Getty Images auf Einkaufstour – Was für Folgen hat die PicScout-Übernahme?

Drei Wochen gab es hier kei­ne News mehr, aber in der Bilderbranche sind in letz­ter Zeit ja kei­ne Nachrichten oft gute Nachrichten.

In den letz­ten Tagen jedoch häuf­ten sich die Meldungen, nicht nur klei­ne, son­dern auch gro­ße. Allen vor­an der Branchenriese Getty Images. Deswegen gibt es heu­te mal ein Special, bei dem wir uns die Aktionen genau­er anschauen.

Getty Images kauft den Bildersuchdienst PicScout

Getty Images kauf­te für 20 Millionen US-​Dollar den Bildersuchdienst PicScout. PicScout ist eine israe­li­sche Firma, die sich auf Bilderkennungssoftware spe­zia­li­siert hat. Hauptprodukte der Firma sind zwei Dienste: ImageTracker erlaubt es Bildagenturen, ihre Bilder im Internet auf­zu­fin­den, egal, ob sie gespie­gelt, beschnit­ten, farb­lich ver­än­dert, mit Text ver­se­hen oder ander­wei­tig bear­bei­tet wur­den. Das erleich­tert die Suche nach unbe­rech­tig­ten Nutzungen. Das zwei­te Produkt ist ImageExchange. Das ist eine Art Sidebar, die rechts am Internet-​Browser auf­ge­klappt wer­den kann und anzeigt, bei wel­cher Bildagentur oder wel­chem Fotografen die Bilder auf der gera­de besuch­ten Webseite lizen­ziert wer­den kön­nen. Das hilft Bildsuchern, schnel­ler die Rechteinhaber eine Bilder auf­zu­spü­ren, um es dann kau­fen zu können.


Dieser Kauf erscheint vie­len Branchen-​Experten sinn­voll und auch ich kann sofort min­des­tens drei lukra­ti­ve Nutzungen sehen: Zum einen kann die ImageTracker-​Technologie den Anwälten von Getty Images hel­fen, Getty-​Bilder im Netz zu fin­den und unbe­rech­tig­te Nutzungen abzu­mah­nen. Das wird jetzt schon genutzt. Im Link eben wer­den neben Getty Images auch ande­re Bildagenturen wie Corbis, Masterfile, Mauritius Images, Stockfood und LOOK genannt, die sich bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen von der glei­chen Anwaltskanzlei (Waldorf Frommer) ver­tre­ten las­sen. Interessanterweise sind das genau die Agenturen, die PicScout auf ihrer Webseite als ImageTracker-​Kunden nennt. Ein Zusammenhang liegt nahe.

Auch ImageExchange kann Getty Images nütz­lich sein. Bisher sind dort vor allem Microstock-​Agenturen und weni­ge Macrostock-​Agenturen wie F1 Online oder Vario Images im System. Getty Images oder istock­pho­to habe ich bei mei­nen Tests bis­her nicht gefun­den. Anders for­mu­liert: Bisher hilft das Tool nur Konkurrenten von Getty Images. Das wird sich wahr­schein­lich bald ändern. Getty hät­te sich gegen eine Gebühr in das System auf­ge­nom­men wer­den kön­nen, aber hey, statt­des­sen haben sie den Laden ein­fach auf­ge­kauft. Bei einem geschätz­ten jähr­li­chen PicScout-​Umsatz von 5 Millionen US$ ein Taschengeld.


Drittens kann die Bilderkennungssoftware von PicScout bestimmt auch intern sehr nütz­lich sein, um auf der Getty-​Webseite Funktionen wie „Suchen sie ähn­li­che Bilder?“ zu ver­bes­sern oder iden­ti­sche Bilder von ver­schie­de­nen Partneragenturen bes­ser fil­tern zu kön­nen. Allein letz­te­re Funktion wür­de einen gro­ßen Coup ermög­li­chen oder – für Getty viel­leicht lukra­ti­ver – ver­hin­dern. Sehen wir uns fol­gen­de Interview-​Passage mit dem pro­fes­sio­nel­len Bildkäufer-​Team „Die Bildbeschaffer“ an, was Andy Goetze vor nur paar Tage vor der PicScout-​Übernahme durch Getty hier geführt hat:

In pre­vious years you used very often pho­to por­tals like Alamy or Fotofinder for your work. We still have no real micros­tock por­tal, and new­co­mer PixMac went through some hic­cups recent­ly. From your point of view, is the­re a need for such a micros­tock por­tal, or not?

