Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 18

Heute gibt es wie­der eine der heiß ersehn­ten Folgen von „Pimp My Stock!“. In der acht­zehn­ten Folge tritt der Fotograf Helmut Hess ins Rampenlicht. Er schrieb mir:

Hallo Robert,

nach­dem ich mir dein Buch zur Stockfotografie gekauft habe, bin ich auf dei­nen sehr inter­es­san­ten Blog gekommen.

Ich foto­gra­fie­re seit über 40 Jahren –  seit 2004 aus­schließ­lich digi­tal. Bis 2011 habe ich über­wie­gend mit DSLRs von Canon gear­bei­tet (40D, 5DMII, 7D etc.). Inzwischen habe ich mei­ne Ausrüstung aus Transport- und Gewichtsgründen auf Systemkameras von Panasonic „geschrumpft“.
Ich habe bis­her kei­ne Fotos über Agenturen ver­kauft, betrei­be aber mit eini­gem Erfolg seit rund 5 Jahren Wettbewerbsfotografie. Da ich immer öfter bezüg­lich des Verkaufs mei­ner Bilder ange­spro­chen wer­de, befas­se ich mich jetzt mit dem Thema etwas inten­si­ver. Daher möch­te ich dein Angebot zu kon­struk­ti­ver Kritik ger­ne annehmen 😉

Ich habe mal 10 unter­schied­li­che Bilder aus mei­ner Sammlung ange­hängt und freue mich auf dei­ne Einschätzung, ob mei­ne Art zu foto­gra­fie­ren für Stockfoto- oder gene­rell Agenturen geeig­net ist. Die Bilder dür­fen ger­ne in dei­nem Blog ver­öf­fent­licht wer­den und gegen eine Verlinkung zu mei­ner Homepage habe ich auch nichts ein­zu­wen­den: www.galerie-ef.de

Ich freue mich auf dei­ne Meinung -
vie­le Grüße aus Erfurt
Helmut Hess“

Dann mal Ärmel hoch­ge­krem­pelt und los geht’s:


Das ers­te Foto scheint ein HDR-​Bild zu sein: Ein Sofa auf einem rus­ti­ka­len Dachboden.

Ich grei­fe etwas vor, aber man man merkt den ein­ge­sand­ten Bildern an, dass Helmut Erfahrungen mit Fotowettbewerben hat. Seine Motive sind pla­ka­tiv, tech­nisch gut aus­ge­ar­bei­tet und manch­mal etwas skur­ril oder humor­voll. Ich kann mir gut vor­stel­len, dass Jurys dar­an Gefallen fin­den. Die Ausleuchtung ist ein­drucks­voll, der HDR-​Effekt nicht über­trie­ben und der sicht­ba­re Lichtstrahl durch das Fenster erzeugt eine schö­ne Stimmung. Nur: Wozu soll so ein Foto benutzt wer­den? Wenn der Fotograf sich mit der glei­chen Technik auf den hin­te­ren Teil des Bildes kon­zen­triert hät­te mit den Säcken oder viel­leicht sogar ein Model als Bäcker mit einem Sack Mehl auf der Schulter por­trä­tiert hät­te, wäre das Foto sehr begehrt gewe­sen. Oder wenn statt des Sofas dort eine rus­ti­ka­le alte (Schatz-)Kiste stünde…

Wasserfarben erge­ben ein Prozentzeichen: Originelle Idee, die gut umge­setzt wür­de. Aber: Rahmen gehen ers­tens gar nicht, was aber kein Problem dar­stellt, die­sen zu ent­fer­nen. Störender ist schon die Vignettierung. Hier wäre es bes­ser gewe­sen, ent­we­der gleich hel­ler zu foto­gra­fie­ren oder den grau­en Hintergrund so zu las­sen wie er ist.


Eine coo­le Fotomontage, skur­ril und amü­sant. Aber auch hier gilt wie­der die Frage: Wofür soll­ten wel­che Kunden so ein Motiv benötigen?


Das ist schon bes­ser. Schnecken über­que­ren die Straße, eine hat dabei eine zwei­te klei­ne Schnecke auf dem Häuschen. Hier gibt es vie­le Einsatzmöglichkeiten: Schnelligkeit, Verkehrssicherheit, Faulheit, Familie und so wei­ter. Besser wäre viel­leicht noch ein blau­er Wolkenhimmel gewe­sen, der jedoch auch die Aussage etwas geän­dert hät­te von „bedroh­lich“ zu „sor­gen­frei“. Falls das Bild eine Fotomontage ist oder wer­den könn­te, wäre es eine Überlegung, die Schnecke über eine asphal­tier­te Autobahn krie­chen zu lassen.


Leuchtende Paprika
sieht man auch nicht alle Tage. Als Produktfoto im Stockfotografie-​Bereich wäre eine ande­re Beleuchtung sicher hilf­rei­cher gewe­sen. Zum einen bevor­zu­gen Käufer Motive auf wei­ßem Hintergrund und zum ande­ren stö­ren die doch auf­fäl­li­gen Kerne der Paprika. Und so rich­tig frisch sieht der lin­ke Teil auch nicht mehr aus. Als Tipp noch für Euch: Beim Recherchieren habe ich gemerkt, dass es nur weni­ge rich­tig gute Freisteller von Paprika in Microstock-​Agenturen gibt. Chillis ja, aber die­se Art von Paprika deut­lich weni­ger. Da ist also noch eine Lücke, die foto­gra­fiert wer­den könnte.

