Da werte ich monatelang die Bildcredits von zig Zeitschriften aus, um einen Überblick über den Bildermarkt zu bekommen und nun merke ich, dass die Zeitschriften es nicht so genau nehmen.
Genauer gesagt: In der Ausgabe Nr. 2/2009 des Nachrichtenmagazins FOCUS habe ich ein Bild des Microstock-Anbieters istockphoto gefunden. Bei den Fotocredits steht jedoch: „Foto: Getty Images“. Formal mag das korrekt sein, weil Getty Images die Firma istockphoto 2006 gekauft hatte. Aber ein Anruf bei Getty Images ergab, dass Bilder der Microstock-Tochter nicht direkt über Getty Images gekauft werden können, weil die Lizenzbedingungen ganz andere sein und die Buchhaltung in den USA sitze.
Ein Anruf bei der Bildredaktion des FOCUS ergab auch nicht viel mehr. Auf meine Frage, warum bei einem istock-Foto „Getty“ als Credit stehe, kam von der Dame am Apparat die Gegenfrage: „Warum wollen sie das denn wissen?“. Ich antworte ehrlich, dass mich das für die Statistik in meinem Blog interessiert, aber die Dame blieb wortkarg: „Dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben“. Hm. Wenn das die Bildredaktion nicht weiß, wer dann?
Aber ich verstehe ja, dass es lässiger wirkt, sich mit dem Namen einer Firma zu schmücken, die Fotos für hunderte von Euro verkauft, statt den Namen einer Firma zu zeigen, die Fotos für wenige Euro verscherbelt. Wobei die FOCUS-Tochter FOCUS Money da keine Probleme hat. Die Microstock-Agenturen Dreamstime und Fotolia werden dort gleichberechtigt als Bildcredit angegeben.
Doch was bedeutet das für die Auswertung der „Fotos von Bildagenturen in Zeitschriften?
Falls nur der FOCUS diese Art der „Aufhübschung“ betreibt, heißt das nur, dass der FOCUS vielleicht weniger Geld für Fotos ausgibt als vermutet. Falls andere Zeitschriften diesem Beispiel folgen, ist die unangefochtene Stellung von Getty Images in der Statistik mit Vorsicht zu genießen. Es würde bedeuten, dass zwar weiterhin die meisten Fotos über Getty Images (bzw. der Tochter istockphoto) gekauft werden, aber dabei weniger Gewinn gemacht wird als die Statistik vermuten lässt.
Ebenfalls bedeutsam kann auch die Klausel im Lizenzvertrag von istockfoto werden:
„4. Standard License Prohibitions.
(a) Prohibited Uses. You may not do anything with the Content that is not expressly permitted in the preceding section or permitted by an Extended License. For greater certainty, the following are “Prohibited Uses” and you may not: […]
14. use the Content for editorial purposes without including the following credit adjacent to the Content: “©iStockphoto.com/Artist’s Member Name]“
Grob übersetzt bedeutet das, dass es verboten ist, Fotos von istockphoto für editoriale Zwecke (was Zeitschriften in der Regel einschließt) zu nutzen, ohne als Quelle „istockphoto/Fotograf“ anzugeben. Mal sehen, was istockphoto dazu sagt.
Habt ihr auch in anderen Zeitschriften istock-Fotos mit „Getty-Credit“ gefunden?
Im iStock-Foum gibt’s einen interessanten Thread zu dem Thema:
http://www.istockphoto.com/forum_messages.php?threadid=71838&page=1
Der letzte Beitrag enthält eine Antwort eines Admins mit der Definition von „editorial“:
„Editorial is defined as an article in a newspaper or other periodical presenting the opinion of the publisher, editor, or editors; or a statement broadcast on radio or television that presents the opinion of the owner, manager, or the like, of the station or channel“
Wenn das so stimmt, würde ein sachlich-neutraler Artikel m.E. nicht unter diese Definition fallen, demnach wäre gar kein Bildcredit erforderlich. Andernfalls würde die Süddeutsche mit ihrem Online-Auftritt auch permanent gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, denn dort steht nur „Foto: iStock“ unter den Bildern.
@Stephan:
Danke für den Link. Bisher hat sich istockphoto auch noch nicht auf meine Nachfrage gemeldet. Mir ging es auch weniger darum, dass der Fotograf genannt werden müsste (auch wenn ich das gut fände), sondern darum, dass da „Getty“ statt „istock“ steht.