Die Geschichte eines Internet-​Fotos – Kopiert, geklaut, benutzt

Es war ein­mal ein Fotograf, der auf einem Konzert ein Foto mach­te. Das Konzert des Musikers Casper fand im November in Köln statt und der Fotograf mach­te die Bilder für ein Musikmagazin. Eins der Bilder war die­ses, was er in sei­nem Blog und dem Musikmagazin zeigte:

Casper im Underground, Köln (1/​400s, 24mm, f2.8, ISO 3200)

Das Bild bear­bei­te­te er auch mit einem Retro-​Filter in Photoshop und das Ergebnis sah so aus, was er eben­falls in sei­nem Blog-​Artikel zeigte.

Casper im Underground, Köln (Retro-​Look)

Okay, ihr ahnt sicher, wer die­ser Fotograf gewe­sen ist. Ich habe das Foto gemacht und will Euch erzäh­len, was seit der Veröffentlichung im Musikmagazin und mei­nem Blog gesche­hen ist.

Casper fand das Foto so cool, dass er es am 11. April 2011 hier auf sei­ne Facebook-​Seite pack­te. Leider schrieb er nur dazu: „wisst ihr noch letz­tes jahr? köln 2010? ham­mer­bild. kei­ne ahnung wer das gemacht hat, aber es ist ein wahn­sin­nig supe­res bild! und genau so wie das da drauf aus­sieht, so wer­den die fes­ti­vals auch! ich freu mich!“

Noch am glei­chen Tag wies mich der Fotograf und Blog-​Leser Gerd Dörfler dar­auf hin, dass das Foto auf der Facebook-​Seite zu sehen sei und er schrieb dort auch gleich als Kommentar: „Für alle die es inter­es­siert: das bild stammt von robert knesch­ke aus köln. Er hat auch noch mehr fotos an dem abend gemacht. Mehr über ihn: www.alltageinesfotoproduzenten.de“ Das brach­te immer­hin etwas mehr Klicks für mei­nen Blog.

Nachdem ich freund­lich bei dem Management von Casper ange­ru­fen hat­te und dar­auf hin­wies, dass ich das Bild gemacht hat­te, baten sie um Entschuldigung für den unge­stü­men Künstler und Casper ergänz­te sei­ne Bildunterschrift um „(Foto wur­de bereit­ge­stellt von Robert Kneschke, besu­che: www.robertkneschke.de)“. Das war auch okay für mich, immer­hin hat der Musiker als Abgebildeter ja auch Rechte an dem Bild.

In der Folge bekam ich paar Emails, in denen mich Fans baten, ob ich ihnen das Bild in vol­ler Auflösung schi­cken kön­ne, damit sie es sich als Poster dru­cken könn­ten. Mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte des Musikers lehn­te ich ab.

Bei Facebook bekam das Foto mitt­ler­wei­le über 100 – durch­weg posi­ti­ve – Kommentare und 862 Personen „gefällt das“. Das führ­te lei­der auch zu einer infla­tio­nä­ren Verbreitung des Bildes.

Viele Bildfunde bei Google Images

Dank der neu­en Google Images Bildersuche fand ich eini­ge Webseiten, wel­che das Foto ohne mei­ne Erlaubnis nutz­ten, geschwei­ge denn einen Link oder eine Quelle anga­ben. Anfangs schrieb ich eini­ge der Seiten an und bat um eine nach­träg­li­che Verlinkung, was auch prompt umge­setzt wur­de. Blöderweise gab es bei eini­gen Seiten kein Impressum und ich ver­schwen­de­te viel Arbeitszeit, die Verantwortlichen raus­zu­su­chen. Als ich dann auf eine Mail mit dem sinn­ge­mä­ßen Inhalt „Bitte ent­fer­ne das Foto, da ich der Urheber bin und kei­ne Nutzungserlaubnis erteilt habe, andern­falls muss ich mir wei­te­re Schritte vor­be­hal­ten“ eine sehr pam­pi­ge Antwort zurück kam à la: „Was willst du, du hät­test auch höf­lich fra­gen kön­nen, ohne mir mit ‚wei­te­ren Schritten‘ zu dro­hen, ich nehm das Bild mal run­ter, aber nur aus­nahm­wei­se“, wur­de es mir zu blöd. Ich bin doch kein Bittsteller, dem ande­re einen Gefallen tun, son­dern andersrum.

Deshalb ging ich zwei Wege. An alle Seiten, mit dem Bild, die nicht aus Deutschland waren und des­we­gen kein Impressum ent­hal­ten muss­ten, ver­schick­te ich „DMCA Takedown Notices“. Das ist eine Möglichkeit nach dem us-​amerikanischen Urheberrecht, als Urheber sei­ne Werke schnell ent­fer­nen zu las­sen. Betroffen waren meist Blogging-​Hoster wie Tumblr.com, blogger.com oder ande­re Facebook-​Seiten. Als Vorlage benutz­te ich die­ses Beispielschreiben, wo ich nur mei­nen Namen und die Linkadressen aus­tau­schen musste.

Auszug mei­ner Mail-​Korrespondenz wegen des Casper-Bildes

Positiv war, dass auf die DMCA-​Meldungen sehr schnell reagiert wur­de und die betref­fen­den Blogeinträge mit mei­nem Foto gelöscht wur­den. In einem Forum nutz­te ein User mein Foto sogar als Signatur und bat im Forum auch dar­um, ob ihm jemand aus mei­nem Foto ein coo­les Hintergrundbild für sei­nen Youtube-​Kanal bas­teln kön­ne. Jemand erfüll­te ihm die­sen Wunsch und ich muss­te fest­stel­len, dass es bei YouTube nicht so leicht ist, Hintergrundbilder ent­fer­nen zu las­sen. Videos, ja, kein Problem, aber Hintergründe schei­nen schwie­ri­ger zu sein.

Während ich bis­her bei pri­va­ten Webseiten bei­de Augen zuge­drückt hat­te, gab es auch eini­ge Webseite wie Musikmagazine, wel­che das Foto uner­laubt nutz­ten. Hier über­ge­be ich die Fälle an mei­nen Anwalt, da Medien oder kom­mer­zi­el­le Nutzer die Grundzüge des Urheberrechts ken­nen sollten.

Vor paar Tagen war ich dann auf einem Konzert von Auletta in Köln, um wie­der Fotos für das Musikmagazin zu machen. Ein Mädchen vor mir im Publikum hol­te kurz ihr Handy raus, um die Uhrzeit zu sehen und was sah ich da? Mein Casper-​Foto als Hintergrundbild auf ihrem Handy! Ich habe mal ein „Beweisfoto“ gemacht:

Mein Casper-​Foto auf einem Handy

Ich hab mich gefreut, ihr eine Visitenkarte in die Hand gedrückt und gesagt, dass das Foto von mir sei. Keine Ahnung, ob sie mir geglaubt hat, ich hat­te immer­hin eine dicke Kamera umhän­gen. Bei Google+, wo ich den Zwischenfall kurz gepos­tet hat­te, mein­te jemand: „Ich glau­be, auch ein Profi soll­te die Freude, die einst­mals im Vordergrund stand, wenn ein eige­nes Foto wert­ge­schätzt wur­de, nicht dar­über ver­ges­sen, daß es geklaut wur­de.“ Stimmt schon. Aber hät­te ich ihr eine Standpauke über das Urheberrecht hal­ten sol­len, wäh­rend uns eine Rockband beschallt?

Wie reagiert ihr in sol­chen Fällen? Bestrafen oder sein las­sen? Und was sind Eure schrägs­ten Erlebnisse mit Euren Fotos im Netz?