Es war einmal ein gutgläubiger Designer. Er brauchte Bilder. Viele. Billig.
Microstock war noch kaum bekannt, die Auswahl dort noch nicht so groß. Aber bei Ebay (und anderen Auktionsplattformen), da wurden DVDs angeboten mit vielen tausend Fotos. Lizenzfrei! Auch heute noch werden Bilder-DVDs mit zehntausenden Fotos bei Ebay für 5–10 Euro angeboten. Er kaufte und war glücklich. Zum Beispiel mit dieser DVD:
Darauf fand er 3300 Fotos, sortiert in 15 Kategorien, jeweils ca. 11 Megapixel groß.
Über 2100 Masken, farbig und s/w für Photoshop u.ä.
Und 1000 Logos als Adobe Illustrator-Dateien, darunter von Firmen wie Coca Cola, Telekom, Deutsche Bahn, Toyota, Walt Disney und so weiter.
In der beliegenden Textdatei names „Lizenzvertrag.txt“ stand:
„Lizenzvertrag – Copyright
Diese Lizenz erlaubt, mit den Fotos und Logos kommerzielle Werbemittel unterschiedlichster Art herzustellen, Entwürfe von unterschiedlichsten (Werbe-) Drucksachen, Websites, Dia- und Präsentationsshows, künstlerische Collagen, Verpackungen und sonstige Aufsichtsvorlagen zu gestalten und zu reproduzieren, zu drucken, zu plotten oder zu senden – und zwar ohne zusätzliche Vergütung.
Das offensichtliche Anbieten zum Download der Bilder auf anderen Seiten ist nicht erlaubt. Außerdem ist es nicht gestattet, die Bilder auf CDs oder anderen Speichermedien zu verkaufen.
Die pornographische, diffamierende, verleumderische oder anderweitig gesetzwidrige Verwendung des digitalen Bildmaterials ist nicht gestattet und wird strafrechtlich verfolgt.
Sollte eine Bestimmung dieser Bedingungen unwirksam sein oder werden oder sollte der Vertrag unvollständig sein, so werden die Bedingungen in ihrem übrigen Inhalt davon nicht berührt.
Die unwirksame Bestimmung gilt durch eine solche Bestimmung ersetzt, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in rechtswirksamer Weise wirtschaftlich am nächsten kommt. Gleiches gilt für etwaige Bedingungslücken.“
Der Designer konnte nun mit dieser Vielfalt an Fotos und Logos ungehemmt Werbeanzeigen entfernen, Flyer bestücken, Zeitschriften illustrieren und so weiter. Traumhaft, oder? Leider zu schön, um wahr zu sein.
Denn die Geschichte lässt sich auch anders erzählen:
Im Forum der Bildagentur Panthermedia (den Link zum Thread finde ich leider nicht mehr) staunten die Fotografen Ende 2006, dass es bei Ebay so billige Foto-DVDs gebe. Ich beschloss, das zu recherchieren und kaufte mir die oben abgebildete DVD. Preis: Unter 10 Euro. Dann ließ ich das etwas schleifen und legte die DVD 2008 wieder in mein Laufwerk. Die gezeigten Fotos waren durchaus klassisches Bildagentur-Material und von guter Qualität, wenn auch etwas körnig.
Durch die vielen Logos wurde ich zuerst stutzig, da ich mir keine Firma vorstellen kann, die ihr Logo zur lizenzfreien Verwendung freigibt. Auch bei den Fotos entdeckte ich Motive, die rechtlich bedenklich waren, zum Beispiel Außenaufnahmen des „Staples Center“, Innenaufnahmen einer Auto-Fabrik und so weiter. Ich schaute mir die EXIF-Daten der Fotos an und fand bei vielen den Vermerk „Copyright: Corbis“.
Das muss noch nichts heißen, da es denkbar wäre, dass die Bildagentur Corbis alte, selten gefragte Aufnahmen, weiter vermarktet hat. Ein Anruf im Januar 2009 bei der Pressestelle von Corbis Deutschland brachte dann den Stein ins Rollen.
Der Fall wurde an die Rechtsabteilung von Corbis weitergeleitet.
