Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 10

Wir fei­ern heu­te ein klei­nes Jubiläum. Meine Serie „Pimp My Stock!“ erscheint zum zehn­ten Mal.

Tadaa! Diesmal bespre­che ich die Fotos von Stephanie, einer jun­gen Mutter, die ich auf der Photokina ken­nen­ler­nen durf­te. Sie foto­gra­fiert seit meh­re­ren Jahren als Hobby und beschäf­tigt sich seit eini­gen Monaten mit der Stockfotografie. Ihr Lieblingsobjektiv ist das Canon EF 24–70mm f/2.8 L USM. Als Mutter foto­gra­fiert sie natur­be­dingt ger­ne Kinder,  ihre klei­ne Tochter, aber auch deren Cousins und Cousinen.

Sie hat gesagt, ich darf ruhig ganz ehr­lich sein. Das wer­de ich auch…

Schauen wir uns die Bilder an:

Eine nied­li­che Katze? Nein, das ist kein gutes Stockfoto. Das Motiv ist hun­dert­fach vor­han­den und vor allem in bes­se­rer Qualität. Wie hät­te es bes­ser foto­gra­fiert wer­den kön­nen? Mit Aufhellblitz von vorn, dich­ter ran und auf eine inter­es­san­te­re Mimik warten…

Das Hundebild ist schon bes­ser, vor­aus­ge­setzt, es wird mit den rich­ti­gen Stichworten wie „Wachhund, Aggression, bei­ßen“ etc. ver­schlag­wor­tet. Da das Foto dann auch in Kontexten auf­tau­chen kann, die dem Hundebesitzer even­tu­ell nicht gefal­len, soll­te auf jeden Fall ein Property Release für die Hundefotos abge­schlos­sen und der Besitzer über mög­li­che Verwendungen unter­rich­tet werden.

Besser wäre es jedoch gewe­sen, wenn die Mimik des Hundes ein­deu­ti­ger wäre. Auf dem Foto ist nicht genau zu erken­nen, ob sich der Hund freut oder sein Revier ver­tei­di­gen will. Zusätzlich hät­te ich noch eini­ge Stellen an der Schnauze retu­schiert, aber da bin ich wohl zu genau.

Der glei­che Hund, ein ande­res Motiv. So wie es ist, hat es nur gerin­ge Verkaufschancen. Das liegt vor allem an den zu küh­len Farben (bes­se­ren Weißabgleich machen, mehr Sättigung rein) und an dem Hintergrund, der oben zu unru­hig wird. Das kann aber noch nach­träg­lich beschnit­ten wer­den. Auf jeden Fall soll­te die Hunderasse bei der Verschlagwortung genau beschrie­ben werden.

Ich ver­spre­che, das ist das letz­te Tier in die­ser Folge. Generell ver­kau­fen sich Nutztiere bes­ser als Haustiere. Deshalb ist das Foto mit die­sem Schwein schon ganz gut. Verwendet wer­den sol­che Fotos vor allem, um zu zei­gen, wie glück­lich die Tiere vor der Verwendung als Bratwurst, Schnitzel oder Eisbein gelebt haben. Dazu passt zum einen die Markierung am Ohr nicht, weil es zu indus­tri­ell aus­sieht. Auch eini­ge Schmutzflecken im Schweinegesicht hät­te ich ent­fernt und die Sättigung erhöht.


Kommen wir zu den Kinderfotos. Die freu­di­ge Überraschung wur­de hier gut ein­ge­fan­gen, der Bildausschnitt ist pas­send gewählt. Eventuell wäre wei­te­res Foto mit Blick in die Kamera für eini­ge Kunden nütz­lich. Das Motiv auf dem Hemd soll­te auch ent­fernt wer­den, weil es ablenkt und das Design geschützt sein könnte.

Das Bild ist gut geig­net, um den Umgang von Kindern mit Werkzeug o.ä. zu illus­trie­ren. Auch die Farben, Hintergrund etc. pas­sen hier sehr gut. Einzig stö­rend ist, dass links der Arm abge­schnit­ten wur­de. Mehr Platz hät­te dem Bild gut getan. Eine Version mit einem lächeln­den oder gar lachen­den Gesicht wäre auch nicht verkehrt.


Die Komposition des Fotos ist zwar stock­taug­lich, aber das trau­ri­ge Gesicht auf der Schaukel passt nicht ganz dazu. Lässt sich bestimmt ver­kau­fen, aber es gibt „siche­re­re“ Motive.

Das Foto wird sich gut ver­kau­fen. Sehr klas­si­sche Komposition, fast schon kit­schi­ger Hintergrund (Die Amis lie­ben sowas) und ein Grinsen mit Zahnlücke. Winziger Nachteil: Der Essensrest in der Hand. Entweder ganz ohne oder mit erkenn­ba­rer Nahrung – idea­ler­wei­se Obst oder Gemüse (Möhre) – wäre bes­ser gewe­sen. Das Motiv auf dem Shirt soll­te auch noch retu­schiert werden.