I still use and like Alamy and Fotofinder.

Counter ques­ti­on: What about the pro­ject Oseeris? 29 micros­tocks in one search. Give it a try and you will see: the over­whel­ming part of the micros­tock imagery is non-​exclusive and appears more than once! And don’t for­get good old Picturemaxx! In Picturemaxx, we find the same image 14 times, becau­se ever­y­bo­dy cross-​sells ever­y­thing. The same with micros­tocks: a por­tal might only suc­ceed here if the site fil­ters dupli­ca­tes. If the­re is any­bo­dy out the­re offe­ring that fil­ter, plea­se speak up now!“

Das Interview ist ins­ge­samt sehr emp­feh­lens­wert. Die zitier­te Passage hin­ge­gen zeigt, das Bildkäufer sich hän­de­rin­gend ein System wün­schen, was bei einem agen­tur­über­grei­fen­den Bildportal die gan­zen Duplikate fil­tern könn­te. PicScout kann sowas. Von einem Portal ver­schie­de­ner Agenturen wür­den hin­ge­gen eher die klei­ne­ren, unbe­kann­te­ren Bildagenturen pro­fi­tie­ren, die nicht genug eige­ne Stammkunden an sich bin­den kön­nen. Mit dem Kauf von PicScout hat Getty Images ver­hin­dert, dass PicScout selbst an so einem Projekt teil­nimmt. Ist nur eine Vermutung, aber sie liegt nahe.

Getty Images kauft die Bildagentur Photolibrary

Nach dem Kauf von PicScout hat­te Getty noch etwas Kleingeld in der Tasche und kauf­te gleich noch die Agentur Photolibrary dazu. Photolibrary ist eine in Sydney behei­ma­te­te Agentur, die vor allem in Indien, Südostasien und den ara­bi­schen Staaten stark ist. In die­sen Regionen möch­te Getty Images stär­ke­re Präsenz zei­gen. Für Fotografen ist die­se Konzentration bedenk­li­cher als der PicScout-​Deal, da jeder Zusammenschluss von zwei gro­ßen Bildagenturen die Möglichkeiten ver­rin­gert, bei sich ändern­den Konditionen zur Konkurrenz zu gehen. Das führt uns naht­los zum nächs­ten Punkt.

Getty Images ändert Fotografenverträge

Wenn eine Bildagentur in den letz­ten Jahren eine Änderung der Fotografenverträge bekannt gab, war das meist zum Nachteil der Fotografen. So auch dies­mal, als Getty Images neue Verträge ankün­digt. Im Kern sind es zwei Änderungen, die vie­le Fotografen und Fotografenverbände wie die APA oder die ProPhoto Coalition auf die Barrikaden brin­gen: Erstens will Getty Images das Recht bekom­men, jedes RF-​Bild auto­ma­tisch auch als Abo-​Bild anbie­ten zu dür­fen und zwei­tens, jedes RM-​Bild unge­fragt auch als RF-​Bild ver­kau­fen zu dürfen.