Hier wie­der­um beim Foto der Kapstachelbeeren pas­sen sowohl Beleuchtung als auch Aufbau gut zusam­men, da das Licht von hin­ten den fra­gi­len Charakter der Früchte unter­streicht. Zwar sind Motive vor dunk­lem Hintergrund bei Käufern gene­rell nicht so beliebt wie vor hel­lem Hintergrund, aber in die­sem Fall eig­net sich das Foto sicher gut zur Abgrenzung gegen­über den vie­len Freistellern auf Weiß.


Beim Foto des Volleyball-​Netzes am Strand wur­de wie­der eine span­nen­de Komposition gewählt. Im Microstock-​Bereich wird man damit sicher nicht reich wer­den, aber in einer „Rights Managed“-Kollektion könn­te ich mir das gut vorstellen.


Die Anordnung des Hügels, des Baums und der Wolken sind bei die­sem Foto groß­ar­tig. Wieder ein groß­ar­ti­ger Blick für Komposition. Trotzdem gibt es auch hier eini­ge Dinge anzu­mer­ken. Erstens das Bildformat: Statt 2:3 wie bei den meis­ten ande­ren Bildern wur­de hier das 4:3‑Format ver­wen­det, was unpro­fes­sio­nel­ler wirkt, weil eher Consumer-​Kameras 4:3 nut­zen, wäh­rend Profi-​Kameras mit 2:3 arbei­ten. Das sagt über­haupt nichts über das Bild oder die Bildqualität aus, aber auch sol­che Details wir­ken unter­schwel­lig. Und wer ein Foto ganz­sei­tig dru­cken will, braucht es eh im 2:3‑Format. Zweitens die Mohnblüten: Die sind lei­der im Vordergrund schon etwas zu ver­welkt, um das Foto als Werbebild nut­zen zu kön­nen. Drittens die Farben: Diese könn­ten deut­lich gesät­tig­ter und etwas hel­ler sein. Hier mal zwei Vergleichsbilder: Wiese* und Untersicht*. Da sich bis auf die Blüten aber die ande­ren bei­den Kritikpunkte noch gut in Photoshop ändern las­sen, wür­de sich das Motiv sicher gut verkaufen.


Ich bin nicht sicher, was hier dar­ge­stellt wer­den soll: Seifenbläschen von unten? Trotzdem hat das Motiv das Zeug zu einem guten Stockfoto. Dafür wür­de ich aber das run­de Ding links ein­fach weg­las­sen und mich auf die Struktur der Bläschen kon­zen­trie­ren. Außerdem soll­te der Hintergrund im rech­ten und unte­ren Bereich nicht so ins Schwarze aus­lau­fen, das Blau wäre eine geeig­ne­te­re Hintergrundfarbe.

Eine Schwarz-​Weiß-​Aufnahme einer Pusteblume im Gegenlicht. Sieht schick aus und kann ich mir gut als Poster oder Fine-​Art-​Print vor­stel­len. Bildagenturen mögen gene­rell schwarz-​weiße Motive nicht so ger­ne, aber hier könn­ten sie viel­leicht eine Ausnahme machen. Aber als RM-​Bild ist es eben­falls bes­ser auf­ge­ho­ben als im Microstock-Bereich.

Insgesamt wür­de ich sagen, dass die Fotos von einem guten Verständnis für Aufnahmetechnik und Bildaufteilung zeu­gen. Was für die Verkäuflichkeit der Bilder noch fehlt ist eine kla­re­re, kon­zep­tio­nel­le­re Bildsprache, die schnel­ler lukra­ti­ve Themen und gefrag­te Aussagen erken­nen lässt.

Was meint ihr zu mei­ner Beurteilung? Wo stimmt ihr zu, was seht ihr anders?

*Affiliate

12 Gedanken zu „Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 18“

  1. @Helmut: Hallo Helmut,

    schön aus­ge­ar­bei­te­te Bilder, die soll­test Du nicht im bil­lig Segment plat­zie­ren, ver­such es doch mal bei Plainpicture, da könn­ten die gut rein­pas­sen. Die ver­kau­fen gut an die Werbung und auch vie­le Buchcover, ich glau­be die arbei­ten auch mit Getty zusam­men, kann lukra­tiv werden.…

  2. @Helmut: Die Fotos sind wirk­lich inter­es­sant und aus­ge­fal­len. Auf kei­nen Fall wür­de ich die zu Microstock-​Agenturen geben! Mein Tipp: Schau dir mal http://www.agefotostock.com in Spanien an. Ich bin dort seit vie­len Jahren und sehr zufrie­den. Kreative RM-​Bilder wer­den dort immer gesucht. Es gibt auch ein gro­ßes Partnernetzwerk (neu­er­dings auch mit Getty).