Ein fri­sches, sprit­zi­ges Sommerfotos. Vor allem bei Kindern haben sich vie­le Bildagenturen jedoch mit Nacktheit, wes­halb eine kur­ze Hose und Shirt als Bekleidung pas­sen­der wären. Davon abge­se­hen aber ein sehr stock­taug­li­ches Bild.

Ich bin unschlüs­sig. Fotos von hin­ten wer­den meist benutzt für sen­si­ble Themen wie Gewalt, Mißbrauch oder Vernachlässigung, bei denen das Model anonym blei­ben soll. Trotzdem zweif­le ich, ob die Eltern sol­che Verwendungen ger­ne sehen, auch wenn das Kind nicht ein­deu­tig zu erken­nen ist. Abgesehen davon wäre ein ein­far­bi­ger Hintergrund bes­ser gewe­sen, indem der Blickwinkel mehr nach oben ver­scho­ben wird. Die Zeichen an der Schuhsohle wür­de ich noch retu­schie­ren und den Asphalt etwas digi­tal säubern.

Auch wenn es jeweils klei­ne Details zu ver­bes­sern gibt, eig­nen sich fast alle Fotos grund­sätz­lich gut als Stockfotos. Du soll­test auf jeden Fall bei Kinderfotos blei­ben, Stephanie.

Was sagt ihr? Liege ich rich­tig? Oder wür­det ihr eini­ge Fotos anders beurteilen?

Wer von mir auch kos­ten­lo­se Tipps haben will, ob sei­ne Fotos “stock­taug­lich” sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 (!) Bilder in klei­ner Auflösung (ca. 600×800 Pixel) zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.

Kritisch, ehr­lich, subjektiv.

15 Gedanken zu „Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 10“

  1. Die Kinderfotos fin­de ich auch ganz gut! Insbesondere das mit der Schaukel und dem Rasensprenger!

    Gerade bei Kinderfotos wäre ich seeeehhr (!) vor­sich­tig zu wel­cher Agentur die gehen. Insbesondere bei MicroStock lässt sich nie kon­trol­lie­ren wo die Bilder jetzt schluss­end­lich gelan­det sind. Übe noch ein biss­chen und ver­su­che dann mal dei­ne (Kinder)Bilder bei Macro-​Stock Agenturen unter­zu­brin­gen. Die wer­den sich auf jeden Fall auch zu einem höhe­rem Preis ver­kau­fen und du hast die Sicherheit, dass mit den Bildern kein Schindluder getrie­ben wird!!! Gut für den Fotografen, die Eltern UND die Kinder.

  2. Hallo!

    Bei den Fotos der Kinder im Hochsitz wäre ich vor­sich­tig. Ich den­ke mal dass es sich dabei um den Hochsitz von Ikea han­delt, da könn­te es bösen Überraschungen kommen.

    LG

    Sascha

  3. @Sascha: Ohne eine Rechtsberatung geben zu kön­nen oder zu wol­len: Der Kindersitz sieht mir nicht danach aus als ob es sich um ein geschütz­tes Design han­deln könnte.

  4. Sascha, der Sitz ist eh nur Beiwerk und nicht bild­wich­tig. Das gibt über­haupt kei­ne Probleme.
    Ich weiss gar­nicht wie du dar­auf kommst. Nicht das Design des Stuhls bestimmt die Bildaussage son­dern das Kind

    LG
    Andreas

  5. Auch wenn der Kindersitz nur Beiwerk ist wäre ich vor­sich­tig. Wenn es es um den Antilop von Ikea han­delt, ist der 100% geschützt. Ich wür­de es bei einem Foto wel­ches viel­leicht ein paar Euro ein­bringt nicht auf eine Klage eines Weltkonzerns ankom­men las­sen. Wenn das Kind ein Adidas-​Shirt trägt wür­de auch kei­ne Agentur das Foto annehmen.

  6. Zum „Wachhundfoto“:
    Da Tiere im recht­li­chen Sinne Sachen sind, ist das Einholen einer Einverständniserklärung überflüssig.Genauso müss­te ich dann das Einverständnis eines Eigentümers z.b. einer Waffe ein­ho­len. Gemeint ist, dass die Fotos nicht in dif­fa­mie­ren­der oder gewalt­ver­herr­li­chen­der Weise genutzt wer­den sol­len. Dies schlie­ßen die Agenturen aber in den Nutzungsbedingungen aus, und somit wäre der Bildkäufer ver­ant­wort­lich für die Nutzung.

  7. Wieso soll­te ein Gegenstand, Möbel oder Bekleidungsstück im Motiv eine Klage des Herstellers aus­lö­sen? Also, so lan­ge es nicht im Mittelpunkt steht, oder sonst wie schlecht abschnei­det wird sich jedes Unternehmen über die zusätz­li­che kos­ten­lo­se PR freu­en. Mal abge­se­hen von ein­deu­ti­gen Designs und Logos, selbst­ver­ständ­lich, aber dafür sor­gen die Bildagenturen in der Regel selber,und leh­nen das Motiv nach Prüfung und im Zweifel ab.
    Das Thema wäre aber gene­rell mal inter­es­san­ter als das 8millionste Katzenfoto zu dis­ku­tie­ren (das oben­drein sau schlecht ist).

