erkennen können, was auf einem Bild zu sehen ist, denn dann kaufen sie es nicht. Zweitens sind Stockfotos meist dazu da, Verkäufe anzukurbeln oder bei Foodfotos auch den Appetit anzuregen. Das ist hier nicht der Fall. Das Bild ist zu dunkel, trist und der Bildaufbau verwirrend. Zum Vergleich: So sieht ein Foto von einer Bowle* aus, welche das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.
Das Problem bei diesem Foto ist offensichtlich. Der Horizont ist – vermutlich durch ein starkes Weitwinkelobjektv – zu sehr gekrümmt. Selbst wenn das nachträglich in Photoshop entzerrt werden würde, fehlt bei dem Bild trotzdem ein „Vordergrund“ und es wirkt zu dunkel.
Ähnliches gilt auch für dieses Bild von einigen Schwimmern im Meer. Insgesamt ist es schon etwas besser, weil mit den Menschen im Wasser mehr Aussage im Bild ist, aber dafür sind sie wiederum zu weit weg, um das Foto lohnend zu machen.
Hier ein Foto der Tate Gallery in London. Allerdings ist es schwarz/weiß, was bei Stockfotos selten gut ankommt, es ist zu dunkel und unten rechts sind Plakate zu erkennen, welche Problem mit Designschutz und Markenrecht bringen könnte. Deswegen leider ebenfalls ungeeignet.
Bei diesem Foto gibt es ebenfalls mehrere Probleme, von denen das erste direkt ins Auge springt. Der Elizabeth Tower mit dem Big Ben in London ist hinter einer Statue versteckt. Diese wiederum ist wieder zu dunkel und selbst wenn es nur um die Statue ginge, ist die Rückenansicht bestimmt nicht der geeignetste Winkel dafür.
Das Foto von einem Yachthafen ist etwas besser. Das Motiv als solches könnte einige Käufer finden. Voraussetzung ist jedoch, dass Bootsnamen etc. retuschiert werden. Aber auch hier wirkt das Bild für mich etwas zu dunkel (siehe der Schatten beim vorderen rechten Boot) und die Farben sind etwas flau.
Von den eingesandten Bildern hat das Bild dieser Achterbahn für mich die größten Verkaufschancen. Die Farben sind kräftig, oben ist Platz für Textfreiraum und die Bahn selbst ist genau an der richtigen Stelle. Wieder gilt jedoch: Das Schwarz ist zu dunkel und daher sind kaum Details der mitfahrenden Menschen zu erkennen. Keine Ahnung, ob das an der Kamera, der Einstellung oder der Nachbearbeitung liegt.
Eine Erklärung liefert vielleicht der Text der Email. Wenn es nur Schnappschüsse vom Handy oder einer Kompaktkamera sind, die selbst der Fotograf nicht für qualitativ hochwertig hält, liegt auf der Hand, warum sich die Käufer nicht um die Bilder reißen werden. Ein Minimum an Bildqualität und Gedanken über die Motive und Kompisition sollte schon vorhanden sein, um gute Verkäufe bei Bildagenturen erzielen zu können. Wenn ich aber ehrlich bin, sahen meine Fotos mit 17 Jahren auch nicht besser aus.
Wie seht ihr das?
Wer ebenfalls eine ehrliche Meinung und Tipps zur Verbesserung seiner Stockfotos haben will, kann hier nachlesen, wie man bei der “Pimp My Stock!”-Serie mitmachen kann.
* Affiliate
Die Rubrik der Bildkritik finde ich grundsätzlich gut. Es erscheinen allerdings immer wieder – bei allem Respekt – Anfängerbilder, bei denen man dem Fotografen nur den Rat geben kann, sich mit Grundsätzen von Bildgestaltung etc. auseinander zu setzen, bevor er sich einer großen „Jury“ stellt.
@Ralf: Ja, ich weiß, was Du meinst. Leider kann ich nur das nehmen, was eingesandt wird. Aber bei den nächsten Folgen werden auch einige dabei sein, wo die Bilder ein höheres Niveau haben.
Hm, ist auch schwierig was dazu zu schreiben, was war denn die eigentliche Frage von David? 🙂 Fakt ist, was David mit 17 ganz gut kann, ist Motive zu „sehen“, wo andere in dem Alter gewiss nicht hingucken. Oder Blickwinkel, die interessant sind. Leider nur ist diese Art „Kunst“ eher in Foren gefragt, wo man seine Bilder zeigen kann und andere sie „hübsch“ finden. Stockfotografie ist ein eigenes Genre mit eigenen Gesetzen. Da geht es weder um Kunst, noch um „hübsch“, sondern einzig um Verkäuflichkeit. Was also einen völlig anderen Blickwinkel auf Motive erfordert. Aus dem Blickwinkel der Verkäuflichkeit ist keins der Fotos geeignet. Nicht mal unbedingt weil sie schlecht wären, sondern weil es für jedes Motiv zig bessere in den Agenturen gibt. Wenn du – David – also Stockfotos machen willst, solltest du in den Agenturen nachschauen wie deine Art Motive dort dargestellt werden. Wie eine verkäufliche Achterbahn, Yachthafen oder Bowle aussehen. Und die Beschäftigung mit Bildbearbeitung gehört auch dazu. Viel Spaß aber auch weiterhin mit der Fotografie 🙂
Hätte mir auch interessantere Bilder gewünscht und nicht nur Anfängerbilder. Aber Robert hat das ja schon beantwortet. Hätte nur gedacht, dass du mehr Einsendungen/Auswahl hast.
Die Bilder sind fürn Anfänger zum lernen ok und ich erkenne auch meine Anfänge darin. Aber für die meisten Leser diesmal nicht so spannend.
Danke trotzdem für die Mühe, ich mag diese Kategorie! 🙂
Die Bildbesprechung ist auch eine meiner Lieblingsrubriken. Ich sehe gerne was andere abgeben und dann versuche ich mich selbst als Anfänger irgendwie einzuordnen.
Auch versuche ich mir die Fotos anzuschauen bevor ich Roberts beurteilung lese und mache mir selbst Gedanken was ich von den Bildern halte und was meiner Meinung nach Verbesserungswürdig wäre (und das erlaube ich mir ohne es vielleicht besser zu können). Dadurch sehe ich dann ob ich ein Auge dafür habe oder nicht – manchmal fällt mir das gleiche auf, oft aber auch nicht. Das hilft mir aber auch mich selbst passiv zu verbessern.
Ob das nun im Ansatz gute Fotos sind oder nicht macht für mich keinen Unterschied. Den Lerneffekt habe ich in jedem Fall 🙂
Bislang habe ich noch keine Fotos eingereicht, aber vielleicht sollte ich das auch mal machen.