Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 16

Nach paar Monaten Pause geht es dies­mal wei­ter mit einer neu­en Folge von „Pimp My Stock!“. Wer nicht weiß, was das ist, bekommt hier die Erklärung. Heute bat mich der Hobby-​Fotograf Horst Eisele, sei­ne Fotos zu kom­men­tie­ren. Hier sei­ne Mail:

Hallo Robert,

vie­len Dank für dei­nen tol­len Blog.

Trotz Studiums ver­schie­dens­ter Lektüre bin ich erst hier in dei­nem Blog auf die ent­schei­den­den Informationen gesto­ßen, war­um mei­ne Ausschußquote so hoch ist. (hof­fe ich doch 😉

Ich selbst foto­gra­fie­re seit gut 10 Jahren digi­tal (mehr schlecht als recht…), aber erst seit 2009 woll­te ich das ver­tie­fen, nicht ganz ohne Grund, im Januar 2009 kam mein Sohn auf die Welt.

Das mach­te dann rich­tig Spaß und über diver­se Literatur und den Bedarf an Fotos bei mei­nem Arbeitgeber bin auf die Stockagenturen auf­merk­sam geworden.

Also schnell bei Fotolia ange­mel­det und den Fotobestand durch­fors­tet und hoch­ge­la­den. In 2010 dann noch Bildmaschine, Panthermedia, DigitalStock, Bildunion, Pitopia.

Mit mäßi­gem Erfolg. Bei Fotolia habe ich aktu­ell von 180 Uploads 32 ange­nom­men Bilder, davon 13 Verkäufe. Bei den ande­ren Agenturen, trotz rela­tiv hoher Annahmequote (Bildunion hat 118 von ca. 200 Bildern ange­nom­men), hat­te ich nichts ver­kauft. Zwischendurch hat­te ich alle Agenturen außer Fotolia wie­der gelöscht bzw. die Bilder run­ter genom­men (wegen der Exklusivität bei Fotolia).

Nun möch­te ich das etwas aus­bau­en und wür­de ger­ne dei­ne Meinung hören zu mei­nen bei­gefüg­ten Beispielen. Gerade von den Bildern mei­nes Jungen erhof­fe ich mir ein paar Erlöse.

2 Bilder sind jeweils 4x ver­kauft wor­den: 10_​00775 [Eichhörnchen, sie­he unten] und 09_​04929 [Hochsitz, sie­he unten]. Ich hat­te mir gera­de bei den bei­den Bildern kei­ne all­zu guten Chancen ver­spro­chen. Das Eichhörnchen ver­ste­he ich ja, Tiere in frei­er Natur sind wohl begehrt, was man so liest.

Aber war­um läuft der Hochsitz eben­falls gut?

Die ande­ren Bilder sind neu bzw. über­ar­bei­tet und gera­de in der Upload-Phase.

Zur Technik: Ich habe begon­nen mit der Canon 450D, seit März 2011 die Canon 60D. Als Objektive set­ze ich das Sigma 70–200mm f2.8 ein, Canon 18–200mm f3.5–5.6 (Wunsch wäre hier mal das 24–105L), als Portrait hat­te ich ange­fan­gen mit einem Canon 50mm f1.4, jedoch wohl ein mie­ses Exemplar erwischt, nun bin ich bei der Günstig-​Fraktion Tamron 60mm f2.0.

Ich ten­die­re gefühls­mäs­sig zu Tieren in der Natur, wer­de mir dann 2012 noch ein Canon 100–400 mm bzw. Sigma 120–400 mm beschaffen.

Seit 2 Wochen baue ich Panthermedia, DigitalStock und Pitopia wie­der auf, auf Anregen dei­nes Blogs.

Ich wür­de mich freu­en auf eini­ge Anregungen und wün­sche dir schon mal fro­he Weihnachten.

Viele Grüße, Horst Eisele“

Also Ärmel hoch­ge­krem­pelt, Brille auf­ge­setzt und los geht es mit dem ers­ten Foto.


Dieses Foto eines Hochsitzes ist – wie in der Mail erwähnt – eines der best­ver­kauf­ten Bilder in sei­nem Portfolio. Horst fragt, war­um? Ohne groß zu recher­chie­ren ahn­te ich schon die Antwort, wel­che sich schnell bestä­tig­te. Es liegt am Angebot und der Verschlagwortung. Damit mei­ne ich nicht nur, dass das Wort „Hochsitz“ bei den Suchbegriffen vor­kommt, son­dern auch, dass die Übersetzung der Begriffe – zumin­dest bei Fotolia – zu wün­schen übrig lässt. Suche ich auf der deut­sche Seite nach „Hochsitz“, erhal­te ich ca. 450 Bilder, die meis­ten davon pas­send, wenn auch vie­le zusätz­lich mit Jägern. Wenn ich das Wort „Jäger“ aus­schlie­ße, blei­ben nur noch ca. 170 Bilder übrig. Viele der Hochsitze sind jedoch nicht erkenn­bar im Wald, son­dern ste­hen auf Feldern, sind ein­ge­schneit oder ähn­li­ches. So bleibt das Foto von Horst eins der weni­gen, wie sich Kunden einen Hochsitz vor­stel­len. Außerdem folgt die Bildaufteilung der Drittel-​Rgel und lässt oben viel Platz für Text.