  8. Eine klei­ne Anmerkung am Rande, Stichwort Nutztiere: es ist in der gesam­ten Europäischen Union nicht mög­lich, eine Kuh, ein Schwein, ein Schaf oder eine Ziege ohne Ohrmarkierung zu fin­den. Die Dinger sind näm­lich von der EU zwin­gend vor­ge­schrie­ben. (Es müs­sen sogar jedes Jahr die neu­ge­bo­re­nen Kälber frei­le­ben­der Rinder in den Naturparks zusam­men­ge­trie­ben wer­den, damit sie regis­triert und mar­kiert wer­den können.)

    Man kann so eine Marke natür­lich weg­tu­schie­ren – aller­dings ist das Foto dann sozu­sa­gen „sach­lich falsch“.

    Zu der lei­di­gen Diskussion über irgend­wel­che Möbel, Kindersitze oder sons­ti­ges Gerümpel auf Stockfotos will ich jetzt nicht lang und breit was sagen – recht­lich ist das alles völ­lig pro­blem­los, man­che Microstock-​Agenturen wollen’s trotz­dem nicht haben, und man­che Microstock-​Fotografen machen sich des­halb in die Hose.

    Irgendwie gehört die­ses Thema zusam­men mit dem berühmt-​berüchtigten Thema „Recht am eige­nen Bild“ in eine Kategorie. Aufklärung ist da voll­kom­men zweck­los, es treibt trotz­dem jede Woche wie­der eine die­sel­be Sau durch’s Dorf.

    Ich sag inzwi­schen nur noch: wenn Du Dich nicht traust, laß halt die Finger davon – ande­re Fotografen ver­die­nen gern viel Geld mit sol­chen Fotos, und die freu­en sich über jeden, der nicht konkurriert.

  9. @Tom: Wie immer tref­fend for­mu­liert. Nur eine Anmerkung noch: Auch „sach­lich fal­sche“ Fotos ver­kau­fen sich manch­mal bes­ser als „sach­lich richtige“… 🙂

  10. Deine Anmerkung an Tom ist sub­jek­tiv und bie­der, Robert! Denn:
    Sachlich fal­sche und damit schlecht recher­chier­te Fotos fin­det man in den Micro-​Agenturen zu mil­lio­nen. Wer fach­lich rich­ti­ge Fotos macht und damit pro­fes­sio­nell vor­geht, ver­dient auch ein viel­fa­ches mehr (bei ent­spre­chen­den Abnehmern/​Branchen/​Auftraggebern).

  11. @anemo: Das sehe ich anders. Ich stim­me zwar zu, dass es Motive gibt, bei denen es wich­tig ist, dass sie sach­lich kor­rekt dar­ge­stellt wer­den, aber es gibt genug Motive, bei denen die Kunden das eben nicht wol­len. Business-​Teams, die die Köpfe zusam­men­ste­cken: In wel­chen Unternehmen wird sowas gemacht? Oder ein sehr popu­lä­res Beispiel aus einem ande­ren Genre: In Tatort-​Krimis wer­den die Zeugen und Verdächtige mun­ter zu Hause oder unter­wegs ohne Zeugen befragt, obwohl das in der Realität vor kei­nem Gericht Bestand hät­te. Ein Drehbuchautor hat­te mal sinn­ge­mäß gesagt: „Wäre auch lang­wei­lig, wenn alle immer im Präsidium sit­zen würden…“

  12. Hallo Robert.
    In der Werbung und Publikationen wird ger­ne illus­triert, redu­ziert und zu oft übertrieben.
    Dein Vergleich mit dem Tatort-​Drehbuch fin­de ich recht weit aus­ge­holt. Allerdings ver­su­che eben mal einem Beamten, Juristen oder Privatdetektiv mit sol­chen fal­schen Motiven fach­lich anzu­spre­chen. Sie wer­den sich kopf­schüt­telnd abwenden.
    In mei­nem Grafik-​Design-​Alltag muß­te ich oft genug Motive „rena­tu­rie­ren“ oder „aus­bes­sern“ weil sach­li­che Inhalte fehl­ten. Zudem habe und ken­ne ich auch Motive und Shootings (teil­wei­se aus eige­ner Optik), in denen Tiere und Technik ori­gi­nal­ge­treu dar­ge­stellt wer­den und hän­de­rin­gend gesucht wer­den und lukra­ti­ve Lücken im Bildermarkt füllen.

  13. Das ers­te Kinderbild ist mir farb­lich zu kalt (wahr­schein­lich Schatten) und der lin­ke Arm ist zu eng am Rand. Ansonsten stim­me ich mit Dir fast überein 🙂

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