Im März 2009 erhielt ich dann eine Email vom Ebay-Verkäufer, bei dem ich die DVD erworben hatte:
„Sehr geehrter Kunde,
Sie haben vor längerer Zeit über die Internetplattform eBay eine DVD „Giga-Bildcollection“ mit 6400 Bildern gekauft. Wie wir nun erfahren mussten, hat der ursprüngliche Bildlieferant falsche Angaben zur Lizenzfreiheit gemacht. Der Rechteinhaber hat zwar gerichtlich eine Schadensersatzforderung gegen die Bildagentur geltend gemacht. Jedoch wurde damit die Lizenzfreiheit für die weitere Verwendung nicht erteilt. Anhand der mitgelieferten Datei können Sie sehen, um welche Bilder es sich unseres Wissens nach handelt. Bei den restlichen Bildern gehen wir immer noch davon aus, dass sie lizenzfrei sind.
Sollten Sie eines oder mehrere dieser 398 Fotos insbesondere auf Webseiten eingesetzt haben, dann möchten wir Sie bitten, diese zu entfernen, damit kein Schaden in Form von Lizenzgebühren oder Abmahnungen auf Sie zukommt. Es tut uns sehr leid, sollten für Sie in diesem Zusammenhang Unannehmlichkeiten entstehen. Leider sind wir persönlich ebenfalls von diesen Lizenzverstößen betroffen, da wir auch der Zusicherung der Lizenzfreiheit vertraut haben.
Mit freundlichen Grüßen
[…]“
Hm, nur 398 betroffene Bilder? Bei allein 1000 Logos, die Fotos nicht mitgerechnet kann ich mir das nicht so richtig vorstellen.
Im August 2009 kam eine zweite Mail vom Ebay-Verkäufer:
„Sehr geehrter Kunde,
in unserer Mail vor einigen Monaten teilten wir Ihnen mit, dass 398 Bilder der von Ihnen gekauften DVD „Giga-Bildcollection“ von Urheberproblemen betroffen waren. Leider mussten wir nun erfahren, dass mindestens noch ein weiteres Bild nicht lizenzfrei ist.
Es steht zu befürchten, dass auch andere Fotos der DVD Rechten Dritter unterliegen. Deshalb sollte die Verwendung aller Bilder unbedingt unterbleiben.
Wir möchten uns nochmals für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Die ganze Angelegenheit ist uns äußerst unangenehm.
Mit freundlichen Grüßen
[…]“
Die Mail lässt sich auch anders formulieren: Du hast zwar eine DVD bei uns gekauft, darfst sie aber nicht benutzen. Das Konto des Ebay-Verkäufers existiert mittlerweile übrigens nicht mehr.
Die Moral dieser Geschichte? Von zu günstig ist, kann einem später teuer zu stehen kommen. Deswegen sollten auch Bildkäufer noch mal prüfen, ob sie für den geplanten Einsatzzweck eines Fotos alle erforderlichen Rechte besitzen.
Habt ihr auch schon mal so eine Foto-DVD gekauft? Was habt ihr damit erlebt?
Echt der Hammer, Deine Geschichte. Billig ist nicht immer gut.
Die einzige Foto-DVD, die ich gekauft habe, war aus Ägypten und beinhaltete für mich lediglich Erinnerungen an eine schöne Urlaubsreise. Eine Nutzung der Bilder war nie geplant.
So schlimm (und teuer) die Sache für den Käufer ist/werden kann, so muss ich doch sagen, das der Käufer vorbildlich gehandelt hat, als er dieses Rundschreiben an alle Kunden losschickte.
Ob ihm das schon während des Verkaufs bewusst war oder nicht will ich jetzt nicht bewerten. Er hätte aber auch (was leider meistens passiert) einfach still und heimlich die Ebay-Bühne verlassen können.
Vor ein paar Jahren (wo auch die CD angeboten wurde) hat man sich einfach noch nicht die Gedanken zum Thema Lizensierung bei Fotos gemacht (ich rede jetzt von der breiten Masse). Durch das Internet und der sich immer mehr verbreitenden Hobby-Fotografie sowie rechtlicher Aufklärung in Blogs/webseiten/Zeitschriften etc. ist dieses Thema in den letzten 3–4 Jahren erst der breiten Masse richtig zugänglich geworden.
Übrigens gab es sowas nicht nur bei Ebay, sondern auch in den CD-Drehregalen großer Elektronikdiscounter sowie Verlagshäuse (oft mit Buch). Ob da alles 100% wasserdicht war/ist, sei mal dahingestellt. Nur wer hat jetzt noch den Kassenbon/Kaufnachweis von einer CD, die er 2002 gekauft hat?
