Rezension: Portraiture (Retusche-​Plugin für Photoshop, Lightroom und Aperture)

Bei der Bildbearbeitung für die Stockfotografie geht es vor allem um Schnelligkeit. Während Leute wie Calvin Hollywood oder DOCMA-​Abonnenten ger­ne 3–4 Stunden an einem Bild sit­zen und stolz dar­auf sind*, ist das kei­ne Option bei den nied­ri­gen Preisen, die im Microstock-​Bereich erzielt werden.

Deshalb wur­de ich schnell hell­hö­rig, als ich in einer Facebook-​Gruppe für Stockfotografen von einem Retusche-​Plugin für Photoshop gele­sen habe. Das nennt sich Portraiture von der Firma Imagenomic und ist als Plugin für Lightroom, Photoshop oder Aperture erhältlich.

Wenn wir uns die mög­li­chen Einstellungen anschau­en, sehen wir vie­le Regler:


Im Vorschau-​Fenster in der Mitte sind mit einem Rechtsklick noch mehr Auswahlmöglichkeiten vor­han­den, zum Beispiel ob man im Split-​Screen lie­ber das vor­läu­fi­ge Ergebnis sehen will oder lie­ber die aktu­ell selek­tier­ten Hauttöne. Die auto­ma­ti­sche Hauterkennung funk­tio­niert zuver­läs­sig und wer will, kann in den bei­den Farbfeldern links leicht den Farbraum etwas ver­schie­ben, der dann wahl­wei­se auch für die gesam­te Fotoserie bei­be­hal­ten wird.

Oben links gibt es eini­ge Presets zur Auswahl, die mir aus zwei Gründen voll­kom­men aus­rei­chen: Die Presets hei­ßen Default, Normal, Medium und High und sind im Grunde ähn­lich mit immer stär­ker anstei­gen­der Hautglättung. Dazu kom­men zusätz­li­che Einstellungen fütr Glamour, Lowkey und Highkey, die mir aber nicht zusa­gen. Wer will, kann ger­ne an allen Reglern dre­hen und eige­ne Presets abspei­chern, aber da es mir bei der Bildbearbeitung vor allem um Schnelligkeit geht, reicht mir meist das Default- oder Normal-​Preset. Hier ein Vergleich der Presets (Normal habe ich weggelassen):

Sehr kom­for­ta­bel fin­de ich auch, dass die Möglichkeit besteht, die Ergebnisse als neue Ebene, wahl­wei­se mit oder ohne Transparenzmaske abzu­spei­chern. Ich wäh­le immer „neue Ebene mit Transparenzmaske“, denn so kann ich durch eine Änderung der Ebenentransparenz in Photoshop in Sekundenbruchteilen die Stärke des Filters nach­träg­lich reduzieren.

Portraiture ist nicht das ein­zi­ge Werkzeug, wel­ches eine beque­me Hautretusche ver­spricht. Vom System her gut fin­de ich bei­spiels­wei­se auch Portrait Professional, was aber drei gewich­ti­ge Nachteile hat. Vor der Nutzung müs­sen die Koordinaten von Mundwinkeln, Augen, Nase etc. ange­ge­ben wer­den, weil das Programm auch die Kopfform nach gän­gi­gen Schönheitsidealen ver­än­dern kann. Das geht zwar sehr intui­tiv, dau­ert aber trotz­dem ca. eine Minute. Außerdem ist das Programm nicht als Plugin erhält­lich, was den Workflow umständ­li­cher macht und – sehr ner­vend – die Testversion stürz­te bei mir gele­gent­lich ab.

Genau die­se drei Punkte sind im Umkehrschluss die Dinge, die mich bei Portraiture über­zeugt haben.

Es geht super­schnell, also im bes­ten Falle bin ich mit drei Klicks (Filter/​Portraiture/​OK) fer­tig, da die auto­ma­ti­sche Hauterkennung und das Default-​Preset gute Dienste leis­ten. Das Ergebnis kann ich not­falls nach­träg­lich eben­so schnell durch eine Veränderung der Ebenentransparenz redu­zie­ren und das Programm läuft sta­bil. Genau das Richtige für Stockfotografen, die schnell vie­le Bilder einer Serie mit Models retu­schie­ren müssen.

Kleine Einschränkungen

Es gibt zwei klei­ne Einschränkungen von Portraiture, die man ken­nen soll­te, die aber wenig an der Nützlichkeit des Programms ändern. Erstens hat das Tool kei­ne „Gesichtserkennung“, son­dern die Hauterkennung funk­tio­niert über einen Farbbereich. Das bedeu­tet, dass Motivteile im Bild wie Wände oder Kleidung, die ähn­li­che Farbbereiche wie die Haut auf­wei­sen, eben­falls von Portraiture bear­bei­tet wer­den. Hier kommt wie­der der Vorteil der neu­en Ebene mit Transparenzmaske zum Tragen, denn mit dem Radiergummi-​Werkzeug kann ich schnell Bildbereiche ent­fer­nen. Bei unschar­fen Dingen im Hintergrund habe ich jedoch den Eindruck, dass Portraiture durch die Weichzeichnung wie eine Art Rauschreduzierung wirkt, wes­halb ich den Effekt manch­mal sogar ganz hilf­reich finde.

Die zwei­te Einschränkung ist, dass Portraiture kei­ne gro­ßen Pickel, Muttermale, Leberflecke oder ins Gesicht hän­gen­de Haare ent­fernt, wie man im zwei­ten Beispielbild gut sehen kann. Deshalb ent­fer­ne ich die­se „gro­ben Makel“ vor der Anwendung von Portraiture.

