Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 08

Sind mei­ne Fotos für Bildagenturen geeig­net? Wer sich die­se Frage stellt, ist in der Serie „Pimp My Stock!“ genau rich­tig. Hier bespre­che ich Fotos aus kom­mer­zi­el­ler Sicht. Lassen sie sich ver­mark­ten? Auf was muss ich achten?

In der ach­ten Folge ist Harald Biebel an der Reihe. Er stellt sich so vor:

Beschäftige mich seit 2 Jahren mit Digitalfotografie (EOS 400D mit ein paar Objektiven). Am liebs­ten mache ich Makros von Pflanzen mit knap­pem Schärfentiefenverlauf und Landschaftsbilder. Das gan­ze möch­te ich neben­bei betrei­ben, so als zwei­tes Standbein. Die Idee der Stockfotografie gefällt mir. Möchte mir somit eine schö­ne Ausrüstung finan­zie­ren und das Thema auf jeden Fall ernst­haft ange­hen. Bis jetzt hab ich noch kei­ne Fotos ver­kauft. Drum bin ich um jeden Tipp dank­bar. Hauptberuflich mache ich Pressearbeit für klei­ne­re Industriekunden.“

Fangen wir an:

Ich muss hier lei­der harsch sein, aber – selbst gelun­ge­ne – Blumenfotos haben es in Bildagenturen schwer. Zwar ist „Blume“ bzw. „flower“ auch einer der meist­ge­such­tes­ten Begriffe von Bildkäufern, aber die schie­re Fülle per­fek­ter Blumenfotos erschlägt die­se gera­de­zu. Das Foto hier ist inter­es­sant und gut kom­po­niert. Der wei­ße Fleck ganz rechts könn­te noch retu­schiert wer­den. Damit sich so ein Foto gut ver­kauft, müss­te das Weiß noch hel­ler und das eher dunk­le Grün eben­falls hel­ler und viel sat­ter sein.

Ähnliches gilt für das Foto. Es ist schon bes­ser als Stockfoto geeig­net, da der Platz rechts als Textfreiraum genutzt wer­den kann, aber auch das Foto könn­te hel­ler sein. Geringe Tiefenschärfe wird vor allem bei Microstock-​Agenturen nicht ger­ne gesehen.

Dieses Blumenfoto ist zwar hel­ler, dafür nicht mehr so „frei“ in der Komposition wie das vori­ge.  Ohne den Stengel links wäre das Foto geeig­ne­ter (ja, wie­der Textfreiraum) und rechts hät­te der Anschnitt sym­me­tri­scher sein kön­nen, zum Beispiel, indem der dunk­le Fleck (die Staubblätter) in der unte­ren rech­ten Ecke gevier­telt wor­den wäre.

Das Foto ist als Stockfoto bes­ser. Die Menschen im Bild sind nicht erkenn­bar, also uni­ver­sell nutz­bar und durch das Anschieben der Personen in der Mitte auch sym­bol­träch­tig genug. Der Himmel ist für Bildagenturen per­fekt, lei­der ist der Baum rechts abge­schnit­ten. Die Wiese ist eben­falls nicht grün und saf­tig genug und ins­ge­samt wirkt das Bild leicht über­schärft. Wer sich mal die Landschafts-​Bestseller anschaut, erkennt schnell, dass die Fotos sehr male­risch und frei von jeg­li­chen Makeln sind.

Hey, hier ist es genau anders­rum. Die Wiese und Bäume sind per­fekt, aber der Himmel ist etwas zu düs­ter. Wenn für die Personen ein Model Release vor­han­den ist und der Himmel mit Photoshop „auf­ge­b­laut“ bzw. gleich ganz aus­ge­tauscht wird, hat das Bild sehr gute Chancen auf Verkäufe.

Ganz kurz: Sorry, das ver­kauft sich nicht. Wer die­ses Foto mit dem oder dem hier ver­gleicht, sieht den Grund. Zu dun­kel, zu unspek­t­ak­tu­lär, Komposition nicht aus­ge­reift. Bei gebo­re­nen Berlinern beschrän­ken sich die Geographie-​Kenntnisse im deut­schen Raum ja auf: Berlin, Brandenburg, jwd. Wobei jwd für „janz weit drau­ßen“ steht und den Rest der Republik umfasst. Deshalb gebe ich zu, dass ich nicht erken­ne, wo das Foto gemacht wur­de. Das ist auch einer der Gründe, war­um die Verkäuflichkeit weni­ger gege­ben ist. Es wäre nur lokal für Reiseführer oder Webseiten der Region inter­es­sant und das auch nur, wenn der Turm, wel­cher sicher ein Wahrzeichen ist, oben voll­stän­dig wäre. Außerdem ist das Bild an allen Rändern zu unru­hig.Das Mädchen macht ihre Sache gut. Aber was schaut sie sich da an? Ein Buch aus Stein? Eine Hafenbefestigung für Taue? Antiquitäten? Hier fehlt das Konzept bzw. die pas­sen­de Requisite. Auch der Hintergrund ist zu düs­ter. Etwas weni­ger Tiefenschärfe hät­te das viel­leicht aus­glei­chen können.