Nun ja, wenn mir jemand eine Originalversion Photoshop CS4 für 49 Euro anbietet, dann werde ich doch auch stutzig, oder?
Gruß Michael
Wie kann man denn als Weiterverkäufer denn nur so blauäugig sein? Spätestens bei der Kontrolle der Bilder und der geschützen Logos hätte auffallen müssen, dass da etwas nicht stimmt.
Aber da war mal wieder das typische offensichtlich: möglichst viel Kohle mit minimalem Einsatz. Das het meistens in die Hose. Hoffe, der Verkäufer wurde ordentlich zur Kasse gebeten.
Und auch mit den Nutzern der Bilder hätte ich kein Mitleid. Denn auch jeder noch so kleine Designer sollte sich mit Bildrechten unbedingt auskennen.
Passiert leider immer wieder, das absolute Laien meinen den schnellen Euro machen zu können ohne einen Hauch rechtliche Kenntnisse mitzubringen. Ist bei den Bildlieferanten ja kaum anders, wie man in vielen Foren lesen kann. Urheberrechte, Markenschutz, Designschutz, Patente?! Für viele ist das doch alles „nur“ Fotografie.
Aber lieber Robert, das berühmte Staples-Center in L.A. (wohlgemerkt die Arena der L.A. Lakers) als Einakufszentrum zu bezeichnen ist echt hart. Da hat deine Recherche aber arg versagt. 😛
@Th. Malbeck: Danke für den Hinweis, ich habe das wohl mit der gleichnamigen Schreibwarenkette verwechselt. Sport ist in der Tat nicht meine Stärke… 🙂
Dieses Problem haben nicht nur Fotografen mit gekauften DVD’s. Auch in einigen Stockbörsen gibt es Fotografien, wo ich mich frage, ob das Foto so wirklich verwendet werden darf.
Diese Logos beispielsweise sind als hochauflösende Vectordateien im Netz bedenkenlos zu bekommen.
Überschrieben wird das meistens als „Inspiration“. Im Grunde genommen haben Designer das Logo 1 : 1 umgesetzt und stellen es auf Sammelbörsen zur Verfügung.
Die Logos sehe ich als grosse Hilfe für Designer an. Meistens ist es doch so dass das kleine Autohaus gerade kein hochaufgelöstes Loge der Marke hat und man soll kurz vor Schluss noch mal eine Anzeige bauen. Oder der Getränkeshop will schnell noch den Angebotsflyer für den Coca Cola Kasten. Ich sehe da absolut kein Problem bevor ich lange rumtelefoniere hole ich mir die Logos aus einer „Logothek“ im Internet. Für missbräuchliche Verwendung ist ausschliesslich der Nutzer bzw verantwortlich!
Die Fotos auf solchen CDs dagegen sind Diebstahl!
Hmm,
da schreibt Jemand was über Urheberrechtsverletzungen und begeht sie (mehrfach)selbst, obwohl Er es(schon längst)selbst weiß (und im eigenen Artikel bringt)…
Ist das jetzt schlaue, berechnete PR oder pure Dummheit vor der ersten Abmahnung, Herr K.???
@Anemo: Nach unserem Telefonat hat sich ja anscheinend geklärt, dass sich die Frage auf die im Text gezeigten Logos bezieht. Diese „Nutzung“ ist jedoch durch das Zitatrecht (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Zitat ) abgedeckt.
Hmm, ganz komische Sache mit dieser DVD! Das Ding ist seit 2004 auf dem Markt und veräussert illegal das Bildkapital von Corbis? Warum äussert sich Corbis nicht zu diesem Thema? Keine Pressemeldung, keine Info auf der Corbis Website? Ganz, Ganz merkwürdig.… Auch ist doch die Frage wie ein No-Name Anbieter aus Luxemburg mit dem Stockkonformen Namen Lightstone an tausende hochauflösende Bilddaten von Corbis kommt. Man soll ja nicht munkeln, aber es sieht so aus, dass Corbis lieber gegen die Bildverwender als gegen die Vertreiber der DVD vorgeht.
… Nur verständlich, wenn man sich die Umsatzeinbrüche bei den großen Bildagenturen in den letzten Jahren ansieht…
Übrigens lustig die Jungens hier, die sich über dumme Billigkäufer aufregen und selbst Ihre Bilder für 1.99 EUR per Microstock anbieten.