Suche ich auf der eng­li­schen Fotolia-​Seite hin­ge­gen nach „High Seat“, „Raised blind“, „Raised hide“ oder „Hunting tower“ (alles Begriffe für „Hochsitz“), erhal­te ich meist weni­ger als 100 Treffer und vie­le davon voll­kom­men unpassend.

Etwas stö­rend an dem Bild ist mei­nes Erachtens der tote Baumstamm rechts vom Hochsitz, da auf Werbefotos der Eindruck eines gesun­den Waldes erweckt wer­den soll. Hier wür­de eine ande­re Perspektive helfen.


Bei die­sem Eichhörnchen-​Foto gibt es kei­ne Übersetzungsprobleme, dafür ist das Eichhörnchen durch den unschar­fen, hel­len Hintergrund gut her­vor­ge­ho­ben Ein etwas enge­rer Bildausschnitt hät­te dem Foto gut getan. Ich wäre sogar so weit gegan­gen, die bei­den Stellen oben am Stamm zu retu­schie­ren. Leicht stö­rend ist auch der schrä­ge Ast unten rechts. Insgesamt ist es ein gelun­ge­nes Foto, was jedoch ange­sichts der Konkurrenz von über 10.000 ande­ren Eichhörnchen-​Bildern wenig Chancen hat, sich zu einem Bestseller zu entwickeln.


Grundsätzlich ist das Motiv vom Jungen beim Drachensteigen sehr ver­käuf­lich. Es gibt hier lei­der jedoch kon­kret vier Punkte, wel­che die Verkäuflichkeit trü­ben: Junge, Drachen, Himmel und Landschaft. Der Reihe nach: Der Junge ist lei­der nur von hin­ten zu sehen, noch dazu in so dunk­ler Kleidung, dass er fast nur als Silhouette zu sehen ist. Es kann gute Gründe für so eine Herangehensweise geben, hier fehlt jedoch die Offenheit und damit die Möglichkeit, zu sehen, dass der Junge kind­li­che Freude an sei­nem Spiel hat. Der Drachen ist viel zu klein und einen Tick zu modern für die­ses eher nost­al­gi­sche Freizeitvergnügen. Der Himmel ist immer­hin blau, aber für die gro­ße Fläche zu „ein­fach“, hier wür­den eini­ge fluf­fi­ge wei­ße Wölkchen dem Bild gut tun. Die Landschaft wirkt lei­der farb­los und außer­dem kippt der Horizont. Wie wür­de ein Bild gut ver­käuf­li­ches Bild vom glei­chen Motiv aus­se­hen, bei dem alle kri­ti­sier­ten Punkte umge­setzt wur­den? So!*


Bei die­sem Foto sehen wir einen sehr nied­li­chen Jungen beim Spielen sehr herz­lich lächeln. Das kommt bei Stockfotos immer sehr gut an, zumal die Ausleuchtung hier per­fekt gelun­gen ist. Sehr schön auch die Baustelle im Hintergrund. Stockfotografie-​Profis erken­nen jedoch sofort, was bei die­sem Bild falsch ist: Die deut­sche Schrift auf dem Karton schränkt die mög­li­chen Verwendungsländer sehr stark ein, da Werbekunden oft wol­len, dass die Betrachter das Gefühl von Nähe haben, wäh­rend frem­de Sprachen genau das Gegenteil erzeugen.

Das läßt sich aber am Computer ziem­lich schnell retu­schie­ren und wür­de die Verkäuflichkeit erhö­hen. Bei der Gelegenheit könn­te oben rechts noch die Wandvertäfelung auf­ge­hellt wer­den, das wür­de das Bild noch freund­li­cher machen. Auch das glän­zen­de Kügelchen im Mund könn­te noch ent­fernt werden.


Das Foto ist schon bes­ser. Ein schö­nes Lachen und das Blau der Mütze und des Schals pas­sen gut zum Schnee. Ich hät­te eini­ge, viel­leicht sogar alle, der Fußspuren im Schnee weg­re­tu­schiert. Außerdem ist nicht ganz klar, was das Braune sein soll: Schneeanzug, Kinderwagen?


Bei die­sem Foto muss ich lei­der ganz klar sagen: Das wird sich nicht gut ver­kau­fen. Ich erken­ne kaum, was es dar­stel­len soll: Regenrinne, Bach, Waserrutsche? Da fehlt ein­fach die kla­re Aussage, das ver­käuf­li­che Motiv. Außerdem sind die wei­ßen Stellen aus­ge­fres­sen und ich ver­mu­te, dass bei einer 100%-Ansicht dort in der Nähe auch chro­ma­ti­sche Abberation zu erken­nen sein wird.