Der Fotograf kom­men­tier­te das Foto bei sei­ner Einsendung: „Die drei ande­ren Mädels auf einem der Fotos könn­te man frei­stel­len, wäre das Foto dann brauch­bar als Stockfoto?“ Leider wie­der mei­ne kla­re Antwort: Nein. Zum einen wür­de ein Freisteller nicht gut genug gelin­gen, vor allem im Bereich der Haare, zum ande­ren sagen die weg­ge­dreh­ten Rücken: „Der Fotograf hat sich nicht getraut, die Personen anzu­spre­chen und einen Model-​Vertrag unter­schrei­ben zu las­sen und des­we­gen mehr oder weni­ger heim­lich von hin­ten foto­gra­fiert“. Egal, ob es in der Realität so war oder nicht, so wir­ken sol­che Bilder. Um das Freistellen zu erleich­tern oder gar unnö­tig zu machen, hät­te viel­leicht mehr aus der Hocke foto­gra­fiert wer­den kön­nen, damit statt der ande­ren Passanten der Himmel als Hintergrund zu sehen wäre.

Leider nicht ganz so ermu­ti­gend. Insgesamt gese­hen schei­nen die Blumenfotos das größ­te Potential zu haben, auch wenn die Konkurrenz in die­sem Bereich hoch ist. Aber da wür­de ich beim Fotografen am meis­ten Leidenschaft ver­mu­ten. Hier liegt übri­gens der Maßstab bei ver­käuf­li­chen Blumenfotos.

Was sagt ihr zu den Fotos? Wie gefal­len sie Euch, stimmt ihr mei­ner Bewertung zu?

Wer von mir auch kos­ten­los Tipps haben will, ob sei­ne Fotos „stock­taug­lich“ sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 Bilder in klei­ner Auflösung zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.

Kritisch, ehr­lich, subjektiv.

7 Gedanken zu „Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 08“

  1. Das wich­tigs­te ist ver­mut­lich (sowohl für den Verkauf, wie auch für die per­sön­li­che Weiterentwicklung), Bilder, vor allem die eige­nen Bilder kri­tisch betrach­ten zu lernen.
    Ich fand Stockfotografie anfangs inter­es­sant, bis ich gese­hen habe, wie viel Arbeit dahin­ter steht, sei­ne eige­nen Bilder und vor allem Arbeitsweise zu per­fek­tio­nie­ren und her­aus­zu­fin­den, was sich verkauft.

  2. Hallo Herr Kneschke,

    Ihre Begründungen sind sehr fun­diert und abso­lut zutreffend.
    Leider ist im Alltag nicht so viel Zeit für jedes Bild in unse­rer Redaktion.
    Also herz­li­chen Dank für Ihre Bildbesprechungen.

    Viele Grüße
    Ute Jansing
    Bildagentur Pitopia

  3. Hallo Robert,
    mich wür­de man inter­es­sie­ren, war­um man für das 5. Foto ein Modelrelease braucht.
    Auf dem Foto sind doch die Personen/​Kinder über­haupt nicht, erkenn­bar (Gesicht bzw ein­deu­ti­ge Körpermerkmale wie Tattoos) oder sehe ich das falsch?

  4. @Daniel: Ja, aber sag das mal den Bildagenturen. Aus Erfahrung weiß ich, dass ein Teil der Bildagenturen so ein Foto ohne MR anneh­men wür­de, aber ein ande­rer Teil das Bild wegen eines feh­len­den MR ableh­nen wür­de. Und war­um wegen sowas sich auf die Hälfte der Einnahmen beschrän­ken wollen?

  5. Um Dir Berliner Junge zu hel­fen, der abge­schnit­te­ne Turm steht in München, ist der Fernsehturm, links liegt das Olympiastadion, rechts ist die BMW Zentrale mit Museum.

    LG, KS

  6. Interessant mal wirk­lich aus­führ­li­che Ablehnungsgründe ken­nen zu lernen.
    Gehört das Olympiagelände in München nicht zu den nicht ver­wert­ba­ren Gebäuden (außer zur redak­tio­nel­len Verwendung)?

  7. Hast ja Recht Robert, auf das lie­be Geld will kei­ner Verzichten und ein MR hat da auch sei­ne Daseinsberechtigung.
    Logisch ist aber anders 😉

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