Vor allem die let­ze­re Forderung könn­te der Sargnagel der tra­di­tio­nel­len „Rights Managed“-Lizenzierungsschiene sein, bei der es dem Lizenzinhaber mög­lich ist, jede Bildnutzung detail­liert nach­wei­sen zu kön­nen. Wozu soll­te Getty das noch brau­chen, wenn sie jetzt PicScout gekauft haben? Damit kön­nen sie nicht nur RM-​Nutzungen, son­dern alle Nutzungen verfolgen.Es gibt noch eini­ge ande­re Firmen, die ähn­li­che Bilderkennungsprogramme ent­wi­ckeln wie TinEye von Idée Inc. oder Photopatrol von der Web Content Solutions GmbH. Wenn ich wet­ten könn­te, wären das wei­te­re Übernahme-​Kandidaten. Der Fotograf, der jedoch kei­nen Zugriff auf die­se Technologien hat, ver­liert an Kontrollmöglichkeiten über sei­ne Fotos.

Deshalb hat die gro­ße Fotografenorganisation „American Society Of Media Photographers“ (ASMP) jetzt auch öffent­lich die Getty-​Fotografen dazu auf­ge­ru­fen, sich Alternativen zu Getty Images zu suchen. Vorgeschlagen wer­den ent­we­der direk­te Lizenzierungswege über PhotoShelter oder LicenceStream oder ande­re Mitgliedsagenturen des Bildagentur-​Verbands PACA.

Ob Getty Images das jedoch groß­ar­tig stö­ren wird, mag bezwei­felt wer­den, weil ver­mut­lich allein über Flickr (wir erin­nern uns an den Getty/​Flickr-​Deal) monat­lich mehr Bilder lizen­ziert wer­den könn­ten als alt­ein­ge­ses­se­ne Fotografen von Getty abzie­hen könn­ten. Vielleicht wol­len sie sogar die­se „Verjüngungskur“ for­cie­ren. Denn war­um umständ­lich und auf­wän­dig per Hand Bilder aus dem Flickr-​Meer raus­fi­schen, ohne genau zu wis­sen, ob die Bildkäufer das Motiv auch wol­len? Stattdessen bie­tet Getty Images seit ca. 10 Monaten an, jedes Foto bei Flickr zu lizen­zie­ren, sofern das recht­lich mög­lich ist. Ja, jedes. Bei über 3000 neu­en Uploads zu Flickr pro Minute kann selbst der geschäf­tigs­te Fotograf nicht mithalten.

Was glaubt ihr? Wohin wird die Reise mit Getty Images gehen?

Wenn Du den Beitrag gut fin­dest, kannst Du unten auf den „Flattr“-Button drücken.

3 Gedanken zu „Getty Images auf Einkaufstour – Was für Folgen hat die PicScout-Übernahme?“

  1. So eine zuneh­men­de Marktkonzentration ist immer schlecht. Im Makrostockbereich kann man wohl schon fast von einem Oligopol spre­chen? Wenn Getty cle­ver ist, schlie­ßen sie auch noch Verträge mit ande­ren Online-​Foto-​Plattformen ab (Ipermity, Pbase, locr, 500px, ..). Freilich ist das dann wie­der zum Leidwesen der Berufsfotografen.

    Getty hat sich über Flickr zwei mal bei mir gemel­det und möch­te 11 Bilder aus mei­nem Flickr-​Stream ver­mark­ten (Bereich Reisefotografie aus Botswana, Oman, Marokko, Portugal). Ich ver­mu­te es lohnt nicht ein­mal das Hochladen? Hat jemand Erfahrung in dem Segment? Fotografie ist für mich nur wun­der­ba­res Hobby und ich habe kei­ner­lei Ambitionen, das zum Haupterwerb zu machen.

  2. @Guido: Du bekommst bei Getty 30% des Verkaufspreises. Wie hoch der liegt, hängt meist vom geplan­ten Verwendungszweck ab. Aber auch bei Getty ist der Preis durch die Microstock-​Agenturen in letz­ter Zeit gesunken.

  3. 30% hören sich ja ver­gleichs­wei­se gut an, aber 30% von nichts sind eben auch nichts. Ich ver­mu­te, dass gera­de das Segment der Reise-​/​Landschaftsfotografie völ­lig über­sät­tigt ist und es da beson­ders schwer ist, irgend­was zu verkaufen.

Kommentare sind geschlossen.