Das Foto vom Jungen auf der Wippe ist schon bes­ser. Die Komposition mit dem Blick durch den Griff ist unge­wöhn­lich und zieht einen förm­lich in das Bild rein. Der stau­nen­de Gesichtsausdruck passt auch, obwohl ein strah­len­des Lachen wie beim Winterbild sich bestimmt bes­ser ver­kau­fen wür­de. Ich hät­te auch noch die paar „Flecken“ auf der Wippe retu­schiert, aber ins­ge­samt ist das ein gutes Stockfoto.

Was meint ihr? Teilt ihr mei­ne Einschätzung oder wür­det ihr etwas anders sehen?

Wer sei­ne Bilder eben­falls in einer „Pimp My Stock!“-Folge sehen will, kann hier die Teilnahmebedingungen lesen.

* Affiliate

6 Gedanken zu „Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 16“

  1. Hallo Robert,

    vie­len Dank für die Beurteilung mei­ner Bilder. Es ist schon etwas ande­res, eine Bewertung von einem Profi zu erhal­ten und, mit wel­chen spe­zi­el­len Anforderungen in der Stockfotografie gerech­net wer­den muss.

    Nicht im Traum wären mir die deut­schen Schriftzüge auf der Kiste mit den Holzklötzen als Nachteil auf­ge­fal­len. Oder der Baumstamm als nega­ti­ver Faktor.

    Die übli­chen Kommentare in den Communities nüt­zen einem auch nicht son­der­lich viel, wenn man in die­sen Bereich wei­ter ein­stei­gen möchte.

    Ich wer­de daher mei­ne Bilder in Zukunft mit ande­ren Augen prü­fen und mir geziel­ter die ande­ren Bilder der Agenturen zu ähn­li­chen Themen anschauen.

    So blei­be ich dei­nem Blog treu und sage nur… wei­ter so und Danke für die offe­nen Worte.

    Gruß, Horst

  2. Hallo Robert,
    ein­fach Spitzenklasse! dei­ne Bildbesprechungen sind genau das, was WIRKLICH hilft, wenn man sich ent­wi­ckeln möch­te; egal ob für die kom­mer­zi­el­le Verwendung der Fotos oder ein­fach „nur“ als Amateurfotograf. Alleine dei­ne Anmerkungen zu frem­den Fotos zu lesen berei­chert ungemein.

    Vielen Dank für dei­ne Mühe und ich hof­fe, dein Angebot wird wei­ter­hin genutzt.

    vie­le Grüße nach Kölle, Reinhard

  3. Hallo,

    mei­ne Meinung zum Hochsitz: Ist ein gutes Bild. Liegt fast im gol­de­nen Schnitt, der Hochsitz kommt super raus. Der Wald sieht gut aus und gera­de der abge­stor­be­ne Baum run­det den Eindruck per­fekt ab. Es ist sau­ber Belichtet und die Farne im Vordergrund sowie die Schattenflächen rechts geben dem Bild tie­fe und Kontrast. Es gibt eine sau­be­re schö­ne Staffelung von Tiefe und Helligkeit von unten nach oben. Toller Himmel. Polfilter wäre schön gewe­sen. Der Blick bleibt ganz auto­ma­tisch beim Hochsitz hän­gen. Der Hochsitz sel­ber ist genau so wie „man“ sich einen Hochsitz malen wür­de. Das Thema ist uni­ver­sell bespiel­bar – von Ausschau hal­ten, suchen bis Trophäe, von Heimat bis Tierschutz, von sau­rer Regen bis Schäferstündchen. Dieses Bild wird man nicht in der Werbung ein­set­zen. Aber es ist per­fek­tes Füllmaterial für Editorials und Internetseiten. Schön viel Futter drum rum, kann sich jeder Layouter bei Bedarf noch pas­send zurecht schnei­den ohne das das Motiv sofort lei­det. Das Zweiglein rechts ober ragt etwas ver­las­sen ins Bild – viel­leicht hät­te man das Bild recht etwas mehr Einrahmen kön­nen. Aber das kann der Kunde sel­ber nach sei­nem Geschmack in jede Richtung fixen.

    Grüße
    stefan

  4. Sehr geehr­ter Herr Kneschke,
    ich woll­te die Stocktauglichkeit eini­ger Bilder von Ihnen über­prü­fen las­sen, bevor ich über­haupt Bildagenturen belie­fe­re. Wo und wie kann ich mei­ne Bilder bei Ihnen hochladen?
    Ihr letz­tes Buch über Die Stockfotografie habe ich gelesen.
    Es sind gute Tipps dabei!

    Bitte um Hilfe und bal­di­ge Antwort!

    Mit freund­li­chen Grüßen Jürgen Dietrich

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