    @Robert: Vor vie­len Jahren gab es Mittelformatkameras, die 6 x 4,5 cm gro­ße Dias erstellt haben. Das Bildformat 4:3 wird also nicht nur von Biligknipsen ver­wen­det. Ich selbst habe eini­ge tau­send digitia­le Bilder im 4:3 Format im Angebot und die ver­kau­fen sich (auch über Agenturen) bes­tens! Das Bildformat soll­te also kein Auschlusskriterium sein.

  3. @Steffen: Das Format ist natür­lich kein Ausschlusskriterium, aber es wirkt unter­be­wußt. Und wie Du rich­tig schreibst, sind die Mittelformatkameras mit 3:4‑Format auch schon etwas älter.

  4. @Robert+Steffen: Mittelformatkamers gibt es immer noch, und die haben fast alle noch das Format 4:3 🙂 Siehe aktu­el­le Modelle von Leaf, PhaseOne, Pentax und Co.

    @Robert: Der Link oben zu Galerie tut nicht 😉

    @Helmut: Gute Bilder fin­den auch ihre Käufer – ver­suchs doch mal bei den genann­ten, Imagebroker könn­te man da noch hin­zu­fü­gen. Aber auch im Mikrostock ver­kau­fen sich auch noch ande­re Bilder als die Mädels mit Headset – ich spre­che da aus Erfahrung ;).

  5. Ich find die bil­der toll und bei fotolia& Co wären sie tat­säch­lich „Perlen vor die Säue“ Die leh­nen sie eh wegen „techn. Mängel“ ab.

  6. Die (sinn­ge­mäe) Aussage „aber wer soll das kau­fen“ ist mei­ner Meinung nach eine Microstock Sichtweise. Gute Bilder haben immer ihren Markt, aber eben sehr oft nicht im Microstock.
    Ob die Bilder von Plainpicture & Co gut genug sind kann ich nicht beur­tei­len. Kommt auch dar­auf an, wie vie­le Bilder denn im Archiv sind.

    Zu 4:3, im Microstock mag das „ama­teur­haft“ aus­se­hen, im höher­wer­ti­gen Segment soll­te das wirk­lich kei­ne Rolle spie­len, da wie schon erwähnt die sünd­teu­ren Mittelformat-​Digis eben­falls 4:3 Format haben.

  7. Hallo,
    ich habe auch über 10 Jahre Wettbewerbsfotografie betrieben.
    Im Prinzip sind dies zwei unter­schied­li­che Genres, wo sel­ten ein Motiv auch für Stockagenturen passt. Unabhängig ob RM oder RF.
    Meine erfolg­reichs­ten Wettbewerbsfotos wur­den bei den meis­ten Bildagenturen über­wie­gend abge­lehnt oder die weni­gen akzep­tier­ten sind kei­ne Verkaufsschlager. Meistens sogar Ladenhüter die kei­nen Umsatz bringen.

    Allerdings kann dies auch an die Fotomotiven liegen.

    Ich sehe es im Prinzip wie Robert im Schlußsatz. Technisch und vom Bildaufbau her­vor­ra­gen­de Fotografien. Es fehlt aber eine kla­re Bildaussage. Ohne die­se wird mein kaum auf Stückzahlen kommen.

    Am meis­ten Verkaufschancen wür­de ich den Schnecken die die Straße über­que­ren ein­räu­men. In dem Bild ist eine Aussage die wer­be­tech­nisch sehr gut ver­wen­det wer­den könnte.

    MFG
    Bernd

  8. @ Robert und mei­ne Vorschreiber:

    sor­ry, dass ich mich erst heu­te mel­de, war ein paar Tage im Urlaub…

    Erstmal vie­len Dank für die offe­ne und nach­voll­zieh­ba­re Kritik bzw. Einschätzung mei­ner Fotos. Mir ist inzwi­schen klar gewor­den, dass ich für Agenturen anders foto­gra­fie­ren muss als für Wettbewerbe. Ich habe mich zwi­schen­zeit­lich auf Empfehlung eines Bekannten bei image­bro­ker ange­mel­det, bin mir aber nicht sicher, ob das die idea­le Agentur für mich ist. Die sind übri­gens auch mit Gettys ver­ban­delt. Dank eurer Hinweise wer­de ich mir aber noch ein paar ande­re Agenturen ansehen.

    Grüße
    Helmut

  9. Lieber Robert

    Ich besu­che immer wie­der ganz ger­ne Deine (inter­es­san­te) Seite. Und habe jetzt mal eine Anmerkung (mache ich eigent­lich nie). Das Problem bei Shutterstock und Co. ist die­ser uner­träg­li­che Look der Bilder, der sich immer noch mehr angleicht – geschleckt und nichts­sa­gend! Ich sage das als ein Abnehmer der Bilder.

    Schöne Grüße
    Nik

  10. Das liegt lei­der nicht in mei­ner Hand … und das mit nichts­sa­gend (s.o.) muss ich kor­rie­gie­ren, ist das fal­sche wort. rich­tig ist beliebig!

Kommentare sind geschlossen.