Rezension: „Food Styling For Photographers“ von Linda Bellingham und Jean Ann Bybee

Hm, ist das lecker. Der Duft der hei­ßen Kartoffeln scheint direkt aus dem Foto zu stei­gen, das kna­cki­ge Gemüse lädt zum Reinbeißen ein und fast mei­ne ich, dass süße Eis auf dem Titelbild auf mei­ner Zunge zu spüren.

Wer schon mal Rezepte aus Zeitschriften mit die­sen appe­tit­an­re­gen­den Fotos nach­ge­kocht hat, wun­dert sich, war­um die Ergebnisse nie so deli­kat wie auf den Bildern aus­se­hen. Das Geheimnis sind die Food-​Stylisten, wel­che die Lebensmittel (oder was wir dafür hal­ten sol­len) mit aller­lei Tricks so prä­pa­rie­ren, dass sie auf Fotos gut aussehen.

Die wenigs­ten Stockfotografen kön­nen sich einen Food-​Stylisten leis­ten, der meist mehr kos­tet als ein Visagist. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass die Food-​Stylistin Linda Bellingham im Buch „Food Styling For Photographers“ eini­ge die­ser Tricks ver­rät und Einblick in ihre Arbeit gibt.

Food Styling For Photographers" von Linda Bellingham und Jean Ann Bybee

Das Buch ist nach einer Einleitung und dem not­wen­di­gen Zubehör unter­glie­dert in „Kalte Getränke““, „Salate“, „Pasta und Saucen“, „Burger und Sandwiches“, „Fleisch“, „Gemüse“, „Eiscreme“, „Desserts“, „Frühstück“ und „Dekorationen“. Das Buch mit knapp 250 Seiten ist in leicht ver­ständ­li­chem Englisch geschrie­ben und gut durch­dacht: Inklusive les­ba­rem Layout, Glossar und Index.

Alle Schritte vom Einkauf, über die Lagerung und Vorbereitung bis hin zum Garnieren am Set wer­den aus­führ­lich beschrie­ben. Nach dem Lesen des Buchs betrach­te ich Food-​Fotos mit ganz ande­ren Augen. Ich weiß, dass die Spuren vom Grillrost mit einem hei­ßen Metallstab (z.B. Holzkohleanzünder) erzeugt wer­den, dass Sandwiches mit Zahnstochern auf­wän­dig fest­ge­steckt wer­den oder dass Eis auf Fotos aus gefärb­tem und gezu­cker­tem Frischkäse besteht.

So hilf­reich die­se Tipps auch sind, frus­triert einen die eng­li­sche Variante manch­mal. Schwierige Fachbegriffe wie „Basting syrin­ge“ (Fettspritze) oder „wire mesh strai­ner“ (Maschendrahtsieb) müs­sen erst mal über­setzt wer­den, die Maßeinheiten erfor­dern Umrechnen (oder wer weiß aus dem Kopf, wie­viel ein Viertel Inch ist?) und eini­ge Produkte sind in Deutschland kaum erhältlich.

Dazu zählt auch das Wundermittel „Fruit Fresh Produce Protector“, wel­ches genau das macht, was der Name ver­spricht: Es hält geschnit­te­nes Obst und Gemüse län­ger frisch, ohne dass es braun wird. Das kann als Behelf jedoch auch aus einer Mischung aus Ascorbinsäure, Zitronensäure, Kieselerde und viel Eiswasser ange­mischt werden.

Zu jedem Kapitel des Buches gibt es auch ein Foto des fer­ti­gen Sets und ein Making-​Of-​Foto, wie der Setaufbau aus­sieht. Dazu kom­men­tiert die Fotografin Jean Ann Bybee kurz ihre Arbeit. Die Fotos sehen alle sehr ein­la­dend aus, aber da sich das Buch aus­drück­lich an Fotografen rich­tet, hät­te ich mir mehr Informationen zu den Fotos gewünscht, zum Beispiel Blende/​Belichtungszeit, ver­wen­de­tes Objektiv und mehr.

Wer sich auf Food-​Fotografie spe­zia­li­sie­ren möch­te, für den ist das Buch den­noch eine Pflichtlektüre.

Bisherige Rezensionen:
Microstock Photography. How To Make Money From Your Digital Images“ von Douglas Freer
Wie sie mit eige­nen Fotos Geld ver­die­nen” von Helma Spona
Fotos sehen, ver­ste­hen, gestal­ten” von Martin Schuster
Mit eige­nen Fotos Geld ver­die­nen” von Lee Frost

8 Gedanken zu „Rezension: „Food Styling For Photographers“ von Linda Bellingham und Jean Ann Bybee“

  1. Das Buch habe ich auch und fin­de es sehr schön.

    Aber die Fototipps kom­men wirk­lich zu kurz, und die Fotos selbst fin­de ich vom Licht her teil­wei­se nicht sooo toll.

    Und es ist auch über­holt, dass nach einem Food-​Shooting nichts mehr genieß­bar ist. Der Trend geht doch immer mehr zu einem natür­li­che­ren Stil, und ich weiß, dass die meis­ten Food-​Fotografen und Stylisten ihre „Opfer“ anschlie­ßend verspeisen.

  2. Also auf anra­ten habe ich mir das buch nun doch gekauft. ich bin ehr­lich gesagt auch der mei­nung, dass die pics nicht so toll sind … aber es zeigt auch, dass man ohne tue­ren table­top mit gefühl für licht (kunst und tages­licht) viel hin­be­kommt. Allerdings kommt mir die doch sehr genaue foods­aus­wahl und das bis zur unkenntlichkeit-​ungeniessbar-​machen des foods doch sehr eigen vor. abge­se­hen davon wür­de mich inter­es­sie­ren, ob es sowas wie eine aus­bil­dung zum „food sty­lis­ten“ gibt – in den USA gibt’s ja sonst alles, also war­um auch nciht das ???????? lg aus wien

  3. @ Martha, in De und A gibt es mei­nes Wissens nach kei­ne direk­te Ausbildung als Food Stylist. Sicher gibt es hier und da ganz gewiss Kurse, die in die­se Richtung gehen. 

    Am bes­ten den­ke ich mal, ist es wie Linda Bellingham im ihrem Buch beschreibt.
    lg

  4. Ganz aktu­ell habe ich ein Auftrag für Speise-​Eis shoo­ting mit Obst dekoriert.
    Frage: Welches Produkt gibt es in DE um Obst wäh­rend des Shootings frisch zu hal­ten? so wie die „Fruit Fresh Produce Protector“?
    Oder hat jemand einen Tip für mich?

Kommentare sind geschlossen.