Bis heute hat es bei mir gedauert und nach 2 instanzen vor Gericht bin ich nun ein veruteiter Dieb, weil ich nicht nachweisen kann woher diese Bilder kommen. Der Lizenzvertrag und die Kaufrechung hatte das Gericht wenig interessiert, genauso wie die gegnerischen Anwälte die fette Beute witterten. Ein Bild das aus dieser DVD benutzt wurde hat mir und meiner Agentur nach 4 Jahren Rechtsstreit das Genick gebrochen. Die Firma Lightstone Design und somit auch der Weber-Online Vertieb, sind bis heute unbehelligt. Da hätte ich das Bild direkt von der Seite klauen können und hätte mich nicht mit Lizenzen und dem Kauf dieser DVD auseinanden setzten müssen.
Schade einfach, das es laut unserem Rechtssystem immer der letzte in der Kette vor Gericht kommt und die Quellen dieser Verbrechen nie ergründet werden, denn ich müssste jetzt aktiv den nächsten, also den Vertieb diese DVD verlkagen auf Hehlerware. Aber dafür fehlen mir die Mittel und die Nerven.
Seltsam ich auch, das der Nachweiß über das Veröffentlichungsrecht für den deutschen Markt nie ückenlos von Corbis nachgewiesen wurde. In einem englischsprachigen schreiben der US Firma Corbis, wurden im Gerichtsverfahren keine Hinweise dazu abgegeben. Somit ist fraglich ob die Bilder im Ursprung jemals Corbis gehört haben oder ob diese Nachträglich bei Corbis zugekauft wurden.
Laut Gericht ist Corbis so groß das man davon ausgehen kann das Coris die Rechte besitzt.
Ich bin der Meinung, dass egal wie Teuer eine Bilder CD/DVD ist ich einen Vertag mit dem Verkäufer habe und wenn dieser mir schriftlich zusichert die Bilder sind mit diese Lizenz zu benutzen, dann habe ich bis zu diesem Punkt meine Pflicht erfüllt. Lückenlos nachweisen würde für jedes einzele Bild bedeuten, dass man bis zum Fotographen nachweisst das man dieses Bild in Deutschland, für eine Kaffetasse in Stückzahl x benutzen darf. Das ist unmöglich.
Das Bild um das es geht hat nun den Wert eines Kleinwagens erreicht und 15 Mitarbeiter arbeitslos werden lassen. In Krisenzeiten für mich das falsche Signal und für die Rechtssprechung ein absolutes Disaster, die letztendlich so wie ich es erlebt hatte keinen blasssen Schimmer von der Thematik hatte und sich andauernd „einlesen“ musste.
Mein Rechtsempfinden ist mehr als gestört, da hier Anwälte und Bildagenturen sich schön die Taschen voll gemacht haben.
Ein Satz den ich gelernt habe „Vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand“
Ein verurteilter Dieb und Verbrecher .…im Namen des Volkes.
Bilderdieb@: Gib doch mal das Aktenzeichen an – kann man so nicht glauben – vielleicht den falschen Anwalt gehabt?
Hallo,
es geht noch weiter. Jetzt prasseln weitere Anwaltsrechnungen rein.
AZ:38C4347/10
Habe das Gewerbe abmelden müssen und gehe jetzt an den Folgekosten zugrunde.
Kann denn keiner helfen?
🙁
Unter dem AZ findet man leider nichts – aber hattest Du auch einen Fachanwalt für Urheberrecht – es gibt viele Nieten die als Anwälte das Rechtsgebiet Urheberrecht anbieten. Weiß das aus eigner Erfahrung – war schon oft wegen Urheberrechtsverletzungen vor Gericht, die Gegenseite hatte immer schlechte Anwätlte die sich in der Materie nicht auskannten – das wird dann immer richtig teuer.
Ansonsten schick doch Robert eine Kopie der Sache – deinen Namen geschwärzt.…..
Interessant wäre der Erwerb von so einer DVD, die aber quasi „fast alles“ erlaubt mit den Bildern, um daraus neue Fotos zu retuschieren. Dabei denke ich an so etwas wie ein Surfer, der auf dem Flügel eines Flugzeuges surft. So ein Motiv war bei Fotolia mal eine Zeit lang unter dem Top-Verkäufen. Hast du so etwas schon gemacht? Also ich meine existierende Bilder eines anderen Fotografen zu kaufen und daraus neue Stockfotos zu kreieren?
@Klaus: Nein, Fotomontagen mache ich mit meinen eigenen Motiven.