Unterm Strich

Portraiture ist auch trotz des hap­pi­gen Preises von ca. 200 Dollar eine gute Empfehlung für Stockfotografen. Auch wer Auftragsportraits, Hochzeiten oder Akt foto­gra­fiert, wird das Plugin zu schät­zen ler­nen, da es im Gegensatz zu eini­gen ande­ren Hautglättungswerkzeugen sehr schnell und leicht ein trotz­dem rea­lis­ti­sches Ergebnis liefert.

Wie retu­schiert ihr die Haut bei Stockfotos und wel­che Hilfsmittel nehmt ihr dafür?

(* Die Ergebnisse sehen dann oft auch sehr beein­dru­ckend aus, aber für Stock dau­ert es eben zu lange.)

12 Gedanken zu „Rezension: Portraiture (Retusche-​Plugin für Photoshop, Lightroom und Aperture)“

  1. Wie so oft gefällt mir das unbe­ar­bei­te­te Resultat viel bes­ser 😉 Aber die Verkaufszahlen wer­den klar Sache spre­chen und wie so oft ste­hen die Bildkäufer nicht auf Realität… wäre an sich Interessant von einem glei­chen Bild 2 Versionen ein­zu­stel­len und zu schau­en, was sich bes­ser verkauft.

  2. Sowohl Portraiture als auch PortraitProfessional wer­den von mir benutzt. Portraiture besticht vor allem mit Schnelligkeit (3x kli­cken, 2x Schieberegler)- fer­tig. Ganze Bildserienbearbeitung in einem Rutsch.
    Portrait Professional das Werkzeug für mehr Veränderungen. Portrait Prof. ist in der Studio- und in der Studio64-​Version auch als Photoshop Plug-​In vefüg­bar. Bei Portraiture soll­te noch erwähnt wer­den dass es kei­ne Deutsche Version gibt – eng­lish only.

  3. Könnte mir vor­stel­len, dass die eine oder ande­re Bildagentur Bilder ablehnt wegen „Überbearbeitung“. Ist mir frü­her mal mit PortraitProfessional pas­siert. Lasse mich aber ger­ne eines bes­se­ren belehren. 

    Brauche der­zeit kei­ne auto­ma­ti­sche Retuschehilfe, da ich mei­ne Bildbaerbeitung ja nach Indien aus­ge­la­gert habe.

  4. Diese Programme erset­zen aber nie eine pro­fes­sio­nel­le Schminke. Das sieht man sehr gut am zwei­ten Beispielbild. Pickel und Hautunreinheiten müs­sen weg­ge­schminckt wer­den. Wenn es nach­her im o.g. Programmen gemacht wird sehen die Bilder unna­tür­lich aus.

  5. Ich habe mal die Trialversion aus­pro­biert und war ganz hap­py damit. Aber stimmt, der Preis ist schon hap­pig und da ich mit der Fotografie nur sehr unre­gel­mä­ßig Geld ver­die­ne hat­te sich das auch nicht gelohnt. Habe eben­so auf manu­el­le Methoden über diver­se Anleitungen zurückgegriffen. 

    Ist eben ein lan­ger Weg bis zum gewünsch­ten Ergebnis…

  6. Also ich nut­ze auch Portrait Professional in der Studio Version. Abstürze hat­te ich eigent­lich noch nie und man kann es auch als Plugin nut­zen – funk­tio­niert dann ala Nik-​Filter, dass man eine neue Ebene erhält, lei­der mit kei­ner­lei Masken, aber man kann dann ja immer­hin mit Deckkraft abschwä­chen o.ä.
    Das auto­ma­ti­sche Verflüssigen schal­te ich meist ab, aber der Vorteil der Markierung von Mund, Augen usw. ist, dass man dann auch gleich gezielt Augen, Mund, Haare bear­bei­ten und ggf. schär­fen kann …

  7. Wenn die Hauterkennung über Farbbereiche erkannt wird, funk­tio­niert das Plugin dann auch mit dun­kel­häu­ti­gen (oder sehr hell­häu­ti­gen) Modells?

  8. Ich den­ke, die 200 Dollar hät­te ich lie­ber in NIK Effex Pro inves­tiert, wel­ches neben dem adäqua­ten Dynamik Skin Softener Filter – wel­cher de fac­to die glei­chen Ausgabeergenisse lie­fert – unzäh­li­ge ande­re, teil­wei­se sehr, sehr nütz­li­che Filter beinhal­tet. Ausgabe erfolgt eben­falls , wenn gewünscht, als Ebene in PS mit Maskenebene.

  9. Hallo,

    ja ich kann auch den NIK Color Efex Pro 4 sehr emp­feh­len. Durch die vie­len Filter die dabei sind ist es sehr oft ein­setz­bar. Mit sowas kann man schon viel Zeit sparen.

    Schöne Grüße
    Daniel

  10. Ich nut­ze bei­des, NIK Efex Pro 4 und das Portraiture Plugin. Beides möch­te ich nicht mehr mis­sen, mit dem Portraiture hat sich die Bearbeitungszeit von Model-​Shootings deut­lich ver­kürzt. Und Ablehnungen hat­te ich noch kei­ne. Übrigens bekommt man für das Geld das Recht, die Lizenz auf zwei Rechnern ein­zu­set­zen, also zB auch das Notebook zusätz­lich für unter­wegs oder für die Assistenz.

  11. Ich habe mir ver­schie­de­ne Bearbeitungsschritte als Aktion abgespeichert.
    In einer neu­en Ebene wird das Bild damit bear­bei­tet und per Maske selek­tiv gesteu­ert. Wenn der Effekt zu stark ist, wird die Transparenz ange­passt bis es mei­nen Vorstellungen entspricht.

    Hautunreinheiten wer­den auch hier vor­her entfernt.

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